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VHS-Gruppe „Spurensuche NS-Opfer Holzwickede“ zieht Bilanz zum Holocaust-Gedenktag

Die VHS-Gruppe „Spurensuche NS-Opfer Holzwickede“ hat bisher Informationen für drei Stolpersteinverlegungen(Foto) zusammengetragen. Eine vierte Verlegung ist erst für Frühjahr 20222 geplant. (Foto: P. Gräber – Emscherblog)

Die Gruppenarbeit in der VHS-Gruppe „Spurensuche NS-Opfer Holzwickede“ liegt aufgrund der Corona-Beschränkungen derzeit weitgehend brach. Anlässlich des Holocaust-Gedenktages am 27. Januar zieht ihr Sprecher Wilhelm Hochgräber nun eine Bilanz der Spurensuche und gibt einen Ausblick auf weitere geplante Aktionen.

Die am 25. Februar 2016 gegründete Gruppe hat sich seitdem 28 Mal getroffen. Durchschnittlich haben zehn Personen an den Treffen teilgenommen. Die Gruppe sammelt für die Inschriften der Stolpersteine alle notwendigen Informationen und gestaltet auch das Begleitprogramm der Verlegungen.

In Holzwickede gab es bisher drei Stolperstein-Verlegungsaktionen für insgesamt 14 NS-Opfer (umgebrachte Behinderte und politisch Verfolgte), die mit jeweils mindestens 30 Teilnehmern stets gut besucht waren. „Eine Holzwickeder Besonderheit waren die zentralen Gedenkveranstaltungen bei den ersten beiden Verlegungsaktionen, bei denen Schülerinnen und Schüler der Aydaco-AG des CSG den Opfern ihre Stimme gaben und damit eine neue Form des Gedenkens kreierten“, erklärt Wilhelm Hochgräber dazu. Bei der Verlegung am 9. Oktober vorigen Jahres konnte wegen der Corona-Bestimmungen leider keine zentrale Gedenkveranstaltung stattfinden.

Engagement der Gemeinde „äußerst erfreulich“

Schülerinnen und Schüler der Aydaco-AG des CSG gaben den NS-Opfer eine Stimme bei der Gedenkfeier der ersten Stolpersteinverlegung und kreierten damit eine neue Form des  Gedenkens. (Foto: P. Gräber -Emscherblog)
Schülerinnen und Schüler der Aydaco-AG des CSG gaben den NS-Opfern eine Stimme bei der Gedenkfeier der ersten Stolpersteinverlegung und kreierten damit eine neue Form des Gedenkens. (Foto: P. Gräber -Emscherblog)

Als „äußerst erfreulich“ bezeichnet Hochgräber auch das Engagement der Gemeinde: insbesondere bei der Vorbereitung der Gedenkveranstaltungen, der Vorbereitung der Verlegungen durch das Bauamt, der Begleitung der Verlegungen durch die Bürgermeisterin, die Organisierung der Abschlusstreffen nach den Verlegungen oder auch beim Druck der Einladungsflyer mit den Informationen zu den Opfern.

Bei ihrer Gründung vor fünf Jahren konnte die Spurensuche-Gruppe auf Vorarbeiten der Geschichtswerkstatt im Historischen Verein zurückgreifen. Bekannt waren zum damaligen Zeitpunkt

15 politisch Verfolgte (Misshandelte, KZ-Häftlinge, ein Ermordeter), sechs verfolgte Juden (darunter vier ermordete), zwei verfolgte Homosexuelle (Häftlinge der „Steinwache“ Dortmund), drei ermordete Behinderte, drei Opfer der NS-Militärjustiz und etwa 15 Zwangsarbeiter. Für die Verlegung von Stolpersteinen reichten die damals vorhandenen Informationen über die Ofer allerdings nicht aus, da weder die Lebensläufe bekannt waren noch (in den meisten Fällen) die Verlegungsanschriften.

Den Durchbruch brachten die Archivrecherchen von Ulrich Reitinger. Heute sind bekannt 23 politisch Verfolgte, 32 Juden, drei Homosexuelle, zehn umgebrachte Behinderte, drei Opfer der NS-Militätjustiz,46 Zwangssterilisierte und die Namen von 15 Zwangsarbeitern (von über 600 in Holzwickede) bekannt. Die Nazi-Schandtaten reichen vom Verlust des Arbeitsplatzes über öffentliche Demütigung und Misshandlungen (nicht nur in den KZs und bei der Gestapo) bis zu Zwangssterilisierungen und Morden.

Im Jahr 2018 erschien dann auch Ulrich Reitingers Buch „Abgestempelt“ über die Morde an Behinderten aus Holzwickede und die Zwangssterilisationen. Dieses Buch thematisierte erstmals den Nationalsozialismus in Holzwickede, so Hochgräber: „Zuvor waren die NS-Opfer in der ortsgeschichtlichen Literatur übergangen worden.“

Gegenwärtige Situation

Die Tätigkeit der VHS-Gruppe „Spurensuche NS-Opfer Holzwickede“ kann derzeit gleich aus zwei Gründen nicht stattfinden: Aufgrund von Corona-Bestimmungen hat die Gemeinde die Begegnungsstätte geschlossen und die VHS ihre Kurse abgesagt. Die letzten beiden Gruppentermine (am 26.11./17.12.20 und am 21.1.20) sind bereits ausgefallen. Eine von einer Teilnehmerin angedachte Veranstaltung am morgigen Holocaustgedenktag in der Nord-Ost-Ecke des Holzwickeder Friedhofes (Zwangsarbeitergräber) konnte nach Rücksprache mit dem Ordnungsamt wegen des Versammlungsverbotes (auch mit Abstand und Maske) nicht stattfinden.

In diesem Jahr ist die Gruppe Trägerin des „Staffelstabes“ der Gemeinde Holzwickede als „Gemeinde ohne Rassismus – Gemeinde mit Courage“. Die symbolische Übergabe des „Staffelstabes“ von der Kita „Wühlmäuse“ an die Spurensuche-Gruppe ist bereits dreimal an der Corona-Situation gescheitert und wird auch bei Anhalten der Pandemie vorläufig nicht stattfinden, bedauert Wilhelm Hochgräber.

Ausblick

Die nächste Stolpersteinverlegung in Holzwickede ist erst wieder für das Frühjahr 2022 geplant. Das nächste reguläre Gruppentreffen wäre am 25. März 2021. Sollte die Begegnungsstätte ab Mitte Februar wieder öffnen, könnten das zuletzt ausgefallene Treffen nachgeholt und die Planungen wieder aufgenommen werden.

Weitere Aktionen für dieses Jahr könnten sein:

  • Nachholen der am 9.10.20 abgesagten fünften Verlegung
  • Ausstellung zu Holzwickeder NS-Opfer
  • Stolperstein-Säuberungen als Form der Opfer-Erinnerungskultur
  • nochmalige Vorbereitung der im Vorjahr ausgefallenen Gedenkveranstaltung für die Opfer der Bombardierung Holzwickedes am 23. März 1945 (geplant für den 28. März 2021).

Außerdem arbeitet Ulrich Reitinger an einem weiteren Buch über Holzwickeder NS-Opfer: Die Juden und die politisch Verfolgten. Ob es noch in diesem Jahr erscheinen wird, ist noch ungewiss. Die von der Gemeinde in Auftrag gegebene wissenschaftliche Aufarbeitung der NS-Zeit in Holzwickede lässt auf sich warten, da die Archive geschlossen sind. Sie wäre dann das dritte Buch, das sich gezielt mit dem Nationalsozialismus in Holzwickede beschäftigt – im Unterschied zu den Büchern von Ulrich Reitinger auch mit dem Gesamtbild, d.h. auch mit der Täterseite.

VHS-Gruppe Spurensuche

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