Zivilklage nach Sturz auf Weihnachtsmarkt: Albtraum für Dart Club Holzwickede endet mit Vergleich
Nach dem Sturz einer Besucherin am Stand des Dart Club Holzwickede (DCH) auf dem Weihnachtsmarkt im Jahr 2018 drohte dem Verein eine saftige Schadensersatzforderung: Zweieinhalb Jahre hing die belastende Zivilklage mit einem Streitwert in mittlerem fünfstelligen Bereich wie ein Damoklesschwert über den noch jugendlichen Mitgliedern des Dart Clubs. Am Donnerstag vor Pfingsten endete ihr Albtraum vor dem Landgericht Dortmund mit einem Vergleich. Das Verfahren dürfte auch für alle anderen Aussteller auf dem Holzwickeder Weihnachtsmarkt von Bedeutung sein.
Davon ist jedenfalls Rechtsanwalt Dr. Udo Speer überzeugt, der den Dart Club in diesem Verfahren juristisch vertreten hat. „Der geschlossene Vergleich ist aus meiner Sicht positiv für den Dart Club und betrifft auch die anderen Vereine und Aussteller auf dem Weihnachtsmarkt in Holzwickede“, meint Udo Speer, der selbst auch Vorsitzender des größten Vereins in der Gemeinde, dem Holzwickeder Sport Club (HSC), ist.
Forderungen im mittleren fünfstelligen Bereich
Zum Hintergrund: Die Jungs des noch recht jungen Dart Clubs Holzwickede haben ihren Weihnachtsmarktstand seinerzeit vom Angelverein übernommen und nutzen ihn seitdem 1:1 weiter: Neben der eigentlichen Holzhütte befindet sich noch ein Anbau als Regenschutz. Das Dach des Anbaus wird von zwei Stützen getragen, die auf dem Boden über eine dünne Querstrebe verbunden sind, um diese zu stabilisieren. Denn nach der strikten Vorgabe der Gemeinde Holzwickede, die für alle Aussteller gelten, dürfen keine Bohrungen oder Befestigungen im Boden des Marktplatzes vorgenommen werden. Das teure helle Pflaster soll nicht beschädigt werden.
Zum Stand des Dart Clubs gehört außerdem eine Bank mit Tisch, die für Besucher gedacht ist, die nicht so gerne stehen. Am Weihnachtsmarkt-Samstag im Jahr 2018 war mittags um 12 Uhr noch sehr wenig los auf dem Weihnachtsmarkt, als die Geschädigte mit ihrem Mann den Stand des Dart Clubs besuchte. Ihr Mann hatte bereits Platz auf der Bank genommen, als seine Frau über die Verbindungsstrebe auf dem Boden zwischen den beiden Stützen des Anbaus am DCH-Stand stolperte und unglücklich stürzte.
Die stark übergewichtige Frau zog sich bei ihrem Sturz erhebliche Verletzungen zu, unter denen sie auch heute noch leidet und die weiterhin einer ärztlichen Behandlung bedürfen, wie sie in ihrer Klage geltend machte. Einschließlich Schmerzensgeld, ärztlicher Behandlungskosten und diverser anderen Auslagen belaufen sich die Forderungen der Geschädigten an den Dart Club auf einen Summe im mittleren fünfstelligen Bereich.
Gemeinde sieht sich nicht in der Verantwortung
Die Gemeinde Holzwickede sah sich nicht in der Verantwortung und deshalb auch nicht in der Mithaftung, so Udo Speer. Nach Ansicht des DCH-Anwaltes gebe es durchaus Gründe, warum die Gemeinde „mit im Boot“ sei: So verbietet die Gemeinde nicht nur ausdrücklich Bohrungen auf dem Marktplatz, um die Stände zu verankern und schreibe damit quasi Sicherungsmaßnahmen auf der Oberfläche vor. Darüber hinaus prüft das Ordnungsamt nach dem Aufbau der Stände die Verkehrssicherheit der weihnachtlichen Budenstadt. „Unstrittig ist, dass die Gemeinde für die Verkehrssicherheit auf den Gehwegen verantwortlich ist“, meint Udo Speer. Ob es auch eine Mithaftung der Gemeinde auf dem Weihnachtsmarkt gibt, sei allerdings vom Gericht gar nicht erst geprüft worden. „Die Richterin hat vielmehr auch so deutlich gemacht, dass sie die Klage der Geschädigten abweisen wird und einen Vergleich vorgeschlagen.“
Ausschlaggebend für die Einschätzung des Gerichts, dass im vorliegenden Fall keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den Dart Club als Standbetreiber vorliegt, dürfte ein Grundsatzurteil des Oberlandesgerichts Hamm aus dem Jahr 2018 sein, glaubt Speer. In einem vergleichbaren Fall habe das OLG geurteilt, dass „ein Hindernis mindestens 2,5 cm hoch“ hervorragen muss, um ein Haftungsgrund darzustellen. „Die Querstrebe am Stand des Dart Clubs ist aber deutlich niedriger gewesen. Hinzu kommt, dass sie schwarz gestrichen war sich und auf dem hellen Untergrund des Marktplatzes deutlich erkennbar war.“ Mit einem derartigen Hindernis, so der Tenor des Gerichts, müssten Besucher eines Weihnachtsmarktes rechnen und entsprechende Vorsicht walten lassen. Tatsächlich waren ja auch schon zahlreiche Besucher unfallfrei über die Strebe am DCH-Stand gelaufen.
Rechtsmittel oder Forderungen nicht mehr möglich
Warum Udo Speer seinen Klienten vom DCH dennoch empfahl, den Vergleich in niedriger vierstelliger Höhe anzunehmen, obwohl die Richterin bereits signalisiert hatte, die Klage abweisen zu wollen, erklärt der Anwalt mit den „Unwägbarkeiten“ in der nächsten Instanz. „Vor dem Oberlandesgericht könnten die Richter den Fall auch ganz anders beurteilen. Da kann alles passieren. Mit dem Vergleich sind nun aber keine Rechtsmittel mehr möglich und es kann nichts mehr nachkommen, auch keine finanziellen Forderungen“ versichert so der Anwalt. „Das war sehr wichtig für den Dart Club. Denn es hätte sonst ein ,Fass ohne Boden‘ werden können. Die Geschädigte leidet ja noch immer an den Folgen des Sturzes.“
Welche Lehren Aussteller auf dem Weihnachtsmarkt in Holzwickede aus dem Verfahren ziehen können? „Die Frage der Haftung und Verkehrssicherungspflicht sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden“, rät Dr. Udo Speer. Dass die Gemeinde für die Verkehrssicherung auf den Gehwegen rund um den Markt verantwortlich ist und für Stolperfallen haften müsste, ist zwar klar. Nicht ganz so eindeutig ist ihre Mithaftung aber innerhalb der Budenstadt auf dem Weihnachtsmarkt. Eine Haftpflichtversicherung ist deshalb allen Ausstellern dringend angeraten.
Tipp des Rechtsanwaltes und HSC-Vorsitzenden Udo Speer für alle Ehrenamtlichen aus den Vereinen: „Ein Verein sollte möglichst Mitglied des Landessportbundes werden, dann sind sie automatisch versichert für solche Fälle.“
Ina
Schockierend, als Laie hätte ich nie gedacht, dass man bei so etwas haften muss.
Egon
Hauptsache man muss irgendeinen Schuldigen finden, wenn man selber zu blöde ist um zu schauen, woher man läuft. Unglaublich. Warum kann man sich nicht eingestehen, dass man selbst nicht aufgepasst hat?
Hunderte oder gar Tausende gehen an einem solchen WE seit Jahr für Jahr über den Weihnachtsmarkt. Jeder kann sehr schauen, wohin man läuft, und jeder kriegt das lustigerweise auch problemlos hin. Nun passt eine Frau nicht auf, aber der Standbetreiber soll Schuld sein. Aha.
Albert Pitz
Wie schwer darf ein Mensch sein, um den Weihnachtsmarkt besuchen zu dürfen? Die Aussage „stark übergewichtige Frau “ ist Rassismus der übelsten Art.
Peter Gräber
Sehr geehrter Herr Pitz,
Ich weiß nicht, wie Sie darauf kommen, dass es für den Besuch des Weihnachtsmarktes irgendeine Rolle spielen sollte, wie schwer jemand ist. Dem Artikel ist dies jedenfalls nicht zu entnehmen. Ein solcher Zusammenhang wäre übrigens auch nicht rassistisch, sondern diskriminierend. Der Hinweis auf die körperliche Konstitution der Geschädigten ist in Zusammenhang mit ihrem Sturz und den Verletzungen, die sich die Frau dabei bedauerlicherweise zugezogen hat, allerdings sehr wohl relevant und deshalb auch keineswegs diskriminierend.
Mit freundlichen Grüßen
Volker Korell
Die Stolperkante hatte die Höhe einer Dachlatte und zwar genau 1,9cm. Wenn hier der Dartklub wegen des Stolperns der Betroffenen zur Rechenscahft gezogen wird, ist das m.E. völlig unverhältnismäßig, zieht man hier das Altstadtpflastern von Unna zu einem Vergleich heran. Da kann man nur hoffen, dass alle Veranstalter an sofort gut versichert sind.
Jens
Mal ganz ehrlich, reicht es nicht was die geschädigte durchgemacht hat. Nein sie wird hier noch als zu blöde zum laufen bezeichnet und was bitteschön hat ihr Gewicht mit dem Unfall zu tun. Die Frau hat sich bei dem Sturz schwer verletzt. Ich finde es ist mehr als unter der guertellinie was hier teilweise geschrieben wurde. Die Frau hat es nicht verdient hier noch angegriffen zu werden, sie hat ganz bestimmt genug durchgemacht.
Claudia Bartmann-Rommel
Unglaublich das eine Pädagogin die jungen Leute verklagt und ihren Traum vom eigenen Dart Club zerstören wollte. Die jungen Mitglieder haben mit Liebe und sehr viel Einsatz und Engagement den Dart Club gegründet. Viele von Ihnen befinden sich noch im Studium oder haben gerade erst ihre Ausbildung abgeschlossen. Was mich nur stark wundert ist, dass die Gemeinde die die Hütten vor Beginn des Weihnachtsmarktes in Augenschein nimmt sich keiner Schuld bewusst ist und der Dart Club auf den entstandenen Kosten sitzen bleibt. Bedingt durch Corona sind wichtige Einnahmequellen weg gebrochen und die Unkosten für das Vereinsheim und diverse andere Dinge laufen weiter.
Tante Emma
#Albert Pitz ….. wer lesen kann ist klar im Vorteil. Nicht einfach vorschnell antworten.
D.D.
#AlbertPitz
Dass Rassismus und Übergewicht in Einklang gebracht wird, ist schon sehr abenteuerlich. Ich denke vielmehr, dass das eigenverschuldete Übergewicht mindestens teilschuldig für die bedauernswerten Verletzungen ist. Die sportlichen, jungen Mitglieder des Dartclubs hätten bei einem Sturz sicherlich anders reagieren können…
Sarah
Also die Erwähnung „stark übergewichtige Frau“ hätte in diesen Beitrag nicht rein gemusst. Es hat nichts mit dem Gewicht zu tun, denn auch ein Model mit 90-60-90 hätte sich diese Verletzungen zuziehen können. Ich kenne diese Dame persönlich und weiß von ihren Verletzungen, denn ich durfte sie, mit großer Freude, nach diesem Unfall pflegen. Durch diesen Unfall war sie nämlich erheblich eingeschränkt!!! Ich möchte nicht wissen wie es jedem Einzelnen von euch gehen würde, wenn euch dieses passiert. Ihr würdet nicht einfach denken „ich war zu blöd zum laufen oder habe nicht aufgepasst“. Nein, jeder von uns würde genauso reagieren…. Diese Verletzungen werden auch nie wieder vollständig weg gehen und die Dame hat noch viele viele Jahre mit Schmerzen und Einschränkungen zu leben.
Bevor man über solch einen Beitrag urteilt, sollte vielleicht jeder mal in sich gehen und überlegen wie man selber handeln würde und nicht voreilig irgendwelche Schlüsse ziehen!!!
F.Redix
Zitat: „Nein, jeder von uns würde genauso reagieren“ – bei aller Emotionalität halte ich diese Pauschalisierung für nachvollziehbar, aber falsch. Um mit so etwas um sich zu schmeißen, müsste man Jeden kennen und dass dem so ist, wage ich zu bezweifeln.