
Sanierungsbedarf wegdiskutiert: „Kleinschwimmhalle in baulich und hygienisch gutem Zustand“

Schönheit liegt im Auge des Betrachters, sagt man. Im Betriebsausschuss zeigte sich am Montag (18. Mai) dass diese Volksweisheit ab sofort wohl auch für den technischen und baulichen Zustand der Kleinschwimmhalle gilt. Denn wie der zu beurteilen ist – darüber sind externe Gutachter und lokale Experten offenbar unterschiedlicher Meinung.
Um sich einen Überblick zu verschaffen, was an Sanierungsmaßnahmen in den nächsten Jahren auf den kommunalen Eigenbetrieb Wasserversorgung und damit die Gemeinde zukommt, hatte Bäderchef Stefan Petersmann ein Gutachten bei der renommierten Expertin Dr. Nicole Riedle vom Planungsbüro Balneatechnik GmbH in Wiesbaden in Auftrag gegeben. Was die Mitglieder des Betriebsausschusses dann bei einem Ortstermin im März des Jahres zu Ohren bekamen, dürfte ihnen gar nicht gefallen haben: Mindestens 1,25 Mio. Euro wird die Sanierung des kleinen Hallenbades am Schulzentrum in den kommenden Jahren im günstigsten Fall kosten – und das auch nur, wenn der hydraulischer Hubboden nicht mit erneuert und die ganze Sanierung in nur einem Bauabschnitt durchgeführt wird. Andernfalls kostet die Sanierung des Bades wohl eher zwei Mio. Euro. Dabei ist eine Wärmedämmung auch in dieser Summe noch nicht enthalten. Weil das Kleinbad, das fast 50 Jahre alt ist, überhaupt nicht mehr wirtschaftlich zu dämmen ist.
Leider hat Frau Dr. Riedle den Zustand des Bades etwas zu negativ dargestellt“
Bäderchef Stefan Petersmann
Im öffentlichen Betriebsausschuss gestern erfuhr der Zustand der Kleinschwimmhalle allerdings eine wundersame Wandlung: „Leider hat Frau Dr. Riedle den Zustand des Bades etwas zu negativ dargestellt“, ruderte Bäderchef Stefan Petersmann zurück. „Die Kleinschwimmhalle ist in einem guten baulichen und hygienischen Zustand.“ Im Gegensatz zu der Expertin, die er zuvor beauftragt hatte, stellte der Bäderchef klar: „Das Bad ist in einem Top-Zustand und muss nicht grundsaniert werden.“ Was Dr. Riedle da im März präsentiert habe sei „ein bisschen Wünsch-Dir-Was“ gewesen. Was sie vorgeschlagen habe, „muss nicht alles gemacht werden“.
Kämmerer bezeichnet Gutachten als „Pamphlet“
Kämmerer Rudi Grümme verstieg sich im Ausschuss sogar dazu, das Gutachten Dr. Riedles als „Pamphlet“ zu bezeichnen. Was die Verantwortlichen im Rathaus zusätzlich alarmierte, war der Hinweis der Gutachterin, dass es wegen der mangelhaften Lüftung und aufgrund einer unzureichenden Vermischung des Badwassers zu Hygienemängeln kommen könne. „Als ich das gelesen habe, hätte ich das Bad am liebsten sofort geschlossen“, meinte Rudi Grümme. Stattdessen entschieden sich die Verantwortlichen jedoch, das Kleinbad durch Dr. Jungnitz vom Kreis-Gesundheitsamt überprüfen zu lassen. „Das Gesundheitsamt hat jede Ritze im Bad überprüft“, versichert Petersmann. Ergebnis: „Die Kleinschwimmhalle ist in einem technisch und hygienisch einwandfreien Zustand.“

Bis auf kleinere Mängel, wie etwa Schimmel an einer Decke und ähnliches, habe es keine Beanstandungen geben. „Diese kleineren Mängel sind alle sofort abgestellt worden“, beruhigte der Bäderchef den Ausschuss. Im Sommer stehe dann auch eine Prüfung der Hydraulik unter dem Beckenboden an. Geprüft werden soll außerdem noch die Situation der Notausgänge im Kleinbad. Darauf hatte Winfried Hardung (CDU) gedrängt, der als Sicherheitsbeauftragter des Schulzentrums in Zweifel gezogen hat, dass die vorhandenen Notausgänge im Bad noch den Vorschriften entsprechen.
„Es gibt natürlich kleine Altersschwächen“, räumte der Bäderchef ein. „Aber wir sollten jetzt in aller Ruhe sehen, was zu tun ist.“ „Das Gutachten ist als Auftakt für ein mittel- bis langfristiges Konzept gedacht gewesen, um auch den neuen Ausschussmitgliedern einen Überblick zu geben. Wir können uns jetzt in Ruhe Gedanken machen, was zu tun ist.“ Was die Gutachterin Dr. Riedle vorgeschlagen habe, „ist nur eine Meinung“. Größere Sanierungen seien gar nicht notwendig. Die nächsten kleineren Sanierungsmaßnahmen in dem Bad stünden nicht vor 2017/18 an, versicherte der Bäderchef.
Überdachung Freibad auch nicht viel teurer
Mit dieser Aussicht schienen die Ausschussmitglieder dann auch hochzufrieden zu sein. Schließlich hätte eine umfangreiche Sanierung der Kleinschwimmhalle den gerade erst wieder genesenen Gemeindehaushalt arg strapaziert. Denn daran ließ Kämmerer Rudi Grümme keinen Zweifel: Schon allein aufgrund der gemeinsamen Infrastruktur des Bades und des Schulzentrums (gemeinsame Duschen und Heizungsanlage) wären die Wasserversorgung und die Gemeinde finanziell gemeinsam belastet worden.
Wohl auch deshalb wurde der zaghafte Vorstoß des SPD-Sprechers Friedrich-Wilhelm Schmidt, zu prüfen, ob es nicht vielleicht vernünftiger sei, die Kleinschwimmhalle aufzugeben und dafür das Freibad Schöne Flöte zum Ganzjahresbad zu machen, gar nicht mehr ernsthaft diskutiert. Bäderchef Stefan Petersmann wollte „zum ersten Mal von diesem Vorschlag“ gehört haben. Ältere Ausschussmitglieder wie sein Vorgänger Fritz Bernhardt (FDP) erinnerten sich zumindest, dass ein solches Vorhaben vor der Sanierung der Schönen Flöte schon einmal durchgerechnet worden und wegen „horrender Kosten“ verworfen worden sei. Allerdings waren die Kosten damals für eine Überdachung des Freibades von Bernhardt selbst mit rund zwei Mio Euro beziffert worden – und damit auch nicht „horrender“ als die Sanierungskosten, die Dr. Nicole Riedle für die Kleinschwimmhalle genannt hat.
Betriebsausschuss, Kleinschwimmhalle
Jörg Häusler
Wofür engagiert man eine renommierte Expertin, wenn die Expertise danach angeblich für den Boppes ist? Augenscheinlich ist man nicht willens, unangenehme Wahrheiten zu akzeptieren und wirft nun mit Blendgranaten, die eine schöne heile Welt vorgaukeln.
Wem soll man als Außenstehender nun glauben? Einer externen Expertin, oder jemandem, der versucht, eine Lösung möglichst zum Nulltarif zu verkaufen?
Sun Yata
Es ist doch logisch, das Ingenieurbüros die Kosten nach oben drücken. Je höher die Kosten, desto höher ihr Honorar. Bei manchen Kostenfaktoren (Edelstahl…) fragt man sich, ob in diesen eine Komponente zur Meinungsbeeinflussung der Entscheider enthalten ist.
Man sollte bei Ingenieursverträgen daher vereinbaren, dass das Honorar für die Kostengünstigste Variante vereinbart wird. Wem das unklar erscheint, möge bedenken, dass allein durch die Wortwahl „polierter Granit“ gegenüber „Beton“, z.B. bei Bodenbelägen eine Kostenexplosion um eine Größenordnung stattfindet, ohne eine Sekunde Mehraufwand für den Planer/Bauleiter.