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Im Streit um zugeparkte Garage stürmen Vater und Sohn Haus in Opherdicke: Amtsrichterin verhängt Geldstrafen

Vor mehr als zwei Jahren eskalierte der Streit um eine zugeparkte Garage neben einer Pizzeria in Opherdicke derart, dass sich die Kontrahenten jetzt vor dem Amtsgericht Unna wieder trafen. Nach insgesamt vier Verhandlungsterminen und sieben Zeugenvernehmungen mit teils kuriosen Momenten gab es heute (30. März) ein Urteil in diesem Verfahren.

Angeklagt waren ein 49 Jahre alter selbstständiger Handwerker und sein 24-jähriger Sohn, beide aus Fröndenberg. Am 26. Januar 2020 gegen 19 Uhr waren beide mit ihrer Familie – insgesamt sieben Personen – in einer Pizzeria in Opherdicke essen. Der 24-jährige war etwas verspätet zu dem Treffen gekommen und hatte mit seinem Fahrzeug eine Garageneinfahrt im Nachbarhaus zugeparkt.

Nach dem Essen verließ der Vater mit seiner Frau als erstes das Restaurant und machte sich auf den Heimweg nach Fröndenberg zurück. Sein 24-jähriger Sohn, dessen Freundin und seine jüngere Schwester verließen anschließend ebenfalls das Lokal. An seinem Auto fand der 24-Jährige zunächst einen großen Aufkleber „Ich bin ein Parkaffe“.  „Es war dunkel und ich hatte die Garageneinfahrt wirklich nicht gesehen“, versicherte er vor Gericht. Kurz darauf tauchte eine Frau auf, die ihn laut beschimpfte und ihm drohte, die Polizei zu rufen.

Beschimpfungen auf Video festgehalten

Der 24-Jährige will ohne groß auf die Frau zu reagieren in sein Auto gestiegen sein. „Es waren nur noch meine Freundin und meine Schwester da, alle anderen waren schon weg. Ich hatte keinen Bock auf Streit und wollte auch nur weg“, so der Sohn. Während er sein Auto wendete, um ebenfalls nach Fröndenberg zu fahren, ging im Haus mit der Garage oben plötzlich ein Fenster auf und ein Mann fing an wild herumzuschreien, ihn übel zu beleidigen und auch zu bedrohen. Von dieser Situation gibt es sogar ein Video, das die Freundin des Angeklagten filmte und vor Gericht zeigen konnte.

Zwischenzeitlich hatte seine jüngere Schwester außerdem ihren Vater per Handy zurückgerufen, weil sie Angst um ihren Bruder hatte, wie sie erklärte. Ihr Vater kam auch prompt zurück und stürmte auf der Suche nach seinem Sohn, ins Haus der Garagenbesitzer die enge Flurtreppe hinauf und stellte den Mann zur Rede. Als sein Sohn bemerkte, dass sein Vater wieder zurückgekommen war, lief er ihm ins Haus hinterher, seine Schwester und Freundin im Schlepptau.

Auf der Treppe habe der Vater zunächst aufgeregt nach seinem Sohn gefragt, sich dann aber beruhigt, als er seinen Sohn entdeckte, der hinter ihm stand. Trotzdem entwickelte sich noch ein lauter Streit mit dem Hausbesitzer, der weiter eskalierte, als sich dessen Frau lautstark einmischte. Die Ehefrau des Mannes sei „sehr aggressiv“ und „nicht zu beruhigen“ gewesen, so der angeklagte Vater in seiner Erklärung vor Gericht. Weil er sich von den beiden Geschädigten, die sich partout nicht beruhigen wollten, bedroht fühlte und befürchten musste, auf der engen Treppe auf die hinter ihm stehenden Personen zu fallen, habe er den zunächst den Mann an die Wand geschoben und auch dessen Frau weggedrückt. Dabei sei die Frau gegen die Tür gefallen, die daraufhin aus den Angeln gebrochen sei.

Widersprüchliche Aussagen

Nach Aussage der beiden Geschädigten stellt sich der Sachverhalt ganz anders dar. Nach dem Wortgefecht wegen der blockierten Garage habe sie noch etwas aus ihrer Wohnung holen wollen und deshalb die Haustür nur angelehnt gelassen, schilderte die Ehefrau. Plötzlich seien der Vater, gefolgt von seinem Sohn, die Treppe hochgestürmt habe sie heftig bedrängt. Der kräftig gebaute 49-Jährige habe ihr „gedroht und mit voller Wucht gegen die Schulter geschlagen“, so die Frau. „Die Stelle tut mir heute noch weh.“  Auch ihren Mann habe er angegriffen. Schließlich habe der ältere Angeklagte sie auch „am Hals gepackt und gewürgt“.  Dabei habe er sie hochgehoben, so dass sie den Boden unter den Füßen verloren und gegen die Wohnungstür gestürzt sei, die daraufhin aus den Angeln brach. „Unsere beiden kleinen Kinder standen hinter der Tür und hatten Todesangst.“ Erst da hätten sich die beiden Angeklagten zurückgezogen.

Ihrem Ehemann fiel die Aussage im Zeugenstand sichtlich schwer. Ihm mache der Vorfall nach eigener Aussage noch immer psychisch schwer zu schaffen. Dennoch bestätigte er die Angaben seiner Frau. Das Schlimmste sei für ihn die Sorge um die eigenen Kinder gewesen, die auch heute noch Albträume hätten.

Lügendetektor-Test und 36 kg-Hantel

Letztlich konnte die Beweisaufnahme nicht endgültig klären, was wirklich in jener Nacht im Treppenhaus passierte. Da die Zeugen der Vereidigung die Angaben er beiden Angeklagten ebenfalls bestätigten, standen Aussage gegen Aussage. Auch die beiden Polizeibeamten konnten im Zeugenstand nur bestätigen, was damals von den Beteiligten zu Protokoll gegeben worden war. Kurios: Der mehrfach einschlägig vorbestrafte Vater hatte sich sogar einem freiwilligen Lügendetektor-Test unterzogen, um seine Unschuld zu belegen und eine 36 kg-Hantel mit in die Verhandlung gebracht, um zu demonstrieren, dass es kaum möglich sei, mit nur einer Hand eine Person zu heben.

Die Verteidiger der beiden Angeklagten plädierten auf Freispruch: Die Aussagen der beiden Geschädigten seien unglaubwürdig. Ihre Mandanten hätten außerdem in Notwehr auf der Treppe gehandelt, um Schlimmeres zu verhindern.

Die Richterin Dr. Schleifenbaum sah das allerdings etwas anders: Sie verurteilte den 49 Jahre alten Vater wegen Hausfriedensbruch und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen a‘ 15 Euro und seinen 24 Jahre alten Sohn wegen Hausfriedensbruch und Beihilfe zur Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 35 Tagessätzen a‘ 60 Euro.

Hausfriedensbruch und vorsätzliche Körperverletzung

Zwar sah auch die Richterin, ähnlich wie die Staatsanwältin zuvor, keinen Straftatbestand mehr der gefährlichen Körperverletzung und Sachbeschädigung gegeben. Möglicherweise hätten auch die beiden Geschädigten in ihren Aussagen etwas übertrieben. Unstrittig sei allerdings auch, dass der angeklagte Vater unaufgefordert in das Haus der Geschädigten gestürmt sei und trotz Aufforderung zu verschwinden, die Geschädigten gepackt und gegen die Wand gedrückt bzw. weggestoßen hat. Für dieses Verhalten könne auch kein Notwehr-Argument in Anspruch genommen werden. Selbst wenn es sich um eine Notwehrsituation gehandelt hätte, wären mildere Mittel möglich gewesen, zu reagieren: verbale Deeskalation oder ein Rückzug.

Hausfriedensbruch, Körperverletzung


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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