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(Foto: Succo - Pixabay)

Heimliche Filmaufnahmen in privater Umkleide: Freispruch aus Mangel an Beweisen

Wegen der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches anderer Personen durch Bildaufnahmen hatte sich der 55 Jahre alte Angeklagte aus Holzwickede heute (13. August) vor dem Amtsgericht Unna zu verantworten. Die Anklage warf dem Holzwickeder vor, dass er am 19. Februar 2017 tagsüber in einem Umkleideraum der Wohnung seiner damaligen Partnerin in Holzwickede eine Videokamera angebracht und heimlich verschiedene Frauen beim Umkleiden gefilmt hat. Einige der dabei entstandenen Dateien wurden später auch von den Ermittlern auf dem Laptop des 55-Jährigen gefunden.

Ohne Zweifel wäre es dem Angeklagten und seinem Verteidiger wohl am liebsten gewesen, wenn die Öffentlichkeit von der Verhandlung ausgeschlossen worden wäre, wie dieser heute deutlich machte. Denn offenbar gibt es da eine lange Vorgeschichte zwischen seinem Mandanten und der Ex-Partnerin und einen großen Haufen schmutziger Wäsche. Es habe auch „eine Vielzahl von Strafanzeigen“ der Ex-Partnerin gegen seinen Mandaten gegeben, so der Verteidiger, von denen allerdings einzig die heute verhandelte Strafsache nicht im Sande verlaufen sei..

Viel „schmutzige“ und auch erotische Wäsche

Nur sehr vage und umständlich umschrieb die Verteidigung auch den Kontext des aktuellen Verfahrens: Danach gehört die Wohnung in Holzwickede dem Angeklagten. Mieteinnahmen gebe es allerdings seit geraumer Zeit nicht mehr, weil die Wohnung eine Rolle in dem Verfahren spielt und „Holzwickede keine Großstadt ist und sich herumgesprochen hat, was passiert ist“, so der Anwalt .Von 2012 bis Mai 2017 hatte die damalige Partnerin des Angeklagten, die Wohnung gemietet. In dieser Zeit war die Wohnung „immer wieder Ziel vieler verschiedener Menschen“, wie es der Anwalt vielsagend umschrieb, und entsprechend „stark frequentiert“.

In dem kleinen Umkleideraum, wo die Kamera installiert war, wurden jede Menge Dessous auf Kleiderständern, High Heels, Massage- und andere Artikel gelagert, was ahnen lässt, warum die Wohnung mitten in Holzwickede ein so beliebtes Ziel war.

Mit der heimlich angebrachten Videokamera soll der Angeklagte die Damen beim Anlegen der Dessous heimlich gefilmt haben. Mit diesem Vorwurf konfrontiert, überraschten er und sein Verteidiger mit dem Hinweis, dass die ehemalige Partnerin inzwischen wohl verstorben sei. Zudem erklärte der Angeklagte, dass nicht er, sondern vielmehr seine damalige Partnerin die Kamera installiert habe. Dass er das Gericht nicht schon vor der Verhandlung auf diesen nicht unerheblichen Aspekt hingewiesen habe, „muss ich auf meine Kappe nehmen“, entschuldigte sich der Anwalt.

Ex-Partnerin soll Kamera selbst installiert haben

Gemeinsam mit seinem Anwalt äußerte sich der Holzwickeder dann ausführlich zur Sache: Er habe die Videokamera angeschafft, um seinen Garagenhof zu überwachen, wo er zeitweise teure Werkzeuge gelagert hatte. Später habe er die Kamera dort wieder abgebaut. Seine damalige Partnerin habe davon gewusst und ihn um die Kamera gebeten, „weil aus der Umkleide in ihrer Wohnung immer wieder Dinge weggekommen“ seien, habe sie ihm erklärt. Dabei habe es sich „zumeist um teure Anziehsachen“ gehandelt.

Da es sich bei der Kamera um eine einfache Videokamera mit Bewegungsmelder handelt, ähnlich den Wildwechselkameras, habe seine Partnerin die Kamera auch selbst installiert. Erst nach den Aufnahmen habe sie ihn dann gebeten, die Kamera zu deinstallieren und die Bilddateien zu überspielen.

„Was man da auf den Videos sieht, kann man jeden Tag auch auf RTL II sehen.“

Der Verteidiger

„So kam es dann zu den Filmen, die bei mir auf dem Laptop gefunden wurden“, so der Angeklagte. Diese Filme auf seinem Laptop will er sich vorher nie angesehen und zum ersten Mal überhaupt in Zusammenhang mit der Verhandlung gesehen haben. Etwas Besonderes gebe es darauf ohnehin nicht zu sehen, erklärte sein Anwalt der Anklagevertreterin. „Was man da auf den Videos sieht, kann man jeden Tag auch auf RTL II sehen.“

Als Zeugin wurde heute dann eine 57 Jahre alte gute Bekannte der Ex-Partnerin des Angeklagten gehört. Sie erklärte auf Nachfrage dem Richter, dass die Ex-Partnerin stark befürchtet habe, dass ihr damaliger Partner heimlich Filmaufnahmen anfertige. Darum habe sie begonnen, Informationen zu sammeln. Schließlich hätten sie beide auch „sehr viele Aufnahmen mit Damen, die sich umzogen“ gefunden. „Wir waren beide davon überzeugt, dass nur der Angeklagte die Aufnahmen gemacht haben kann“, so die Zeugin weiter. Sie bestätigte außerdem auf Nachfrage des Gerichts, dass ihre Bekannte davon gesprochen habe, dass auch öfters Gegenstände verschwunden seien und sie ihren Partner verdächtigte. Verschwunden seien „definitiv einige Corsagen“, die „in einer großen alten Holztruhe“ gelagert waren.

Wichtigste Zeugin inzwischen verstorben

Sollte die Kamera tatsächlich, wie vom Angeklagten behauptet, von seiner Ex-Partnerin selbst aufgestellt worden sein, „bricht die ganze Anklage wie ein Kartenhaus zusammen“, ahnte Richter Schaffernicht. Er unterbrach die Verhandlung. Tatsächlich gelang es dem Gericht anschließend die amtliche Bestätigung zu erhalten, dass die frühere Partnerin des Angeklagten Anfang des Jahres im Alter von 49 Jahren verstorben ist.

Daraufhin schloss der Richter die Beweisaufnahme. Denn da die Ex-Partnerin nicht mehr als Zeugin vernommen werden kann, lässt sich die Aussage des Angeklagte auch nicht widerlegen und der Anklagevorwurf nicht nachweisen.

Das musste auch die Anklagevertreterin feststellen und plädierte deshalb auf Freispruch. Dem schloss sich die Verteidigung selbstverständlich an. Und so sah dann auch das endgültige Urteil von Richter Schaffernicht aus.

Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbnereichs


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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