Holzwickeder Rathaus ist noch immer digitales Brachland
Die Gemeinde Holzwickede scheint noch immer nicht richtig in der digitalen Welt angekommen zu sein. Noch immer werden im Rathaus an die Ratsmitglieder und sachkundigen Bürger vor jeder Sitzung hunderte Papierseiten per Post verschickt oder in die Hausbriefkästen im Rathaus zur persönlichen Abholung gestopft. Abgesehen von den unnötigen Kosten für an Porto, vergeudeter Arbeitskraft und Zeit, zeugt diese Art der Schneckenpost nicht gerade von einer modernen, transparenten und bürgerfreundlichen Verwaltung.
Phlegma und Unwillen bei einigen Parlamentariern
Beim 1. Beigeordneten Uwe Detlefsen steht die Einführung eines digitalen Ratsinformationssystems auf der Agenda – wie auch schon bei seinem Vorgänger im Amt, Heribert Schönauer. Passiert ist bisher wenig. Vereinzelte Versuche in der Vergangenheit ein modernes, papierloses System einzuführen scheiterten allerdings nicht allein an der Verwaltung. Das Phlegma und der Unwillen einiger Ratsmitglieder in Holzwickede ist mindestens ebenso ausschlaggebend. So lehnten einzelne Parlamentarier die Einführung eines digitalen Informationssystems rundweg ab. Entweder weil sie keinen Computer oder kein Tablet besitzen. Oder weil sie diesen „modernen Kram“ zwar ihr Eigen nennen, aber offenbar Probleme haben, damit umzugehen. Oder weil sie einfach davor zurückschrecken dieses „Neuland“, wie Bundeskanzlerin Merkel kürzlich das Internet bezeichnete, zu betreten.
In anderen Kommunen ist man längst weiter
Die meisten anderen Kommunen und Parlamentarier sind da längst weiter. Dort hat man inzwischen erkannt, dass ein digitales Ratsinformationssystem nicht nur Kosten spart und die Arbeit für Parlamentarier selbst deutlich erleichtert. Auch für die Bürger wird die Arbeit im Rathaus transparenter. In vielen Kommunen wurden mit Einführung eines digitalen Informationssystems sogar an alle Ratsmitglieder kostenlos Tablets verteilt. Unter dem Strich war selbst das noch billiger als der Status quo.
Neben Kommunen im Kreis wie zuletzt die Nachbarstadt Fröndenberg hat auch der Kreis Unna selbst das erkannt und mit Beginn der Wahlperiode 2014-2020 auf die digitale Welt umgestellt und seine Geschäftsordnung inhaltlich angepasst.
Der Umstieg von gedruckten Ausschussunterlagen mitsamt Postversand auf Tablet-PC und E-Mail-Verkehr wurde Anfang des Monats durch die Neufassung verschiedener Paragraphen auch rechtlich nachvollzogen. Geregelt wird nicht nur ein den virtuell arbeitenden Kreistagsmitgliedern vorbehaltener Zugriff auf das elektronische Kreistagsinformationssystem. Auch die Einladung zu den Sitzungen der politischen Gremien per E-Mail und die Antwortmöglichkeit des Landrates auf Fragen von Kreistagsmitgliedern in elektronischer Form in der Geschäftsordnung werden festgeschrieben.
Der Wechsel zum papierlosen Sitzungsdienst wurde im Rahmen des Konsolidierungsprozesses 2010 und der damit einhergehenden Suche nach Einsparmöglichkeiten vorangetrieben. Eine interfraktionelle Arbeitsgruppe kümmerte sich um die notwendigen Programme, klärte Fragen des Datenschutzes und der Sicherheit, während eine zweite Gruppe aus Politik und Verwaltung den Praxistest unternahm.
Ergebnis: Der Kreistag beschloss in der letzten Sitzung der alten Wahlperiode Anfang Mai den Einstieg in die digitale Gremienarbeit zum 1. Juni, also zum Beginn dieser Wahlperiode.
Kreis spart nach Umstieg rund 43.500 Euro ein
Unter dem Strich spart der Umstieg in der Wahlperiode rund 43.500 Euro gegenüber der auf gedruckten Unterlagen fußenden Kreistagsarbeit, hat der Kreis-Kämmerer ausgerechnet.
Wie weit dagegen im Holzwickeder Rathaus noch der digitale Wunsch und Wirklichkeit auseinanderklaffen, zeigt das Beispiel „gläserner Haushalt“: Großartig angekündigt und dem Bürger schmackhaft gemacht, stand der Haushaltsentwurf 2015 auch nach mehr als sechs Wochen nach seiner Einbringung in den Rat noch nicht online für die Bürger. Erst vor wenigen Tagen war die Tat endlich vollbracht.
CDU kündigt Antrag zur Einführung eines digitalen Ratsinformationssystems an
Zwar hat die Gemeinde Holzwickede schon seit längerer Zeit eine eigene Internetseite. Diese mutet trotz mehrmaliger Überarbeitung nicht gerade modern und benutzerfreundlich an. Immerhin ist die Internetseite aber leidlich aktuell. Weniger schön ist indes, dass interessierte Nutzer, wenn sie sich erst einmal mühsam zu den Sitzungsterminen und öffentlichen Ausschüssen durchgeklickt haben, tote Links, keine oder nicht fristgerecht Tagesordnungen oder Beschlussvorlagen zu den Sitzungen finden können.
Auch die Grünen und andere Ratsfraktionen haben längst erkannt, dass die Einführung eines digitalen Informationssystems wenig kosten muss, Geld sparen und noch einige weitere Vorteile haben kann. Doch allein die CDU hat bisher nach ihren Klausurberatungen einen verbindlichen Antrag zur „unverzügliche Einführung eines digitalen Ratsinformationssystems“ angekündigt.
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