
Fünf Flaschen Whisky im Rewe-Markt gestohlen: Sieben Monate Haft für renitenten Mittäter
Mit der Befragung der Inhaberin des Rewe-Marktes an der Stehfenstraße und ihres Marktleiters im Zeugenstand wurde heute (16. November) die Verhandlung gegen den 37 Jahre alten S. wegen gemeinschaftlichen Diebstahls vor dem Schöffengericht in Unna fortgesetzt.
Das Verfahren gegen den Haupttäter B., der anders als S. vollumfänglich geständig war, ist nach dem ersten Verhandlungstag abgetrennt worden. Der 41-Jährige wurde wegen Diebstahls in insgesamt fünf Fällen in Hamm, Bad Salzufflen und Holzwickede zu fünf Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt. Nach einer mehrmonatigen Untersuchungshaft befindet sich der Georgier inzwischen wieder auf freiem Fuß.
Haupttäter zu Bewährungsstrafe verurteilt
Anders sein mutmaßlicher Mittäter S. bei dem Diebstahl am 11. Juli gegen 17 Uhr im Rewe-Markt an der Stehfenstraße (Emscherblog berichtete). Der 37-Jährige, ebenfalls georgischer Staatsbürger, soll am Tattag insgesamt fünf Flaschen Jack Daniels im Wert von knapp 100 Euro zunächst in eine Kühltasche, die er im Kassenbereich an sich genommen hatte, gepackt und seinem Mittäter B. kurz darauf in dessen Rucksack umgepackt haben. B. verließ den Markt ohne zu bezahlen und wurde draußen auf dem Parkplatz vom Marktleiter gestellt.
Auf Nachfrage des Gerichts bestritt der Angeklagte S. heute weiterhin, dass er die Absicht hatte, etwas im Rewe-Markt zu stehlen. Über seine Dolmetscherin räumte er ein, dass er B. kenne und mit ihm auch den Markt betreten habe. Er sei jedoch davon ausgegangen, dass B. die fünf Flaschen Jack Daniels auch bezahlen werde, als er ihm die Flaschen in dessen Rucksack packte. Das Geld dafür hätten beide auch gehabt, da sie wenige Tage zuvor 270 Euro Unterstützung erhalten hatten.
Die Aussage der Inhaberin des Rewe-Marktes war jedoch eindeutig: Sie habe als langjährige Betreiberin des Marktes leidvolle Erfahrung mit Ladendiebstählen. Deshalb seien ihr und ihrem Bruder und Marktleiter der Angeklagte und sein Begleiter sofort als verdächtig aufgefallen. Man habe sie nicht mehr aus den Augen gelassen und dabei beobachtet, wie der Angeklagte S. nach dem Betreten des Marktes zunächst eine Kühltasche geholt und danach die Flaschen Whisky aus dem Regal darin eingepackt habe. Anschließend sei er zu seinem Begleiter gegangen, habe sich breit mit dem Rücken zur Überwachungskamera aufgebaut, um die Beobachtung zu erschweren und die fünf Flaschen Jack Daniels in den Rucksack seines Begleiters umgepackt. Dieser habe danach sofort den Laden mit den Flaschen verlassen.
Videoaufzeichnung vom Diebstahl liegt vor
Sogar eine Videoaufzeichnung des ganzen Vorfalls gibt es. Das Video wurde dem Gericht heute vorgeführt und zeigte den geschilderten Sachverhalt.
Neben dem Whisky fand die Polizei in dem Rucksack auch noch sechs Boxen Zigaretten, die vermutlich im Kassenbereich des Getränkemarktes nebenan gestohlen wurden, der zum Rewe-Markt gehört. Zwar wurde der Zigarettendiebstahl nicht beobachtet. Jedoch ergab die Überprüfung des Warensystems einen Fehlbestand, der genau zu den aufgefundenen Zigaretten passte.
Der Marktleiter bestätigte im Zeugenstand die Aussage seiner Schwester. Er berichtete, dass der verurteilte B. ihm seinerzeit widerstandslos zurück in den Markt folgte. Der Angeklagte S. wehrte sich dagegen nach Kräften und konnte nur mit Mühe zurück in den Markt gebracht werden, wo er später von der Polizei übernommen wurde.
Mittäter leugnet weiter hartnäckig
Auch nachdem S. das Video heute von seiner Tatbeteiligung angesehen hatte, leugnete er hartnäckig weiter jede Tatbeteiligung. Vielmehr bezweifelte er die Authentizität des Videos.
Dem Gericht reichte es und Richter Jörg Hüchtmann schloss die Beweisaufnahme.
Die Staatsanwältin sah den Anklagevorwurf des gemeinschaftlichen Diebstahls dann auch als erwiesen an. Es gebe zwei Zeugen und ein Video von der Tat. Trotzdem sei der Angeklagte nicht geständig. Für den Angeklagten spreche allein, dass der Rewe-Markt die Beute wieder zurückbekommen hat und diese mit knapp 100 Euro relativ gering war. Mit Blick auf das Verhalten des Angeklagten, das dieser schon am ersten Verhandlungstag und auch heute wieder zeigte, sei es „völlig unverständlich, warum der Angeklagte hier ein solches Theater macht und die Tat nicht einräumt“. Gegen S. sprechen dagegen seine erheblichen einschlägigen Vorstrafen, dass er während der Tag unter Bewährung stand und natürlich sein Verhalten vor Gericht. Die Anklagevertreterin hielt deshalb eine Strafe von fünf Monaten ohne Bewährung für angemessen.
Der Pflichtverteidiger von S., der keinen leichten Stand mit seinem unkooperativen Mandanten hatte, wies darauf hin, dass sein Mandant vehement jede Mittäterschaft bestreitet und der bereits verurteilte B. seinen Mandaten auch nicht als Mittäter genannte habe. Einen konkreten Antrag stellte er nicht.
Nach kurzer Beratung verurteilte das Schöffengericht den Angeklagten S. wegen gemeinschaftlichen Diebstahls zu sieben Monaten Gefängnis ohne Bewährung. Da diese Strafe auch die Zeit der U-Haft übersteigt, in der sich der Angeklagte befindet, ist der Haftbefehl gegen S. auch aufrechtzuerhalten, so der Richter. Zudem hat der Angeklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen.Richter sieht
Erdrückende Beweise und „so gar keine Zweifel“
„In diesem Fall gibt es so gar keinen Zweifel“, erklärte Jörg Hüchtmann in seiner Urteilsbegründung: Zwei Zeugen, die „eine gewisse Erfahrung mit Ladendiebstählen“ haben, hätten „sehr detaillierte und klare Aussagen“ gemacht, die „zudem auch noch durch ein Video gestützt“ wurden. Demgegenüber war das einzige, worauf der Angeklagte seine Verteidigung stützte, der Umstand, dass kein Diebesgut bei ihm gefunden wurde. Also könne er auch nichts gestohlen haben. „Dabei ist völlig klar, dass sie gemeinsam etwas Stehlen wollten.“ Nur so mache es auch Sinn, eine Kühltasche an der Kasse zu nehmen und aus dieser anschließend die fünf Flaschen in einen Rucksack umzupacken. Darum sei es unglaubwürdig, dass der Angeklagte nicht gewusst habe, was nach dem Umpacken der Flaschen passieren wird.
„Wer nicht hören will, muss fühlen.“
– Richter Jörg Hüchtmann
Der Angeklagte sei „uneinsichtig und erheblich einschlägig vorbestraft“. Deshalb könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass er sich von weiteren Taten abhalten lässt, was Voraussetzung für eine Bewährung ist.
„Wer nicht hören will, muss fühlen“, bemühte Richter Hüchtmann eine deutsche Volksweisheit. Eine günstige Prognose vermochte das Gericht S. auch wegen seines ungebührlich Verhaltens vor Gericht nicht zu stellen, erklärte der Richter und schloss die Verhandlung.
Wie zur Bestätigung quittierte der 37-jährige Angeklagte das Urteil mit einer lauten Beschimpfung des Gerichts während er in Handschellen abgeführt wurde.
Gegen das heutige Urteil kann S. noch Rechtsmittel einlegen.