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Fledermausschützer Reinhard Wohlgemuth zeigt eine aufgefundene Breitflügel-Fledermaus, die ihm und Irmgard Devrient zur Pflege überbracht worden ist. (Foto: P. Gräber - Emscherblog.de)

Fledermausschützer dienen junge Ausreißer erfolgreich wieder ihren Müttern an

Fledermausschützer Reinhard Wohlgemuth zeigt eine aufgefundene Breitflügel-Fledermaus, die ihm und Irmgard Devrient zur Pflege überbracht worden ist. (Foto: P. Gräber - Emscherblog.de)
Fledermausschützer Reinhard Wohlgemuth zeigt eine aufgefundene Breitflügel-Fledermaus, die ihm und Irmgard Devrient zur Pflege überbracht worden ist. (Foto: P. Gräber – Emscherblog.de)

Schon seit einigen Jahren können Eigentümer und Mieter im Karree Hamburger Allee und Arnsberger Weg, zwischen Goethe- und Kirchstraße in den Abendstunden fliegende Fledermäuse vor ihren Fenstern beobachten. Die kleinen Fledermäuse haben zumeist in den schmalen Lüftungsschlitzen hinter den Klinkerfassaden oder in den Dachkanten Unterschlupf gefunden. Seit gut zwei Wochen werden die beiden Fledermaus-Experten des Naturschutzbundes (NABU) aus Holzwickede, Irmgard Devrient und Reinhard Wohlgemuth, immer öfter angerufen, weil junge, noch nicht selbstständige Fledermäuse in Holzwickede oder im Umland aufgefunden werden.  

Die flatternden Säugetiere bringen alljährlich um Pfingsten herum ihre Jungen zur Welt. Etwa 20 bis 25 Tage werden die Kleinen dann von der Mutter gesäugt, selbst auf die Jagd fliegen können sie allerdings erst, wenn sie 50 Tage und älter sind. Nach der Geburt kann es passieren, dass die Jungtiere beim Ausfliegen der Eltern aus dem Unterschlupf gerissen oder bei ersten Flugversuchen herausfallen.

Etwa 50 Tage werden Jungtiere gesäugt

50 Tage werden die Jungtiere gesäugt. Danach gehen sie selbstständig auf die Jagd und ernähren sich von Insekten, wie diese Breitflügel-Fledermaus. (Foto: P. Gräber - Emscherblog)
50 Tage werden die Jungtiere gesäugt. Danach gehen sie selbstständig auf die Jagd und ernähren sich von Insekten, wie diese Breitflügel-Fledermaus. (Foto: P. Gräber – Emscherblog)

„Wenn wir davon erfahren, versuchen wir, die Kleinen ihren Müttern wieder anzudienen“, erzählt Irmgard Devrient. „Denn es ist immer besser, den Müttern die Kleinen anzudienen, als zu versuchen, sie von Hand aufzuziehen.“ Anders als bei Vögeln klappt das bei den kleinen Flattertierchen auch ganz gut. „Es gibt verschiedene Methoden. Wir stellen dann meistens eine Schüssel auf mit einem Tuch drin, da kommt das Kleine dann hinein, damit es nicht wegkrabbeln kann und von dort holt die Mutter es ab“, so Irmgard Devrient.

Vor wenigen Tagen erst ist eine solche Familienzusammenführung in Kamen gelungen, wohin die beiden Fledermaus-Experten aus Holzwickede zu einem vierstöckigen Haus gerufen wurden. „Dort war eine kleine Fledermaus von der Katze ins Haus geschleppt worden, aber unverletzt geblieben. Nach einer ganzen Weile – manchmal warten Irmgard Devrient und ihr Mann bis weit nach Mitternacht – kam die Mutter, eine große Breitflügel-Fledermaus, angeflattert und setzte sich tatsächlich auf das Tuch mit dem Jungtier, das Irmgard Devrient in der Hand hielt. „Es dauerte noch eine ganze Weile bis sie ihr Junges an die Zitze nahm – und dann sind beide zusammen weggeflogen“, freut sich die Tierschützerin.

Fledermaus-Mütter holen ihr Junges ab

Diese Fledermaus-Mutter hat ihr Junges gerade an ihre Zitze genommen und fliegt wenig mit ihm davon.  (Foto:  Rainer Nowak)
Diese Fledermaus-Mutter hat ihr Junges gerade an ihre Zitze genommen und fliegt wenig später mit ihm davon. (Foto: Rainer Nowak)

Die Kleinen locken die Mütter mit ihrer Stimme an und die Mütter rufen deutlich davon unterscheidbar ebenfalls nach ihren Jungen, wie die beiden Fledermausexperten wissen. Sie führen stets einen kleinen Detektor mit sich, der die von den Fledermäusen im Ultraschallbereich erzeugten Töne auch für Menschen hörbar macht.

Etwa 50 Prozent der Alten finden ihre Jungen auf diese Art und Weise wieder. Die Fledermaus-Mütter können ihren Nachwuchs auch wieder abholen, indem sie das Junge an ihre Zitze nehmen und damit wegfliegen. Die Fledermäuse dürfen nur nicht zu sehr ausgekühlt sein. „Sonst gehen sie nicht mehr an die Zitze“, weiß Irmgard Devrient.

Familienzusammenführung in Berliner Allee

In Kamen holte diese Breitflügel-Fledermaus von einem Tuch in der Hand von Irmgard Devrient ab. (Foto: Rainer Nowak)
In Kamen holte diese Breitflügel-Fledermaus ihr Junges von einem Tuch in der Hand von Irmgard Devrient ab. (Foto: Rainer Nowak)

Gestern Abend (28.6.) waren sie und ihr Mann Reinhard Wohlgemuth bei Familie Seidler in der Berliner Allee zu Besuch, die um ihre Hilfe gebeten hatte: Eine kleine Fledermaus war in ihre Wohnung in der 4. Etage geflattert. „Die beiden kleinen Hunde der Familie hatten das bemerkt und sich gemeldet“, berichtet Irmgard Devrient. „Die Familie hatte Fledermäuse schon häufiger vor ihrem Fenster fliegen sehen. Es ist eine ganz tierliebende Familie. Die Kinder haben auch schon kleine Häschen und Eichkätzchen nach Hause gebracht.“ Doch für die kleine Fledermaus, es handelte sich um eine weibliche Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus), holte sich die Familie nun jetzt Hilfe der beiden erfahrenen Experten.

Reinhard Wohlgemuth versuchte zunächst die Kleine in einem Korb anzudienen, den er aus dem Fenster in der 4. Etage gleich unter die Dachkante hängte. Ohne Erfolg und obendrein nicht ganz ungefährlich. „Also sind wir nach unten auf die Wiese gegangen, wo auch viele Bäume stehen“, so Irmgard Devrient.

Der Trick mit dem Tuch in der Schüssel funktionierte allerdings nicht. „Denn de Kleine war schon fast flügge und flatterte uns weg“, so Devrient. Selbstständig war das Jungtier deshalb aber noch nicht. „Es brauchte noch die Milch der Mutter“, weiß Irmgard Devrient. „Herr Seidler, der offenbar sehr gute Augen und Ohren hat, entdeckte die Kleine schließlich in einem der Bäume.“ Das Jungtiere flatterte eine ganze Weile von Baum zu Baum und rief nach der Mutter, wie die beiden Fledermaus-Experten anhand ihres Detektors hören konnten. „Nach und nach sind dann die alten Fledermäuse vorbei gekommen, darunter auch die Mutter, die nach ihrer Kleinen rief“, so Irmgard Devrient. „Das konnten wir ganz deutlich orten und unterscheiden.“

Holzwickeder Experten im Umland gefragt

Aktuelles Pflegekind bei Irmgard Devrient und Reinhard Wohlgemuth: eine Breitflügel-Fledermaus. (Foto: P. Gräber - Emscherblog)
Aktuelles Pflegekind bei Irmgard Devrient und Reinhard Wohlgemuth: eine Breitflügel-Fledermaus. (Foto: P. Gräber – Emscherblog)

Bis etwa 22.45 Uhr warteten Irmgard Devrient und ihr Mann auf der Wiese an der Berliner Allee 1 und dann waren sich die beiden sicher, dass sie beruhigt nach Hause gehen konnten: „Die Mutter kommt später, nimmt ihre Kleine an die Zitze und fliegt dann mit ihr weg.“

Einsätze wie der an der Berliner Allee sind für Irmgard Devrient und Reinhard Wohlgemuth in diesen Tagen keine Seltenheit. „Vor ein paar Tagen waren wir in Kamen, vorher in Fröndenberg-Altendorf“, berichtet Reinhard Wohlgemuth. „Da haben wir bis weit nach Mitternacht warten müssen, bis die Mutter kam. Davor waren wir in Unna-Billmerich.“ Bei einem Einsatz in Dortmund haben sie ein Junges auch schon einmal einen Baum hochklettern lassen, damit die Mutter es dort abholen konnte.

Dass Fledermaus-Mütter ihre Jungen abholen kommen, haben die beiden erfahrenen Holzwickeder Fledermausschützer schon vor vielen Jahren gelernt, als sie noch auf dem Dach ihres Hauses in der Lerchenstraße Abendsegler pflegten. „Manchmal ist es passiert, dass eines der Jungen verloren ging. Dann hat die Fledermaus-Mutter solange gesucht, bis sie es wiedergefunden hatte“, erzählt Reinhard Wohlgemuth. Mitunter kam es auch vor, dass sich Nachbarn bei den Naturschützern meldeten, weil sich eine kleine Fledermaus in ihre Garage verirrt hatte.

Mit ihrer jahrelangen Erfahrung gelingt es Irmgard Devrient und Reinhard Wohlgemuth inzwischen immer häufiger, Jungtiere wieder ihren Müttern erfolgreich anzudienen.  

Fledermäuse


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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