Skip to main content
(Foto: Succo - Pixabay)

Betrunkener Rentner baut nachts Unfall bei Suche nach Pfeifenreiniger: 1.000 Euro Geldstrafe

Ein 78 Jahre alter Rentner aus Holzwickede war heute wegen Gefährdung des Straßenverkehrs und Fahrens unter Alkoholgenuss sowie unerlaubten Entfernens vom Unfallort vor dem Amtsgericht Unna angeklagt: Mit 1.000 Euro Geldstrafe fiel das Urteil recht milde aus.

Die Anklage warf dem Rentner vor, am 15. Mai gegen 22 Uhr in der Karl-Brauckmann-Straße unter Alkoholeinfluss beim Einparken einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, bei dem ein Sachschaden von rd. 5.000 Euro entstanden ist. Bei einer ärztlich angeordneten Blutprobe am anderen Tag gegen 14 Uhr wurden noch 0,73 Promille bzw. bei einer Kontrollprobe zwei Stunden später 0,69 Promille Blutalkohol festgestellt.

Der Anklagte räumte den Verkehrsunfall ein, jedoch sei dieser nicht auf Alkoholgenuss zurückzuführen. Vielmehr sei er nachts auf den Parkstreifen der abschüssigen Straße gefahren, so der 78-Jährige, und habe etwa 30 m vor dem Pkw des Geschädigten angehalten. Dann sei ihm ein Pfeifenreiniger heruntergefallen, wonach er sich gebückt habe. „Weil ich den Kopf unten hatte, habe ich nicht bemerkt, dass ich zurückrolle. Als ich es merkte und die Handbremse ziehen wollte, war es schon zu spät.“

Rückwärts in parkendes Auto gekracht

Daraufhin sei er ausgestiegen und habe im Dunklen mit einer schwachen Taschenlampe nach Schäden am Fahrzeug seines Nachbarn gesucht. Außer einige Vorschäden habe er dort nichts entdeckt. „Ich bin auch nicht abgehauen, sondern in meine Wohnung gegangen.“ Dort will sich der Rentner dann erst einmal auf den Schrecken „ein Bier und ein kleines Schnäpschen“ getrunken – bis die Polizei klingelte. Denn der Geschädigte hatte den Unfall beobachtet.

Vor dem Unfall will der Rentner „den ganzen Tag nur ein oder zwei Biere getrunken“ haben, wie er mehrfach auf Nachfrage erklärte. Erst nachdem sich der 78-Jährige auf Vorschlag der Richterin noch einmal auf dem Gerichtsflur mit seiner Verteidigerin beraten hatte, räumte er schließlich ein, „doch ein paar Biere mehr getrunken“ zu haben.

So eindeutig wie die Mär von „zwei Bierchen“ ließ sich die übrige Geschichte des Rentners allerdings nicht widerlegen. Immerhin zeigten die Polizeifotos, die erheblichen Schäden, die durch den Aufprall seiner Pkw an dem anderen Fahrzeug entstanden waren. Dass dies alles nur Vorschäden waren, wie der Rentner behauptet, war angesichts der Fotos wenig glaubwürdig. Außerdem zeigten die Polizeifotos, dass das Fahrzeug des Geschädigten keineswegs im Dunklen stand, sondern unter einer hellen Laterne.

Der Anklagevertreter sah deshalb auch den Tatvorwufs als bestätigt und die Aussage des Angeklagten als „unglaubwürdig“ an. Die festgestellten Schäden seien mit dem Tathergang kompatibel. Für den Rentner spreche lediglich, dass er schließlich doch noch zumindest ein Teilgeständnis abgelegt hat und bislang nicht vorbestraft ist. Für die Gefährdung des Straßenverkehrs hielt der Anklagevertreter 70 Tagessätze a‘ 25 Euro und für die Unfallflucht weitere 60 Tagessätze a‘ 25 Euro für angemessen. Zusammengefasst forderte er eine Gesamtstrafe von 100 Tagessätzen a‘ 25 Euro.  Außerdem sollte der Führerschein entzogen und eine Sperre von zehn Monate verhängt werden.

Unerlaubt vom Unfallort entfernt

Auch die Verteidigerin des Rentners sah den Unfall und die Trunkenheitsfahrt als erwiesen an, nicht aber die Unfallflucht. „Es war spät nachts und mein Mandant dachte, er könne sich bei seinem Nachbarn am anderen Tag entschuldigen.“  Genau das habe ihr Mandant auch getan. Ebenso habe er sofort die Versicherung informiert, sodass der Schaden inzwischen beglichen sei. Zudem ging die Verteidigerin davon aus, dass der Rentner auch nach dem Unfall noch Alkohol getrunken und deshalb „zur Tatzeit nicht mehr als 0,5 Promille“ im Blut hatte.  Die Verteidigerin forderte deshalb eine „angemessene, aber milde Strafe“ für ihren Mandanten. Wichtig sei, dass er seinen Führerschein wiederbekommt, denn diesen benötige er, um in seinem Nebenerwerb weiterarbeiten zu können.

Das Urteil von Amtsrichterin Henrichs fiel dann tatsächlich milder aus: Sie verurteilte den Angeklagten zu einer Gesamtstrafe von 40 Tagessätzen a‘ 25 Euro (= 1.000 Euro). Da der Führerschein seit dem Unfall schon vier Monate lang eingezogen war, erhielt der Rente seine Fahrerlaubnis noch im Gerichtssaal wieder. Vier Monat ohne Führerschein seien ausreichend gewesen, befand die Richterin. „Seien Sie sich aber bewusst, dass ein anderer Richter das auch ganz anders sehen mag“, warnte sie den Rentner zum Abschied.

Unerlaubtes Entfernen, Unfall


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert