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Hielt ein flammendes Plädoyer für Europa beim Jahresempfang der SPD Holzwickede: der ehemalige Präsident des EU-Parlaments Martin Schulz (MdB). (Foto: P. Gräber - Emscherblog)

SPD Jahresempfang: Flammendes Plädoyer von Martin Schulz für Europa

Hielt ein flammendes Plädoyer für Europa beim Jahresempfang der SPD Holzwickede: der ehemalige Präsident des EU-Parlaments Martin Schulz (MdB). (Foto: P. Gräber - Emscherblog)
Hielt ein flammendes Plädoyer für Europa beim Jahresempfang der SPD Holzwickede: der ehemalige Präsident des EU-Parlaments Martin Schulz (MdB). (Foto: P. Gräber – Emscherblog)

Acht Tage vor der Europawahl stand der Jahresempfang des SPD-Ortsvereins Holzwickede heute (18. Mai) im Forum ganz im Zeichen Europas. Als hochkarätigen Gast konnte der Ortsverein den ehemaligen Präsidenten des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (MdB) begrüßen sowie auch die hiesigen Bundes- und Landtagsabgeordneten Oliver Kaczmarek und Hartmut Ganzke, Landrat Michael Makiolla, den Landratskandidaten Mario Löhr sowie etliche aktuelle und ehemalige Gemeindevertreter, darunter auch die ehemaligen Bürgermeister  Jenz Rother und Margret Mader.

„Viele Menschen wissen immer noch nicht so viel mit Europa anzufangen“, bedauerte SPD-Fraktionschef Michael Klimziak. Seit der ersten Europawahl ist die Wahlbeteiligung rückäufig. Mit den Worten: „Ich könnte mir kaum einen besseren Motivator  vorstellen als Martin Schulz“, reichte Klimziak das Mikrofon an den ehemaligen Präsidenten des EU-Parlaments weiter.

Und Klimziak hatte tatsächlich nicht zuviel versprochen: Martin Schulz‘ frei gehaltene gut einstündige Rede war ein flammendes Plädoyer für den europäischen Staatenbund.  Bei der kommenden Europawahl gehe es nicht allein darum, welche Länder wen neu ins Parlament schicken, betonte Schulz: „Es geht vor allem auch um die Idee, dass Nationen über Grenzen hinweg zusammenarbeiten, das Gemeinsame suchen, sich gemeinsame Regeln geben und gegenseitigen Respekt erweisen. Das ist, was Europa ausmacht.“

Der Gegenentwurf zu dieser Idee, so Martin Schulz, sei das Zurück zu den Nationalstaaten, bei dem die eigenen Nation zuerst kommt. „America First heißt im Umkehrschluss nichts anders, als alle anderen kommen nach mir. Das ist wieder ein Kampf  jeder gegen jeden.“ Genau das ist es, was die Populisten wie Gauland, Le Pen, Salvini, Orban und Kaczynski wollen, so Schulz.

Die Idee: Zusammenarbeit über Grenzen hinweg

Unter den Gästen im gut gefüllten Forum waren auch die hiesigen Bundes- und Landtagsabgeordneten der SPD, der Landrat sowie die ehemaligen Bürgermeister Jenz Rother und Margret Mader. (Foto: P., Gräber - Emscherblog)
Unter den Gästen im gut gefüllten Forum waren auch die hiesigen Bundes- und Landtagsabgeordneten der SPD, der Landrat sowie die ehemaligen Bürgermeister Jenz Rother und Margret Mader. (Foto: P., Gräber – Emscherblog)

Dabei habe Europa uns mehr von allem gebracht: mehr Wohlstand, mehr Bildungschancen, mehr soziale Gerechtigkeit, mehr Rechte, mehr Freiheit, vor allem aber mehr Frieden. „Um das zu erkennen müssen wir uns nur die Generation unserer Eltern anschauen, die von alledem weniger gehabt haben als wir“, betont Schulz.

Mit seinen 500 Millionen Menschen in 28 Ländern ist Europa der reichste Binnenmarkt der Welt. „Auf den wollen alle mit ihren Gütern und Dienstleistungen, die Amerikaner genauso wie die Chinesen. Da muss man sich doch fragen: Wollen wir eine Re-Nationalisierung oder schließen wir uns so zusammen, dass wir sagen können: Wenn ihr auf unseren Markt wollt, dann müsst ihr auch unsere Standards einhalten, die Menschenrechte akzeptieren, soziale und Umweltstandards übernehmen.“ Ein einzelnes Land wie Luxemburg, Belgien oder auch Frankreich hat keine Chance gegen ein turbokapitalistisches China mit seinen 1,3 Milliarden Einwohnern oder die Weltmacht USA, ist Martin Schulz überzeugt.

Die Generation unserer Eltern hatte zwei Weltkriege hinter sich, als sie die Europäische Union gründete. „Die wussten, was sie taten“, sagt Schulz. „Die Idee dahinter war: Statt uns gegenseitig abzuschlachten, arbeiten die Nationen über Grenzen hinweg zusammen.“

Was dem ehemaligen Präsidenten des EU-Parlaments „tierisch auf die Nerven geht“ sei „dieses ewige Herumgemecker über die EU“. „Ja, klar ist die EU nicht perfekt. Natürlich ist sie zu bürokratisch. Dann müssen wir sie entbürokratisieren. Natürlich ist sie nicht sozial genug. Dann lass sie uns sozialer machen. Natürlich ist sie nicht gerecht hat genug, dann machen wir sie gerechter.“  Konkreter Vorschlag dazu von Schulz: Eein amerikanischer Kaffeekonzern oder amerikanische Internetkonzerne müssten endlich in Europa Steuern zahlen. „Wenn Europa zu kompliziert ist, dann lasst es uns einfacher machen“, appelliert Schulz. „Das sind alles Dinge, die man ändern kann.“ Doch merkwürdiger Weise sind ausgerechnet diejenigen, die am meisten über Europa meckern ausgerechnet die, die nicht zur Wahl gehen.“

Gewinnen die Populisten wird Europa zerlegt


Diese verantwortungslosen Spinner, die den Menschen weismachen wollen, dass in Zeiten der  Globalisierung die Vereinzelung in Nationalstaaten die Lösung ist, verspielen die Zukunft unserer Kinder.“

Martin Schulz (MdB)

Es ist richtig, dass die kommende Europawahl eine Richtungswahl ist: Wollen wir ein Europa mit souveräner Selbstbestimmung oder ein Spielball der Interessen der Trump-Regierung oder Chinas sein. „In Großbritannien haben die Brexiters das Schicksal einer ganzen Nation verspielt mit ihrer Lügenpropaganda.“ Schulz outete den politischen Mechanismus, mit dem die Populisten arbeiten, egal ob Brexeters, Gaulands, Salvinis, Le Pens, Orbans oder andere. „Komplizierte politische Sachverhalte werden nur auf ein Thema reduziert. Es ist immer das gleiche, immer nur ein Thema: Migration ist die Mutter aller Probleme. Doch das stimmt nicht. Migration ist ein Problem, es ist eine nicht gelöste Aufgabe.“  

Sie sei nicht gelöst wegen der Bundesrepublik Deutschland. „Wir haben am meisten Flüchtlinge aufgenommen. Das Problem der Migration seit gelöst, „wenn endlich der Ungeist der Unsolidarität in Europa bekämpft wird.“  Länder wie etwa Polen, das mit zehn Milliarden Euro pro Jahr der größte Nettoempfänger in der EU ist oder Ungarn, das nach den Verteilungsregeln innerhalb der EU gerade einmal 1.300 Flüchtlinge hätte aufnehmen sollen, weigern sich strikt auch nur einen einzigen Flüchtling aufzunehmen. Hier plädierte Martin Schulz strikt dafür, finanzielle Überweisungen aus Brüssel zu streichen für derart unsolidarisches Verhalten.

Martin Schulz schloss sein Plädoyer für Europa mit einer Warnung:  Wenn die Gaulands, le Pens oder Salvinis gewinnen, „dann wird Europa in seine Einzelteile zerlegt und abgewickelt, dann bekommen wir eine Situation wie jetzt in Großbritannien.  Diese verantwortungslosen Spinner, die den Menschen weismachen wollen, dass in Zeiten der  Globalisierung die Vereinzelung in Nationalstaaten die Lösung ist, verspielen die Zukunft unserer Kinder.“

In Anlehnung an ein Zitat von Willy Brandt appellierte Martin Schulz zum Abschluss seines Plädoyers für Europa: „Lasst uns ein Volk der guten Nachbarn sein, nach innen und nach außen.“ Verabschiedet wurde Schulz mit stehenden Ovationen.

Martin Schulz, SPD-Jahresempfang


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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