Diskussion des Ortsjugendrings: Europa ein Erfolgsmodell – auch für Holzwickede
Zu einer Podiumsdiskussion über die Zukunft Europas hatte der Ortsjugendring am Freitagabend ins Forum am Schulzentrum eingeladen. Bürgermeisterin Ulrike Drossel, Landrat Michael Makiolla, Michael Klimziak als Vorsitzender des Ausschusses für Schule, Sport, Kultur und Städtepartnerschaften sowie Freundeskreis-Vorsitzender Jochen Hake als Vertreter der Zivilgesellschaft diskutierten im Vorfeld der Europawahl vor knapp 40 Abwesenden darüber, was sie persönlich mit der europäischen Staatengemeinschaft verbinden.
„Es tut mir weh, dass heute so wenig Bürger hier sind“, stellte Ulrike Drossel zum Auftakt fest. Noch dazu kamen die Anwesenden fast ausnahmslos aus dem politischen Spektrum der Gemeinde. „Es ist eigentlich ein Trauerspiel, dass wir vier hier stehen und für Europa werben müssen“, so Jochen Hake im Verlauf des Abends. „Denn Europa ist eine Erfolgsgeschichte, die uns Frieden und Wohlstand gebracht hat.“
Persönliche Erfahrungen mit Europa
Mehr Publikum verdient gehabt, hätte die Veranstaltung auf jeden Fall gehabt: Eine richtige Diskussion kam zwar nicht in Gang, Doch die vier Protagonisten auf dem Podium berichteten reihum sehr persönlich und konkret über ihre ersten Erfahrungen mit Europa oder auch wie die Gemeinde Holzwickede und der Kreis Unna von Europa profitieren, wobei der Moderator Julian Koch die Stichworte dazu lieferte.
So erfuhr das Publikum etwa, wie sich Ulrike Drossel, die vor ihrer Zeit mit ihrem Mann eine Werbeagentur führte, sich vor der EU mit komplizierten Zoll- und Grenzvorschriften herumschlagen musste oder wie Michael Klimziak aufgrund einer fehlenden Arbeitserlaubnis, die er benötigte, bei der Einreise zu einer seiner ersten Schwedenfreizeiten an der Grenze von einem Zöllner gestoppt wurde.
Aber nicht nur als Freiheits- und Friedensprojekt profitieren wir durch ein gemeinsames Europa – auch in barer Münze.
Landrat Michael Makiolla erinnerte sich an das Jahr 2000 zurück, als er den Vorsitz eines Gremiums im Kreis Unna hatte, das Finanzmittel für soziale Einrichtungen und Beschäftigungsmaßnahmen im Kreis Unna zu verteilen hatte. Allein in seiner Amtszeit habe Brüssel „fünf Jahre lang jedes Jahr über eine Million Euro“ zur Verteilung überwiesen und so „dem Kreishaushalt erhebliche Ausgaben erspart“ hat. Aber nicht nur der Kreis Unna, so Makiolla weiter, „die ganze Region hat finanziell sehr profitiert aus dem Sozialfonds der EU.“ Dass die Menschen in der ehemaligen Montan-Region nach dem Verlust von Kohle und Stahl heute weiter in Wohlstand leben, „verdanken wir auch der EU“.
Kritik an Sozialprojekt und Rolle Deutschlands
Bei allen Erfolgsgeschichten gab es auch Kritik. So sah Makiolla etwa Defizite im Sozialprojekt Europa.
Jochen Hake kritisierte, dass „außer Emmanuel Macron eigentlich niemand mehr eine Vision von Europa“ und Vorschläge dazu unterbreitet hat. „Macron weiß natürlich selbst, dass nicht alle seine Vorschläge realistisch sind und umgesetzt werden können“, glaubt Hake. Doch an einige, etwa der gemeinsamen Verteidigungspolitik, propagiert er noch immer. Dass aber aus Deutschland auf diese Vorschläge nichts gekommen ist, sei in Frankreich mit einigem Befremden registriert worden. „Die Kanzlerin hat da nur wenig Fettnäpfe ausgelassen“, so Hake. „Und auch ihr Stellvertreter Olaf Scholz hat nichts gerade gerückt.“
Der Freundeskreis-Chef glaubt: „Deutschland ist faul geworden im Hinblick darauf, gemeinsam mit Frankreich seine Führungsrolle in Europa wahrzunehmen“. Dies werde auch in Frankreich so gesehen.
Einig waren sich alle vier auf dem Podium darin, dass es wichtig ist, am kommenden Sonntag (26. Mai) zur Europawahl zu gehen. Die neuesten Prognosen gehen von einer Wahlbeteiligung von knapp über 50 Prozent aus, Das ist besser als bei der vorigen Wahl, aber immer noch keine gute Beteiligung, so die vier Diskutanten. Populisten und Anti-Europäer am nächsten Sonntag an der Wahlurne in die Schranken zu verweisen, liegt in der Verantwortung jedes Einzelnen von uns, so der gemeinsame Appell. „Früher auf dem Pütt hat man gesagt: Jeder, der zur Wahl geht, bringt zwei Leute mit“, so Makiolla. „Es müssen nur die Richtigen sein. Das müssen wir auch so machen.“