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Nur zu gerne würde er eine PV-Anlage (Balkonkraftwerk) auf seinem Balkon installieren, um seine Energiekosten zu senken: Frank Ertelt auf dem Balkon seiner Wohnung im Haus Im Bruch 25. (Foto: P. Gräber - Emscherblog)

UKBS-Mieter will Photovoltaik-Anlage auf seinem Balkon installieren: Umsetzung scheitert an der Realität

Nur zu gerne würde er eine PV-Anlage (Balkonkraftwerk) auf seinem Balkon installieren, um seine Energiekosten zu senken: Frank Ertelt auf dem Balkon seiner Wohnung im Haus Im Bruch 25. (Foto: P. Gräber – Emscherblog)

Balkon-Photovoltaik-Anlagen, sogenannte „Balkonkraftwerke“, sind für Mieter und Wohnungseigentümer attraktiv. Sie erzeugen Strom, der sofort verwendet oder ins öffentliche Netz eingespeist wird. Es muss weniger Strom aus dem öffentlichen Stromnetz bezogen werden. Das spürt der Nutzer sofort im Geldbeutel und ist obendrein gut für die propagierte Energiewende. Das Problem: Wohnungseigentümer und Mieter können solche „Balkonkraftwerke“ bisher kaum nutzen, weil Antragsteller oft gnadenlos an der deutschen Bürokratie scheitern. Ein Beispiel dafür ist Frank Ertelt aus Holzwickede.

Motiv: Umweltbeitrag leisten und Energiekosten senken

Ertelt ist Mieter der Unnaer Kreis- Bau- und Siedlungsgesellschaft (UKBS) und bewohnt im Hochhaus Im Bruch 25 eine Wohnung im 8. Stock. Im Mai kam dem technisch interessierten Holzwickeder die Idee, eine der innovativen PV-Anlagen auf seinem Balkon zu installieren. „Der Betrieb des im Haus aufgestellten Blockheizkraftwerks wird immer teurer. Ich habe auch einen sehr teuren Zukauf von Strom bei den Stadtwerken Unna in der letzten Abrechnung zur Kenntnis genommen“, erklärt Ertelt. Die steigenden Energiekosten schlagen sich auch in den Nebenkosten für seine Wohnung nieder. „Die laufen völlig aus dem Ruder und sind inzwischen 253 (!) Prozent höher als meine Grundmiete.“

Frank Ertelt beantragte deshalb im Mai bei der UKBS, eine Photovoltaik-Anlage (Balkonkraftwerk) auf seinem Balkon installieren zu dürfen. „Ich begrüße sehr die Energiewende und würde gerne meinen Umweltbeitrag“ und natürlich zur Senkung“ seinen privaten und allgemeinen „Stromverbrauchs beitragen“, schrieb er der UKBS.

Zwei Seiten Auflagen und Bedingungen der UKBS

Als Antwort bekam er ein zweiseitiges, eng beschriebenes Antwortschreiben mit den Auflagen und Bedingungen der UKBS zurück. „Wir begrüßen den Einsatz regenerativer Energien bei der Energieversorgung unserer Gebäude sowie lhr lnteresse, einen eigenen Beitrag zur Energiewende zu leisten“, begann das Schreiben. Deshalb werde das Anbringen eines solchen „Balkonkraftwerks“ könne auch genehmigt werden – aber nur „wenn folgende Bedingungen erfüllt werden:

  • Pro Wohneinheit darf nur eine Anlage eingebaut werden. Die gesamte Anschlussleistung darf 600 Watt nicht überschreiten.
  • Die Anlage muss korrekt angemeldet werden. Dazu gehört die Anmeldung beim Netzbetreiber sowie im Marktstammdatenregister.
  • Die Anlage muss durch einen registrierten Fachinstallateur installiert werden, der den vorhandenen Stromkreis prüft, die vorhandene Absicherung prüft, die Einspeisesteckdose installiert, den von den Stadtwerken geforderten Zwei-Wege-Stromzähler installiert, die fachgerechte Anbringung am Balkon vornimmt.“

Weiter heißt es in dem Schreiben: „Die Kosten für die Elektro-Überprüfung und die Nachrüstung einer geeigneten Einspeisesteckdose sind von lhnen zu tragen. Eine unterschriebene Fachunternehmererklärung der Firma über die ausgeführten Arbeiten ist dem Wohnungsunternehmen nach Installation zu übergeben. Die Anlage muss gegen Absturz, starke Winde und Sturm sicher befestigt werden, ohne dass das Gebäude durch den Einbau (z.B. Bohrungen im Mauerwerk  oder den Balkonelementen) beschädigt wird.“ Da Mieter „für sämtliche Kosten und eventuelle Schäden am Gebäude oder an Personen im Zusammenhang mit der Photovoltaikanlage haften“, müsse Ertelt außerdem „eine Haftpflichtversicherung“ nachweisen bzw. „eine Kaution in Höhe von 500 Euro“ hinterlegen. Zusätzlich verlangt die UKBS, dass „die sichere Befestigung und Installation“ durch „einen Fachhandwerker vorgenommen“ werden muss.

„Da drängt sich mir der starke Verdacht auf, dass durch die aufgestellten Bedingungen, der Betrieb eines Balkonkraftwerkes verhindert werden soll.“

– Frank Ertelt

„Die UKBS legt angeblich Wert auf den Einsatz regenerativer Energien bei der Energieversorgung in ihren Gebäuden, legt aber als Gegenleistung dafür unüberwindbare Bedingungen vor, die auch laut Bundesnetzagentur gar nicht erforderlich sind“, ärgert sich Frank Ertelt. „Da drängt sich mir der starke Verdacht auf, dass durch die aufgestellten Bedingungen, der Betrieb eines Balkonkraftwerkes verhindert werden soll.“ Als er dem Mitarbeiter des Fachbetriebes seiner Wahl die Bedingungen der UKBS gezeigt habe, hätte dieser „schallend gelacht“, berichtet Ertelt. Die Auflagen der UKBS ärgern den Holzwickeder umso mehr, weil es inzwischen sogar schon Photovoltaik-Panele im Handel gibt, die so leicht sind, dass sie mit Klettband befestigt werden können.

Der Holzwickeder betont aber, dass es für ihn stets selbstverständlich gewesen sei, einen Fachbetrieb mit der Montage eines qualitativ hochwertigen Balkonkraftwerks zu beauftragen. „Ich kann aber keinen Fachbetrieb finden, der mir eine Montage unter den von der UKBS genannten Bedingungen anbietet.“ Auf seine Nachfrage beim technischen Wohnungsmanagement der UKBS, auf welcher Grundlage ihm die genannten Bedingungen gemacht werden, erhielt der Mieter bisher trotz Nachfrage keine Antwort.

Holzwickeder schreibt Brief an Minister Robert Habeck

Enttäuscht schrieb Frank Ertelt deshalb sogar an Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, der für die Nutzung von Balkonkraftwerken als Baustein der Energiewende bundesweit wirbt: „Ich begrüße sehr Ihre eingeleitete Energiewende, doch die Umsetzung scheitert wie so oft an der Realität“, schrieb er dem Minister. „Bedauerlicherweise stellt mein Vermieter unüberwindbare Bedingungen auf, wie eine Montage ohne Bohrungen, Anmeldung beim Stammdatenregister (welches für ein Balkonkraftwerk mit 600 Watt gesetzlicher Leistung gar nicht erforderlich ist.)

(…) Wie, frage ich nun Sie, soll ich einen Beitrag leisten, wenn einem Mieter es schlichtweg unmöglich gemacht wird, seinen Beitrag zu leisten? Für eine gesetzliche Klärung wäre ich sehr dankbar.“

Genau diese stellte Minister Habeck in dem von seinem Büro verfassten Antwortschreiben auch in Aussicht: Die geplante Novelle des Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG) „verbessert (…) die Rahmenbedingungen für Fotovoltaik erheblich, durch ein großes Bündel an Einzelmaßnahmen für die verschiedenen Anlagentypen.“ Es seien eine ganze Reihe von Änderungen geplant zur „Beschleunigung, Entbürokratisierung und weitestgehende Legalisierung“, die „den PV-Ausbau voranbringen“ sollen. „All diese Änderungen machen es künftig wesentlich einfacher und günstiger, auch eine Balkonsolaranlage zu installieren.“

Gesetzesänderung nun „letzte Hoffnung“

Genau darauf hofft Frank Ertelt jetzt. Die angekündigte Novelle des EEG ist bekanntlich in dieser Woche im Bundestag auf den Weg gebracht worden. Für den UKBS-Mieter ist die Gesetzesänderung die letzte Hoffnung, doch noch zu seinem Balkonkraftwerk zu kommen.

Nachdem der Emscherblog die UKBS um eine Stellungnahme bat, erklärte er deren Sprecher Michael Heimsath, dass sich die UKBS bei Anträgen von Mietern auf Balkonkraftwerke an den Empfehlungen des Verbandes der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland-Westfalen e.V. (VdW Rheinland-Westfalen) orientiere. Tatsächlich sind die Frank Ertelt von der UKBS gemachten Auflagen nahezu wortgleich aus der „GdW Arbeitshilfe 93 für Wohnungsunternehmen zum proaktiven Umgang mit Balkon-Photovoltaik-Anlagen“ entnommen, die der VdW Rheinland Westfalen seinen Mitgliedern zur Verfügung stellt. Dessen Sprecherin Lauras Brinkmann betont, dass sich „die sozial orientierte Wohnungswirtschaft dem Thema nicht verschließt, weil der Einsatz von Balkon-PV-Anlagen den Mietern die Gelegenheit gibt, einen Beitrag zur Energiewende zu leisten.“

Auch die UKBS will die Balkonkraftwerke nicht grundsätzlich verbieten. Allerdings müssten „rechtliche Fragen, die Prüfung technischer Voraussetzungen, Verkehrssicherungspflicht und Brandschutz sowie auch Fragen der Haftung für eine Genehmigung berücksichtigt und zwingend eingehalten werden“, betont auch der UKBS-Sprecher. „In der Praxis ist es leider nicht immer so einfach, ein Balkonkraftwerk in Betrieb zu nehmen, wie es oftmals in den Medien dargestellt wird, jedoch haben wir bereits mehrere Genehmigungen zur Anbringung von Balkon-PV-Anlagen ausgesprochen. Die Rückmeldung von Herrn Ertelt ist tatsächlich die erste dieser Art“, so Michael Heimsath weiter.

„In der Praxis ist es leider nicht immer so einfach, ein Balkonkraftwerk in Betrieb zu nehmen, wie es oftmals in den Medien dargestellt wird, jedoch haben wir bereits mehrere Genehmigungen zur Anbringung von Balkon-PV-Anlagen ausgesprochen.“

– Michael Heimsath (UKBS-Sprecher)

Dass die UKBS Frank Ertelt noch nicht wieder kontaktiert hat, erklärt Heimsath mit einem Missverständnis: Weil dieser in seiner letzten E-Mail darauf hingewiesen habe, das Antwortschreiben der UKBS an Minister Habeck weiterleiten zu wollen, hätten die Mitarbeiter im technischen Wohnungsmanagement zunächst auf seine Rückmeldung gewartet.

„Wir bedauern sehr, dass es aus Sicht von Herrn Ertelt offensichtlich unüberwindbare Hürden zu geben scheint, möchten aber nochmals darauf hinweisen, dass auch wir als Vermieter in der Pflicht stehen, die zuvor aufgeführten Sicherheitsaspekte einhalten zu müssen“, so Michael Heimsath. Der UKBS-Sprecher zeigte sich jedoch „zuversichtlich, dass Herr Ertelt einen Fachbetrieb findet, der mit einer fachgerechten Installation nach Vorgabe vertraut ist“.

Balkonkraftwerke, UKBS


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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