„Pisser“ vor Bäckerei Grobe kostet Holzwickeder 600 Euro
Eigentlich wollte Jürgen E. (57 Jahre) an jenem Sonntag im August diesen Jahres nur mit seiner Enkelin und seinem Schäferhund in der Bäckerei Grobe an der Nordstraße etwas einkaufen. Doch dann geriet er mit dem Ehepaar K., beide 76 Jahre alt, aus Holzwickede verbal aneinander. Auf dem unrühmlichen Höhepunkt des lautstarken Streits herrschte E. dann den Rentner K. an: „Mach dass Du wegkommst, Du Pisser!“ Dafür brummte Richterin Malcherek dem Angeklagten heute (6.11.) vor dem Amtsgericht Unna eine Geldstrafe in Höhe von 600 Euro wegen Beleidigung auf. Außerdem muss Jürgen E. die Kosten des Verfahrens tragen.
Streit entzündete sich Rentner, der Schäferhund streichelte
Entzündet hatte sich der Streit an dem Schäferhund, den der Holzwickeder draußen vor der Bäckerei angebunden hatte, um im Laden einzukaufen. Wenig später habe draußen ein älterer, gebrechlicher Senior mit Rollator versucht, den Hund zu streicheln. Mehrfach will E. den alten Mann aufgefordert haben, das zu unterlassen. Als der trotz mehrfacher Aufforderung nicht hören wollte, räumte E. gestern ein, habe er den alten Mann „an den Arm gefasst und beiseite geschoben“. Kurz darauf lief der ältere Herr allerdings in den Bäckerladen und beschwerte sich laut: „Der hat mich geschlagen!“
„Das habe ich nicht getan“, verteidigte sich E.. Daraufhin mischte sich K. ein, der als Gast mit seiner Frau im Laden saß, und behauptet: Er habe durchs Schaufenster gesehen, wie E. den alten Mann geschlagen habe – was E. vehement bestritt. Danach habe K. ihn ständig weiter provoziert und Streit gesucht, behauptete Jürgen E. gestern. Schließlich rief der schwerbehinderte 57-Jährige sogar seinen Schwiegersohn zu Hilfe, weil er sich mit seiner Enkelin und dem Hund im Schlepp von der Situation überfordert fühlte.
„Pisser“ oder „verpiss Dich“ – das war vor Gericht die Frage
Mit seinem Schwiegersohn saß E. schließlich draußen am Tisch, als die Eheleute K. die Bäckerei verließen, um zu ihrem Auto zu gehen. Im Vorbeigehen kam es dann erneut zu einem Wortgefecht, bei dem dann die Beleidigung fiel. Vor Gericht blieb K. gestern dabei: Jürgen E. habe den alten Mann so ruppig geschlagen oder gestoßen, dass dieser beinahe rückwärts gefallen wäre. Beide Eheleute K. sagten auch übereinstimmend aus, dass die Bezeichnung „Pisser“ später vor dem Laden gefallen sei. Dabei sei die angebliche Körperverletzung des alten Mannes und der nachfolgende Streit mit E. für ihn eigentlich schon erledigt gewesen, meinte K. gestern. Doch den „Pisser“ zum Abschied wollte er nicht mehr hinnehmen – und rief die Polizei.
Das böse Wort will E. dagegen nicht in den Mund genommen haben. Er habe lediglich „verpiss Dich“ zu K. gesagt, weil dieser ihn ständig weiter provoziert habe, behauptete er auf der Anklagebank.
Klarheit konnte auch der Schwiegersohn nicht mit seiner Aussage schaffen. Er hatte die Beleidigung zwar nicht gehört, konnte aber auch nicht ganz ausschließen, dass sie gefallen sei. Und auch die beiden Bäckerei-Mitarbeiterinnen konnten im Zeugenstand nichts zu diesem Punkt sagen.
Fünf einschlägige Vorstrafen: Anklage forderte sogar Haftstrafe
Trotzdem forderte die Staatsanwältin sogar eine Haftstrafe von zwei Monaten zur Bewährung wegen Beleidigung für Jürgen E. Der Grund: Der 57-jährige Holzwickeder hat bereits satte 17 Verurteilungen auf seinem Kerbholz, davon die letzten fünf alle wegen Beleidigung. Richterin Malcherek beliß es dennoch „nur“ bei einer Geldstrafe von 600 Euro für Jürgen E.. Die Eheleute K. seien ihr als Zeugen absolut glaubwürdig erschienen und hätten keine unnötigen Belastungstendenzen erkennen lassen, so die Richterin. Ihre Schilderung des Sachverhaltes sei überzeugend und nachvollziehbar gewesen. Wenn E. sich tatsächlich zu Unrecht bezichtigt gefühlt habe, den alten Mann geschlagen zu haben, sei die Atmosphäre sicherlich „aufgeheizt“ gewesen. Und schließlich habe selbst E.’s Schwiegersohn als Zeuge nicht ausschließen können, dass der beleidigende Begriff gefallen sei.