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Holzwickeder vergewaltigt 36-Jährige einen Tag nach seiner Haftentlassung: Zwei Jahre und drei Monate Haft

Mit einer Reststrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, wurde der 43-jährige Holzwickeder B. im März aus der Haft entlassen. Offenbar beeindruckte die Haft den verheirateten Vater von zwei Kindern nicht: Nur einen Tag später soll er an einer 36 Jahre alten Holzwickederin gegen ihren Willen sexuelle Handlungen vorgenommen haben. Deshalb musste sich der Holzwickeder heute vor dem Schöffengericht Unna einer Anklage wegen Vergewaltigung stellen.

Die Anklage wirft dem Angeklagten vor, unmittelbar in der Nacht vom 11. auf den 12. März des Jahres die Geschädigte in ihrer Wohnung in Holzwickede aufgesucht zu haben. Die 36-Jährige und B. kannten sich entfernt, da B. schon öfters Renovierungsarbeiten für ihre Familie erledigt hat. Sie ließ den B. herein. In der Wohnung soll B. die zierliche Frau dann von hinten umfasst haben, so dass sie ihre Arme nicht mehr bewegen konnte, und seine Hand in ihre Hose geschoben haben und mit den Fingern in ihre Vagina eingedrungen sein. Die Geschädigte konnte sich befreien und gab B. deutlich zu verstehen, dass sie seine Zudringlichkeiten ablehnt. Kurz darauf soll er die Frau erneut ergriffen und seine linke Hand wieder in ihre Hose geschoben haben und mit den Fingern in sie eingedrungen sein. Der Geschädigten gelang es, den Angeklagten wegzudrücken, der daraufhin seine Hose öffnete und anfing, mit seinem Glied zu spielen. Dennoch gelang es der Frau, die Situation zu deeskalieren und den 43-Jährigen aus dem Haus zu bringen.

Angeklagte hat keine Erinnerung mehr an Tat

Auf der Anklagebank ließ B. über seinen Anwalt erklären, dass er stark betrunken war und keinerlei Erinnerungen mehr an den Abend habe: „Mein Mandant stellt aber ausdrücklich klar, dass er die Tatvorwürfe nicht in Bausch und Bogen bestreitet. Er wäre auch sogar bereit, sich zu entschuldigen. Er kann sich nur an nichts mehr erinnern“, so der Anwalt.

Der 36 Jahre alten Geschädigten, die anschließend in den Zeugenstand berufen wurde, fiel die Aussage sichtlich schwer. Nachdem sie sich gefasst hatte, schilderte sie dennoch sachlich und detailliert, was an dem fraglichen Abend passierte. B. habe gegen 23 Uhr plötzlich in ihrem Garten gestanden. „Ich habe ihn gefragt, was da macht und wie dort hingekommen ist“, so die Zeugin. Polizeibeamten hätten ihr später erklärt, dass B. über die Hecke ihres Grundstücks geklettert sein muss. Da sie B. von den Arbeiten für ihre Mutter her kannte, habe sie sich auf ein Gespräch mit ihm eingelassen. Er habe ihr erzählt, dass er gerade aus dem Knast entlassen sei und nun bei seinem Sohn wohne. Schließlich habe sie B. über die Terrasse in ihre Küche mitgenommen, um sich bei einem Bier zu erkundigen, wie es B. geht und was er nun vorhat wieder in Freiheit. „Ich hatte keinen Anlass zu Misstrauen gehabt. Es ist vorher noch nie etwas Auffälliges gewesen.“

Zweimal seine Hand in ihre Hose geschoben

Sie habe auch nicht bemerkt, dass B. stark betrunken war. Im Laufe des Gesprächs habe B. dann eine große, fast geleerte Flasche Schnaps aus der Kleidung gezogen und versucht, ihr körperlich näher zu kommen. „Ich habe mich weggedreht und ihm deutlich gesagt, dass ich nicht an körperlicher Nähe interessiert bin.“ Daraufhin habe er sie von hinten gepackt, seine Hand vorne in ihre Hose geschoben und sei mit den Fingern in ihre Vagina eingedrungen. „Dann hat er seine Finger abgeleckt.“  Sie habe ihn wegdrücken können und versucht, ihn auf Distanz zu halten. Doch kurz darauf habe er sie erneut von hinten gepackt und sei mit der Hand in ihre Hose eingedrungen. „Dann hat er wieder seine Finger abgelutscht und sich dabei kaputtgelacht.“

Sie habe die ganze Zeit überlegt, wie sie B. diplomatisch loswerden könnte, ohne die Situation weiter zu eskalieren. „Ich habe ihm mindestens dreimal gesagt, dass er gehen soll.“ Irgendwann habe sie ihn dann nach draußen über die Terrasse in den Garten schieben und die Tür schließen können. Verängstigt habe sie durchs Fenster nachgesehen, ob B. auch wirklich weg sei.

Auf Nachfragen von Richter Jörg Hüchtmann, ob B. freiwillig mitgegangen sei, erklärte die Zeugin: „Ja, er fand das alles sehr lustig oder lächerlich.“ Ob Sie den Eindruck hatte, dass B. massiv betrunken war? „Nein, er kam mir höchstens etwas angeheitert vor. Ich konnte mich auch gut mit ihm unterhalten. Er kam mir nur etwas alberner vor. Aber er torkelte oder taumelte nicht.“

Geschädigte leidet unter den Folgen

Auf Nachfrage des Richters, wie es ihr nach dem Vorfall mit B. heute geht, erklärte die 36-Jährige: „Ich entdecke Verhaltensweisen an mir, die ich vorher nicht an mir kannte. Das ist total scheiße.“ Sie sei viel ängstlicher geworden, schließlich Türen jetzt immer ab und habe neulich eine Panikattacke bekommen, nur weil fremde Männer an ihrer Tür klingelten, die sich später als Paketboten entpuppten. „Ich habe auch schon versucht, psychologischen Beistand zu bekommen. Doch das ist gar nicht so einfach“, so die Geschädigte. „Das ist alles total doof.“

Auch nach ihrer Aussage blieb der Angeklagte dabei, sich an nichts erinnern zu können. Trotzdem entschuldigte er sich: „Es tut mir wirklich leid. Ich verabscheue eigentlich Gewalt und erkenn mich gar nicht wieder in der Aussage.“

Das Vorstrafenregister von B. weist eine Haftstrafe wegen Anbaus und Handels mit unerlaubten Betäubungsmitteln sowie eine Geldstrafe wegen Hausfriedensbruch und Bedrohung aus.

„Ich entdecke Verhaltensweisen an mir, die ich vorher nicht an mir kannte. Das ist total scheiße.“

– die Geschädigte (36 J.)

Die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer den Anklagevorwurf als erwiesen an, da B. keine Erinnerung hat und es keinerlei Anhaltspunkte für eine Falschaussage der Geschädigten gibt. Da B. seinen Finger gegen den Willen der Geschädigten in sie einführte, habe er sich der Vergewaltigung schuldig gemacht. Es gebe keine Hinweise auf eine Schuldunfähigkeit des Angeklagten, wenngleich zu dessen Gunsten anzunehmen ist, dass er alkoholisiert und vermindert schuldfähig war.  Gegen den Angeklagten sprechen auch seine Vorstrafen sowie der Umstand, dass er nur einen Tag nach seiner Entlassung aus der Haft die Tat begangen habe. Sein Opfer sei durch die Tat nach wie vor schwer beeinträchtigt und leide unter Angstzuständen. Deshalb forderte die Anklagevertreterin eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten für B.

Dessen Verteidiger hielt dagegen eine Bewährungsstrafe unter zwei Jahren für  angemessen. Die Tat so kurz nach der Entlassung sei anders zu bewerten. „Ich denke, mein Mandant wollte nur reden. Leider hat er sich dann auch der Zeugin sexuell genähert. Doch das war nicht von Anfang an sein Plan, das hat sich aus der Situation ergeben.“ Zudem sei sein Mandant gerade auf gutem Weg, sein Leben in den Griff zu kriegen: Er habe einen Arbeitsvertrag für eine gut dotierte Stelle ab 15. August und unternehme auch sonst alle Anstrengungen, seine Verhältnisse zu ordnen, wie auch der Bericht seines Bewährungshelfer zeige.

Frau handelte „in bewundernswert deeskalierender Weise“

Nach längerer Beratung lautete das Urteil von Richter Hüchtmann schließlich auf zwei Jahre und drei Monate Haft ohne Bewährung wegen Vergewaltigung im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit.  Es gebe einen „klaren Sachverhalt“, so der Richter in seiner Urteilsbegründung. Die Zeugin habe sehr glaubwürdig geschildert, dass es ein zunächst freundliches Gespräch gab und sie sehr deutlich gemacht habe, dass sie an körperlichen Kontakten kein Interesse hat. Nachdem der Angeklagte sie trotzdem zweimal gepackt und mit dem Finger in sie eingedrungen sei, habe sie B. „in bewundernswerter deeskalierender Weise“ nach draußen bringen können. Wobei dem Angeklagten hier zugutegehalten werden müsse, dass er trotz körperlicher Überlegenheit freiwillig mitgegangen sei.

Wie die Tat die Geschädigte belastet, „war für alle hier im Saal heute erkennbar“, so Richter. „Dabei wollte die Zeugin einfach nur freundlich sein zu jemanden, den sie nur lose kannte.“ Daher komme auch keine Bewährungsstrafe infrage.

Gegen das Urteil sind noch Rechtsmittel möglich.

Vergewaltigung


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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