Skip to main content

Holzwickeder (33 J.) für Faustschlag ins Gesicht der Freundin zu drei Monaten Haft zur Bewährung verurteilt

Es war eines dieser Verfahren, das erahnen lässt, welche menschlichen Tragödien sich in einer Beziehung abspielen müssen. Doch Juristen haben vor Gericht nur den strafrechtlichen Aspekt zu beurteilen. Bei dem 33 Jahre alten W. aus Holzwickede, der sich heute (24. Februar) vor dem Amtsgericht Unna zu verantworten hatte, lautete dieser auf Körperverletzung.

Am 11. August vorigen Jahres soll der Holzwickeder seiner 31 Jahre alten Freundin, die mit ihrer knapp zwei Jahre alten Tochter bei ihm im Auto saß, im Streit mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Als seine Freundin dann mit ihrer Tochter auf dem Arm aus dem Auto flüchten konnte, soll er sie verfolgt und mit Bier überschüttet haben.

Mit dieser Anklage konfrontiert, reagierte der Holzwickeder zunächst wortkarg. Das Ganze täte ihm leid. Der Streit hätte nie passieren dürfen. Er liebe seine Freundin und ihre Tochter wie sein eigenes Kind und möchte auch weiter mit ihr zusammen sein. Auf Nachfrage von Amtsrichter Frie, was denn genau im Auto passiere sei und worum es in dem Streit ging, machte der 33-Jährige Erinnerungslücken geltend. „Es gab ein Gerangel im Auto. Aber ich habe sie nicht ins Gesicht geschlagen. So etwas würde ich nie tun, das ist gar nicht meine Art.“

Mutter mit Kind auf Arm angegriffen

 „Ihre Freundin hatte aber eine starke Rötung auf der Wange. Also muss doch etwas passiert sein“, hakte der Richter nach. „Meine Freundin ist auch sehr impulsiv. Wir waren beide nicht mehr ganz bei Sinnen. Dann muss das bei der Abwehr passiert sein“, so der Angeklagte. Doch der Richter ließ nicht locker und W. erklärte dann: „Sie wollte unbedingt aussteigen und ich wollte mich versöhnen. Sie hat mir eine Dose Energydrink ins Gesicht geschüttet und ich ihr Bier. Hinterher sieht so etwas immer schlimmer aus als es eigentlich war“, beschwichtigte der Holzwickeder. „Wir sind auch immer noch zusammen und sie hat anschließend auch versucht, die Anzeige zurückzuziehen.“

Richter Frie erklärte dem 33-Jährigen daraufhin, dass die Staatsanwaltschaft aufgrund seiner Vorgeschichte ein öffentliches Interesse darin gesehen hat, das Verfahren zu eröffnen. „Es lag also nicht mehr in ihrem Ermessen.“

Schließlich ist der 33-Jährige schon einmal mit rechtskräftigen Strafbefehl wegen Körperverletzung verurteilt worden, weil er seine Freundin schon einmal auf den Boden geworfen hat – und auch da hatte sie ihr Kind auf dem Arm.

„Ich weiß, es war nicht richtig“, räumte der Angeklagte den neuerlichen Angriff ein. „Aber ich kann nicht einmal den Grund sagen, warum wir gestritten haben.“   

Zeugin zeichnet Bild eines aggressiven Alkoholikers

„Welche Provokation rechtfertigt es, seine eigene Freundin mit ihrer Tochter, die Sie nach eigner Aussage lieben wie ihr eigenes Kind, derart anzugreifen?“, wollte Richter Frie wissen. „So etwas kann nicht sein. Was ist da passiert im Auto? Sie wollten ihr auch noch das Handy abnehmen, weil sie die Polizei rief. Haben Sie ein Aggressionsproblem?“ Alkoholisiert war W. nach eigener Aussage dagegen nicht.

Was seine Freundin anschließend im Zeugenstand aussagte, zeigte ein ganz anderes Bild des Angeklagten, als dieser von sich selbst zeichnete. Was am Tattag passiert sei, wisse sie gar nicht mehr so genau, sagte die Zeugin: „Ich kann mich aber noch genau daran erinnern, dass wir im Auto unterwegs waren und ich nach Hause wollte. Doch er ließ mich nicht aussteigen und fuhr immer weiter. Es gab einen Streit und irgendwann schlug er mir mit der Faust ins Gesicht“, so die 31-Jährige. „Das war nur einer von tausenden solcher Vorfälle. Es sind so viele Dinge passiert, dass ich sie kaum noch auseinanderhalten kann. Und immer ist Alkohol im Spiel bei ihm.“

„Das war nur einer von tausenden solcher Vorfälle. Es sind so viele Dinge passiert, dass ich sie kaum noch auseinanderhalten kann.“

– Zeugin (31 J.)

Die Freundin räumte ein: „Ich kann auch provozierend sein. Aber der Alkohol ist sein großes Problem.  Er trinkt jeden Tag und ist dann eine große Gefahr für seine Mitmenschen. Denn er fährt auch Auto unter Alkoholeinfluss und ist quer durch Deutschland auf der Autobahn unterwegs. Das ist unverantwortlich.“

Silvester sei W. sturzbetrunken aus der Wohnung geholt worden. Einen Tag vor Heiligabend habe er ihr die Nase blutige Nase geschlagen. „Die ganze Wohnung war voller Blut.“

Noch immer ein Paar

„Bin ich denn ein schlechter Mensch?“, fragte W. daraufhin seine Freundin. „Ja, denn, was Du alles getan hast, macht nur ein schlechter Mensch“, so ihre Antwort.

Eigentlich unverständlich, warum sie dennoch auf Nachfrage des Richters bestätigt: „Ja, wir sind noch ein Paar, wir wohnen aber nicht zusammen.“

Nachdem seine Freundin den Saal wieder verlassen hatte, jammerte der Angeklagte: „Ich will diese Frau nicht verlieren. Sie ist meine Familie und mein bester Kumpel.“  – „Wenn Sie sie so gerne haben, frage ich mich, wie so etwas passieren kann?“, war auch der Richter ratlos.

Schließlich gab W. zu, ein Alkoholproblem zu haben. Er trinke „jeden Tag Bier, so zwei bis drei Flaschen“. — „Das ist nicht wenig“, so der Richter. Auf seine mehrmalige Nachfrage stimmte der Angeklagte schließlich sogar zu, eine freiwillig eine ambulanten Therapie anzutreten.

Ambulante Therapie als Auflage

Die Staatsanwältin sah in ihrem Plädoyer den Tatvorwurf bestätigt, im Kern auch durch den Angeklagten, vor allem aber durch die Aussage der Freundin. Auch wenn sich diese nicht mehr an alle Details erinnern konnte, habe sie doch den Faustschlag in ihr Gesicht bestätigt. Angesichts der einschlägigen Vorstrafe des Angeklagten hielt die Staatsanwältin deshalb eine Freiheitsstrafe von zwei Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, für angemessen.

Das Urteil von Richter Frie lautete schließlich auf drei Monate Haft zur Bewährung auf drei Jahre ausgesetzt. Außerdem bekam W. die Auflage, eine ambulante Therapie anzutreten und 250 Euro an den Kinderschutzbund zu überweisen.

Dafür, dass es sich bei dem Faustschlag um eine Art Notwehr gehandelt haben könnte, hatte der Richter keinerlei Hinweise erkennen können. Die Verletzungen der Geschädigten seien zwar nicht schwerwiegend gewesen. Doch auch die Tatumstände seien zu berücksichtigen: So habe der Angeklagte seine Freundin zunächst nicht aus dem Auto gelassen, habe sie dann anschließend verfolgt und mit ihrem Kind auf dem Arm angegriffen. Genau dies habe W. auch schon einmal seiner Freundin und ihrem Kind angetan, wofür er auch bestraft worden sei. Deshalb sei eine Geldstrafe allein nicht mehr in Betracht gekommen.

Körperverletzung


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert