Die Partei bringt Stolpersteine auf Hochglanz: „Der braune Dreck muss weg“
Im Sommer gründete sich auch in Holzwickede ein politischer Ableger der von dem Satiriker und Journalisten Martin Sonneborn ins Leben gerufenen „Die Partei“. Nicht wenige dürften vermutet haben, dass es sich bei der jüngsten Holzwickeder Partei um eine reine Spaßveranstaltung handelt. Sie haben sich getäuscht: Mitglieder des Ortsvereins „Die Partei“ haben am gestrigen Sonntag (24. November) alle in der Emschergemeinde verlegten Stolpersteine eigenhändig auf Hochglanz poliert.
Ende Juni gründeten Justus Scherding (25 Jahre) gemeinsam mit einigen Gleichgesinnten in der Gaststätte „Zum Fässchen“ den Ortsverein Holzwickede. Er selbst übernahm das Amt des Vorsitzenden. Auch die übrigen Vorstandsämtern wurden besetzt: Zum stellvertretenden Vorsitzenden wurde Jan Simon, zum Schatzmeister Jonas Siebert (26 J.), zum Sportbeauftragten Jan Brückhändler (22 J.) und zum Drogenbeauftragten Lukas Kaldenbach (22 J.) gewählt. Sie alle und Parteimitglied Jonas Menn (23 J.) waren an der Putzaktion gestern beteiligt.
Nachdem Die Partei bei der Europawahl in diesem Jahr ihren Stimmenanteil überraschend vervierfachen konnte, hatten sich in etlichen Kommunen im Umland, darunter auch in Dortmund und Schwerte, Ableger gegründet. „Wir haben auch schon einen Kreisverband, der aber leider noch inaktiv ist“, sagt Justus Scherding.
„Wir wollen hier in Holzwickede ernsthaft politisch arbeiten“, versichert der Vorsitzende allen Zweiflern. „Unser Ziel ist es, bei den Kommunalwahlen 2020 den Gemeinderat und die Regierungsverantwortung in Holzwickede zu übernehmen.“
Politische Arbeit ist dem 25-jährigen Vorsitzenden nicht fremd. Er selbst war früher bei den Jusos aktiv, seine Mutter ist es noch immer in der SPD in führender Funktion.
Lag es da nicht näher, sich in der SPD zu engagieren? „Nein, mir persönlich hat die Bundes- und Landespolitik der SPD nicht mehr gefallen“, erläutert Justus Scherding. „Tatsächlich habe ich Die Partei vorher schon sehr lange beobachtet. Im Anschluss an die Bundestagswahl habe ich dann für mich entschieden, dass ich keine politische Zukunft mehr in der SPD haben werde. Ich wollte mich aber weiter politisch engagieren, auch in Holzwickede.“ Denn mit der Gemeinde Holzwickede, betont der Partei-Vorsitzende, verbinde ihn sehr viel. „Hier bin ich zum größten Teil aufgewachsen. Ich habe nur mal kurz in den Ostrandgebieten der Republik gelebt, in Frankfurt a.d. Oder. Aber Holzwickede ist meine Heimat und mein Wohnort, wo ich mich auch einbinden möchte. Auch alle anderen Mitglieder kommen übrigens hier aus der Gemeinde.“
Bei allem Spaß auch ernsthafte politische Arbeit
Obwohl der Humor bei der politischen Arbeit nicht zu kurz kommen soll, versichert Justus Scherding: „Wir keine Spaßpartei, wie die FDP das ist. Wir wollen ernsthaft regieren und den Leuten in Holzwickede das Leben etwas besser machen. Das betrachten wir als unseren Auftrag.“ Einen eigenen Bürgermeisterkandidaten hat Die Partei für Holzwickede noch nicht aufgestellt. „Aber wir behalten uns das vor“, meint der Ortsvereinsvorsitzende.
Auch lokales Parteiprogramm hat der Ortsverein der etwas anderen Partei noch nicht. „Wir sind allerdings auch noch nicht in der Regierungsverantwortung“, kann sich Scherding ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Wir wollen vor allem sozial- und umweltpolitische Verbesserungen hier in Holzwickede für die Menschen angehen.“ Natürlich habe Die Partei auch ein ordentliches Parteiprogramm, das man auf der Internetseite der Bundespartei nachlesen könne.
Warum Die Partei in Holzwickede heute als Aktion die Stolpersteine säubert und nicht, beispielsweise Müll aufsammelt, begründet der Vorsitzende so: „Müll sammelt doch schon die Junge Union. Die machen sozusagen die Drecksarbeit für uns. Wir kümmern uns lieber um das Gedenken an die Menschen, die hier aus Holzwickede unter dem Nazi-Regime gelitten haben und vertrieben und gefoltert worden sind. Das scheint uns nötig, weil der Trend auf Bundesebene leider so ist, dass Parteien, die rechtsradikales Gedankengut pflegen, sich immer größerer Beliebtheit erfreuen.“
Aber auch in Holzwickede gibt es so etwas, meint Scherding. „Letztens habe ich erst in den sozialen Medien gelesen, dass einige Leute rechtsradikale Parolen grölend durch die Gemeinde gelaufen sind. Es war zwar nur eine kleine Gruppe, aber so etwas brauchen wir hier nicht. Dieser braune Dreck gehört raus aus Holzwickede. Da haben wir uns gedacht: Wir entfernen den braunen Dreck heute von den Stolpersteinen, damit die wieder in vollem Glanz erstrahlen und die NS-Opfer nicht vergessen werden, an die mit den Stolpersteinen erinnert werden soll.“
Mit der sonntäglichen Säuberungsaktion hat sich das Engagement der Mitglieder der etwas anderen Partei natürlich nicht erschöpft. „Wir werden auch weiterhin alle öffentlichen Rats- und Ausschusssitzungen besuchen“, kündigt der Ortsvereinschef an. Auch auf dem Holzwickeder Weihnachtsmarkt wollen sich die insgesamt acht Mitglieder am Wochenende treffen. „Leider dürfen wir als Partei nicht mit einem eigenen Stand auftreten.“
Bei einigen Dingen versteht die Gemeinde eben keinen Spaß.
Greta Meister
„Warum Die Partei in Holzwickede heute als Aktion die Stolpersteine säubert und nicht, beispielsweise Müll aufsammelt, begründet der Vorsitzende so: „Müll sammelt doch schon die Junge Union. Die machen sozusagen die Drecksarbeit für uns. Wir kümmern uns lieber um das Gedenken an die Menschen, die hier aus Holzwickede unter dem Nazi-Regime gelitten haben und vertrieben und gefoltert worden sind. “
Der Nazi-Opfer hier zu gedenken ist eine gute Aktion. Aber muss man sich derart despektierlich über die Arbeit der Jungen Union äußern? Vielleicht sollte der Vorsitzende seine Wortwahl und seinen wertenden Stil im Umgang mit anderen Menschen einmal überdenken.
Karsten
Ihnen ist schon bewusst, dass es sich bei „Die Partei“ um eine Satirepartei handelt?