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Acht Dinge über den Bürgerentscheid, die jeder wissen sollte

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Die Holzwickeder können noch bis Sonntag darüber entscheiden, ob sie sich hier ein Wohnbaugebiet vorstellen können oder nicht: Haupteingang der die Emscherkaserne. (Foto: Peter Gräber)

Wer darf bei dem Bürgerentscheid überhaupt abstimmen?

Wahlberichtigt sind alle EU-Bürger mit Hauptwohnsitz in Holzwickede ab 16 Jahren, d.h. genau 14 473 Personen (so viele wie bei der Kommunalwahl).  Alle Wahlberechtigten sind von der Gemeinde vor Beginn des Bürgerentscheids angeschrieben worden und haben gleichzeitig ein Abstimmungsheft erhalten.

Warum hat die Gemeinde ein Abstimmungsheft mit den Wahlbenachrichtungen  verschickt?

Nun, die Gemeindeverwaltung wollte sicher gehen, dass alle Wahlberechtigten auch grundsätzlich darüber informiert sind, worüber sie entscheiden. Deshalb enthält das Abstimmungsheft, das an alle Wahlberechtigten verschickt wurde, neben den Hinweisen zum Ablauf der direkten Stimmabgabe (Öffnungszeiten, Wahllokal, usw.) oder zur Briefwahl auch Beiträge von den Parteien im Rat, in denen sie ausführlich über ihre Position und Stimmempfehlung informieren. Auch der Bürgermeister der Gemeinde, der in dieser Angelegenheit nicht zur Neutralität verpflichtet ist, hat in dem Abstimmungsheft seine Wahlempfehlung dargelegt.

Wie hoch ist die Wahlbeteiligung bisher?

Eine endgültige Prozentzahl gibt es erst nach der Auszählung – wie bei einer Kommunal- oder Landtagswahl auch. Nach Einschätzung von Uwe Detlefsen, dem 1. Beigeordneten der Gemeinde, wird der Bürgerentscheid „bislang gut angenommen“. Auch kurz vor dem Ende des Bürgerentscheids gibt es täglich noch eine ganze Reihe von Bürgern, die ihre Stimme im Bürgerbüro abgeben wollen. „Mein Eindruck ist, dass der größte  Schwung aber schon durch ist“, so Detlefsen.

Wie lange kann noch gewählt werden?  

Die wahlberechtigten Holzwickeder können noch bis einschließlich kommenden Sonntag, 28. September, 16 Uhr, ihre Stimme im Bürgerbüro an der Allee abgeben.  Danach wird im Sitzungssaal die Auswertung erfolgen und das Ergebnis sofort (etwa gegen 19 Uhr)  bekanntgegeben. Auch im Internet wird das Ergebnis unter http://www.holzwickede.de/aktuelles/sp_auto_1.php bekanntgegeben. Anders als bei einer Kommunal- oder Landtagswahl gibt es keine Stimmbezirke beim Bürgerentscheid, sondern nur zwei Ergebnisse: das der unmittelbaren Wahl und das Briefwahlergebnis.

Mit welcher Stimmenzahl haben die Initiatoren des Bürgerentscheids ihr Ziel erreicht?

Der Erfolg eines Bürgerentscheids ist in NRW an ein Zustimmungsquorum von 20 Prozent geknüpft. Das heißt:  Damit der Bürgerentscheid in Holzwickede erfolgreich ist, müssen 20 Prozent aller Wahlberechtigten (= 2895 Personen) die Frage: „Soll der Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplanes für den Bereich der Emscherkaserne aufgehoben werden?“, mit JA beantwortet haben auf ihrem Stimmzettel.

Die Emscherkaserne aus der Vogelperspektive. (Foto: www.googlemaps.de)

 

Was passiert bei einem Erfolg des Bürgerentscheids?

Der Grundsatzbeschluss des Rates zur  Aufstellung eines Bebauungsplanes für das Kasernengelände gilt mit einem Erfolg des Bürgerentscheids als formal aufgehoben. Grundsätzlich kann der Gemeinderat diese Entscheidung auch nicht wieder aushebeln. Bürgerentscheide sind verbindlich und einem gleichlautenden Beschluss des Gemeinderates  gleichgestellt. Dies unterscheidet sie von der unverbindlichen Bürgerbefragung, die nur  empfehlenden Charakter hat. Die Verbindlichkeit von Bürgerentscheiden verhindert aber nicht, dass der Gemeinderat zu einem späteren Zeitpunkt einen Beschluss fasst, der das Ergebnis des Bürgerentscheids abändert oder aufhebt.

Wie lange gilt der Bürgerentscheid?

Der Gemeinderat ist natürlich nicht für alle Ewigkeit an den Bürgerentscheid gebunden. Für wie lange genau, ist leider nicht eindeutig geregelt.  Uwe Detlefsen, der 1. Beigeordnete Holzwickedes, geht davon aus, dass „mindestens zwei Jahre lang erst einmal gar nichts passiert“, bevor der Holzwickeder Rat  in dieser Thematik wieder aktiv werden könne. Ob der Rat in dieser Zeit ganz andere Planungsziele als Wohnungsbau für das Kasernengelände beschließen könnte – auch das ist nicht eindeutig klar und müsste erst juristisch geprüft werden. Unstrittig ist allerdings: Die Unterbringung von Flüchtlingen in der Emscherkaserne wäre  unabhängig vom Ausgang des Bürgerentscheids jederzeit möglich.

Was passiert bei einem Scheitern des Bürgerentscheids?

Nun, dann rollen nicht sofort die Bagger an. Vermutlich wird noch längere Zeit erst einmal gar nichts passieren.  Letztlich müssten sich drei Beteiligte, die Kommune (Planungshoheit), der Bund (Eigentümer) und ein möglicher Investor (Käufer/Entwickler) zunächst auf einen gemeinsamen Nenner verständigen, bevor sichtbare Bewegung in die Sache kommt.  Zurzeit gibt es nicht einmal einen Bebauungsplan für das Areal. Der Gemeinderat hat bisher lediglich seine grundsätzliche Absicht geäußert, einen Bebauungsplan aufstellen zu wollen, der etwa 50 Prozent der Fläche mit preiswertem Bauland vorsehen soll. Scheitert der Bürgerentscheid am Sonntag wächst allerdings die Chance, dass interessierte Investoren Verhandlungen mit dem Bund als Eigentümer (vertreten durch die BImA)  über einen Erwerb des Kasernengeländes aufnehmen.  Wie lange das dauert,  hängt natürlich davon ab, ob es überhaupt interessierte Investoren gibt. Angeblich soll die beta Eigenheim GmbH, die auch schon die Carolinefläche entwickelt hat, interessiert sein. Ein Investor müsste sich zunächst über einen Kaufpreis und weitere Modalitäten (Altlastenfrage, usw.) mit dem Eigentümer verständigen. Die Gemeinde Holzwickede wäre an diesen Verhandlungen nicht beteiligt.  Hier könnte der politische Gestaltungswille von SPD und CDU auch schon an seine Grenzen stoßen. So sieht der Grundsatzbeschluss des Gemeinderates zwar vor, dass etwa  50 Prozent der Fläche bebaut werden sollen und dies auch noch zu familienfreundlichen Preisen. Gelangt ein Investor aber zu der Ansicht,  dass diese Auflagen bei den Preisvorstellungen des Eigentümers (BImA) für die Kasernenfläche nicht wirtschaftlich sind, springt er entweder ab oder die Gemeinde muss ihren Grundsatzbeschluss ändern. Um genau diesen Handlungsspielraum zu haben, hat der Gemeinderat wohlweislich noch keinen fixen Bebauungsplan beschlossen, sondern nur einen Grundsatzbeschluss gefasst.

Politik


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

Kommentar

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