87-jährige Zeitzeugin berichtet Kindern der OGS der Dudenrothschule von ihrer Flucht nach dem Krieg
Vier Kinder der Offenen Ganzstagsschule (OGS) der Dudenrothschule hatten am vergangenen Dienstag (7.11.) einen ganz besonderen Gast: Die Zweitklässler befassen sich im Rahmen des Wettbewerbs „Begegnungen mit Osteuropa“ mit dem Thema Flucht und Vertreibung und hatten dazu die 87 Jahre alte Ruth Schröder als Zeitzeugin zu diesem sicher nicht ganz einfachen Thema eingeladen.
Die Aufgabenstellung des Projekts: Stellt Euch vor, Ihr müsstet von heute auf morgen für immer Euer Zuhause verlassen und könntet nur das mitnehmen, was Ihr selbst tragen könnt. So erging es vor mehr als 75 Jahren vielen Menschen in Schlesien, die sich während des Zweiten Weltkriegs auf die Flucht begaben oder hinterher Opfer der Vertreibungen wurden. Und so ergeht es bis heute immer wieder Menschen überall auf der Welt, die aus Angst vor Krieg, Gewalt und Unterdrückung aus ihrer Heimat flüchten und dabei alles zurücklassen müssen.
Vor ihrem Besuch hatten sich die Kinder deshalb Fragen überlegt und diese an Ruth Schröder geschickt. Auf die ging sie bei ihrem Besuch dann auch ein. Die 87-Jährige schaffte es mit ihrem Schicksal und der anschaulichen Erzählung darüber schnell, die Kinder in ihren Bann zu ziehen. Ruth Schröder ist mit ihren drei Schwestern, der Mutter und ihrem Vater, der ein großes Landgut hatte, in einem Dorf in der Nähe von Breslau aufgewachsen. Ihr Vater, der auch Bürgermeister war, stellte zu Kriegsende einen Treck aus 20 Pferdefuhrwerken zusammen, mit dem die Dorfgemeinschaft aus Niederschlesien flüchtete. Untermauert von vielen Fotos und Zeitungsausschnitten berichtete die 87-Jährige von dieser Flucht aus Niederschlesien.
„Die Kinder waren ganz gespannt und sehr fasziniert von ihren Erzählungen“, berichtet Elisabeth Nawroth, die das OGS-Projekt betreut. „Natürlich hat Frau Schröder die ganz schlimmen Erfahrungen weggelassen, aber sie hat den Kindern kindgerecht und eindringlich nähergebracht, dass Kriege nie gut sind und sie alles tun sollten, um einen Krieg zu verhindern. Mich persönlich hat besonders beeindruckt, welche positive Lebenseinstellung diese Frau ausstrahlt, obwohl sie doch so viel Schlimmes erlebt hat“, meint. Elisabeth Nawroth. „Trotz des schwierigen Themas haben die Kinder ganz gespannt zugehört und sich das von Ruth Schröder mitgebrachte Material interessiert angeschaut.“
J. Häusler
Von solchen Begegnungen braucht es erheblich mehr, bevor niemand mehr da ist, um davon aus erster Hand zu berichten. Meinen Respekt an Frau Schröder!
In unserer Familie wurde das Thema Flucht und Vertreibung eher immer nur am Rande angekratzt bzw. verschämt dazu geschwiegen.
Karsten
Stimme dem uneingeschränkt zu. Leider wurde das Thema mehr oder minder auch bei uns totgeschwiegen. Vielleicht hätten wir unsere grantige Oma besser verstehen können, hätte man mehr miteinander über ihre Flucht aus Ostpreussen geredet.
Margret
Ich bin Nachfahrin von Familien, die Anfang 1945 aus den historisch deutschen Ostgebieten vertrieben wurden. Aus ihren Berichten weiß ich die Bedeutung einzuschätzen. Ich habe daher ihre Erinnerungen, ergänzt um eigene Recherchen, in einer Familienchronik festgehalten. Hieraus entstand am Beispiel meiner Familie die Schilderung über Menschen, die durch die Vertreibung ihr Gut, ihre Heimat, ihre sozialen Bindungen und ihren gesellschaftlichen Status verloren und auf der Flucht ihr Leben, ihren Stolz und ihre Gesundheit verloren haben. Dieses von Millionen Betroffenen ähnlich erlittene Schicksal Leid soll zumindest in meiner Familie nicht in Vergessenheit geraten.