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Dr. Marco Tusche (Die Grünen) lädt regelmäßig zu einem offenen ÖPNV-Stammtisch ins Rathaus ein. Seine Fraktion hat nun drei Anträge zu einer umfassenden Änderung des ÖPNV in Holzwickede gestellt. (Foto: P. Gräber - Emscherblog)

Erstes Treffen am ÖPNV-Stammtisch: Vorschläge für ein besseres Nahverkehrsangebot erarbeitet

Hält eine Verbesserung des ÖPNV in Holzwickede für dringend geboten: Dr. Marco Tusche lädt alle, die es ähnlich sehen, zu einem überparteilichen Austausch am ÖPNV-Stammtisches ein, der sich künftig regelmäßig alle vier Wochen trifft. (Foto: P. Gräber – Emscherblog)

Die Gemeinde Holzwickede hat sich erfolgreich durch die Ausweisung neuer Baugebiet wie Caroline neu oder Wohnpark Emscherquelle gegen die demografische Entwicklung gestemmt: Viele Neubürger, darunter vor allem auch junge Familien, sind den vergangenen Jahren neu in die Gemeinde gezogen. Für die meisten dieser Neubürger dürfte der schlechte Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in der Emscherquellgemeinde allerdings ein ziemlicher Schock gewesen sein.

Besonders die Neubürger aus Dortmund müssen leidensfähig sein, denn ausgerechnet in Richtung der größten Nachbarstadt beschränkt sich die ÖPNV-Anbindung auf die Regionalbahn 59. Dabei haben sich durch den Bevölkerungszuwachs in jüngster Vergangenheit auch die traditionell in Holzwickede existierenden starken Pendlerströme weiter verschoben: So zeigen die aktuellen Daten des Statistischen Landesamtes, dass allein nach Dortmund täglich 2.529 Holzwickeder zur Arbeit auspendeln, gleichzeitig aber 2.339 Dortmunder, also beinahe ebenso viele, nach Holzwickede zur Arbeitsstelle einpendeln.

Wohnpark noch immer nicht angebunden

Im April trafen sich erstmals etwa ein Dutzend Holzwickeder auf Einladung der Grünen, um – ganz unabhängig von einer Parteizugehörigkeit — über das ÖPNV-Angebot in der Gemeinde und mögliche Verbesserungen nachzudenken. Unter ihnen auch Dr. Marco Tusche (40 J.), ein Familienvater und Neubürger aus dem Wohnpark Emscherquelle, der sich bei den Grünen in Holzwickede als sachkundiger Bürger engagiert. „Als wir nach Holzwickede gezogen sind, war ein entscheidender Grund, dass in der Broschüre des Bauträgers eine Bushaltestelle an der Schäferkampstraße eingezeichnet war. Die für uns wichtige Anbindung an den ÖPNV schien uns somit gewährleistet“, sagt Marco Tusche.

„Als wir nach Holzwickede gezogen sind, war ein entscheidender Grund, dass in der Broschüre des Bauträgers eine Bushaltestelle an der Schäferkampstraße eingezeichnet war. Die für uns wichtige Anbindung an den ÖPNV schien uns somit gewährleistet.“

– Dr. Marco Tusche (40 J.)

Nach nunmehr zwei Jahren lassen Bushaltestelle und Buslinie weiter auf sich warten. „Dass man zumindest mit dem Bus zum Bahnhof und benachbarte Zentren kommt, habe ich für selbstverständlich gehalten und nicht weiter hinterfragt“, so Tusche weiter. Entsprechend entsetzt ist er über die schlechte Verbindung zwischen seiner neuen Heimatgemeinde und Dortmund: „Wenn ich von Dortmund mit dem ÖPNV nach Hause fahre, muss ich bei Wind und Wetter mindestens 20 Minuten zu Fuß bis zum Wohnpark Emscherquelle laufen. Wenn ich mit meiner dreijährigen Tochter unterwegs bin, dauert es noch deutlich länger.“

Vor allem Vernetzung mit Dortmund fehlt

Beim ersten ÖPNV-Stammtisch für Holzwickede im April stand die nicht vorhandene Busanbindung zwischen Dortmund und Holzwickede ebenfalls im Fokus. Ziel müsse es sein, waren sich die Teilnehmer einig, insbesondere die östlichen Vororte Aplerbeck, Sölde und Lichtendorf besser an die Gemeinde anzubinden, gleichzeitig aber auch die innerörtliche Vernetzung zu verbessern. Dazu gehören „Haltstellen in zumutbarer Entfernung für mehr Einwohner“, „mehr und zuverlässigere Umstiegsmöglichkeiten“, „zuverlässigere Ruftaxis“ und „mehr erreichbare Destinationen in- und außerhalb der Gemeinde“. Ferner sollte es selbstverständlich sein, dass jeder Holzwickeder mit dem Bus den Bahnhof erreichen kann.

Auch für die Teilnehmer des ÖPNV-Stammtisches ist es „völlig unverständlich“, dass der Wohnpark Emscherquelle noch immer nicht in das innerörtliche ÖPNV-Netz eingebunden ist, berichtet Marco Tusche. „Inzwischen sind schon fast alle Häuser bewohnt und sogar die Mehrfamilienhäuser sind bezugsfertig“, weiß er.

Als weitere „blinde“ Flecken im ÖPNV und schlecht angebundene Gebiete in Holzwickede haben die Teilnehmer im Nordosten den Bereich Hirtenweg, im Osten die Massener Straße sowie das Gebiet westlich der Nordstraße ausgemacht.

Berufspendler, Schüler und Senioren leiden besonders

Aber nicht nur die Berufspendler leiden unter der schlechten Busanbindung zwischen Dortmund und Holzwickede, waren sich die Teilnehmer des Treffens einig: Auch für die einpendelnden Schüler, die das CSG besuchen, sind die Busverbindungen oft unflexibel, die Umstiegsmöglichkeiten ungünstig und im Bereich Landskrone sogar gefährlich, wenn Kinder schnell über die Straße zur anderen Haltestelle spurten müssen, um noch den Bus zu erwischen. Auch für die Freizeitgestaltung der Holzwickeder Jugendlichen leistet der ÖPNV nur einen mangelhaften Beitrag. „Wem der Sinn nach einem Ausflug nach Dortmund steht und wer nicht gerade nahe am Bahnhof wohnt, der wird jedenfalls in den meisten Fällen nicht mit dem Bus zum Bahnhof kommen“, hat nicht nur Marco Tusche erkannt. Dieses Problem betrifft auch die Senioren in der Gemeinde, deren Bewegungsradius und Teilhabe ohne Auto häufig noch stärker eingeschränkt ist, als der minderjähriger Holzwickeder.

Dabei hat die Gemeinde durchaus „hohes Potenzial durch den gut angebundenen Bahnhof“ und auch der ÖPNV in den genannten Dortmunder Vororten sei eigentlich gut ausgebaut, so die Meinung der Teilnehmer des Stammtisches, erklärt Tusche: „Dieses Potenzial müsste nur für eine übergreifende Vernetzung genutzt werden.“

Konkrete Vorschläge und eine Vision

Als wichtigste konkrete Vorschläge haben die Teilnehmer des ÖPNV-Stammtisches formuliert:

  • Die Linie 437 aus Aplerbeck sollte erweitert werden (einschließlich Wochenendfahrten), um die Sölder Straße und den Wohnpark, aber auch das Schulzentrum und den Bahnhof Holzwickede anzubinden. In umgekehrter Richtung würde so auch eine bessere Anbindung nach Sölde und Aplerbeck geschaffen.
  • Die Linie 490 aus Aplerbeck sollte auf eine etwas südlichere Route (z.B. durch das Gewerbegebiet Rausingen) zur Sölder Straße, den Wohnpark Emscherquelle mit Halt am Bahnhof Holzwickede und von dort weiter zum Flughafen geführt werden. Das würde nicht nur Vorteile in Holzwickede bringen, sondern auch den Flughafen ans ÖPNV-Netz anbinden und den Flughafen-Shuttlebus überflüssig machen.
  • Eine Verzahnung der Linie R51 und 438 (DSW21) im Bereich Landskroner Straße würde für mehr Sicherheit und Zuverlässigkeit sorgen, auch für die Schulkinder, die bei Verspätungen nicht mehr über die Straßen zur anderen Haltestelle sprinten müssten.
  • Das Ruftaxi-System (T47) sollte nach Holzwickede erweitert und um Sonntagsfahrten (an die Schwimmbad-Öffnungszeiten gekoppelt) ergänzt werden.
  • Holzwickede sollte endlich auch an den Nachtexpress-Verkehr in Dortmund angeschlossen werden, d.h. die Nachtbusse von Sölde und Wickede sollten bis in die Gemeinde fahren.

Als visionäres und langfristiges Projekt regen die Teilnehmer des ÖPNV-Stammtisches an, die Dortmunder Stadtbahnlinie U47 nach Holzwickede weiterzuführen und den Bahnhof und Flughafen anzubinden.

Regelmäßige Treffen alle vier Wochen

Dass ÖPNV nicht zum Nulltarif zu haben ist, wissen auch Marco Tusche und seine Mitstreiter. „Viele Maßnahmen werden vom Land großzügig gefördert. Ein angemessener ÖPNV ist aber auch ein Baustein der zentralen Daseinsvorsorge. ,Am Verkehr teilnehmen‘  ist wichtig für die freie Entwicklung eines Menschen, unabhängig von seiner sozioökonomischer oder gesundheitlichen Situation sowie dem Alter. Als Ergänzung oder Alternative zum motorisierten Individualverkehr trägt ein funktionierender ÖPNV aktiv zum Klimaschutz bei. Eine finanziell abgesicherte Gemeinde wie Holzwickede steht hier in der Bringschuld für ihre alle Bürger“, sagt Marco Tusche.

Die Teilnehmer des ÖPNV-Stammtisches treffen sich künftig alle vier Wochen regelmäßig und hoffen auf Mitstreiter. „Jeder kann sich einbringen, unabhängig von einer Parteizugehörigkeit. Es ist doch ganz egal, welche Partei letztlich den ÖPNV zum Laufen bringt. Das wird auch nicht ohne verstärkte Öffentlichkeitsarbeit gehen, deshalb denken wir auch über eine eigene Internetpräsenz oder Info-Stände auf dem Wochenmarkt nach, um über unser Anliegen zu informieren.“

ÖPNV


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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