Sachkundiger Bürger fühlt sich nach Kritik unter Druck gesetzt: Rolf Rehling wirft hin
Weil er sachlich fundierte Kritik an der Arbeit der Gemeindeverwaltung und eines von ihr beauftragten Ingenieurbüros geübt hat, fühlt sich Rolf Rehling (68 Jahre) von der Verwaltung und ihren Auftragnehmern so unter Druck gesetzt, dass er seine ehrenamtliche Arbeit als sachkundiger Bürger der Grünen nicht mehr fortsetzen und sich aus der Kommunalpolitik zurückziehen will. „Das alles ärgert mich im nachhinein sehr und nimmt mich auch gesundheitlich ziemlich mit. In meinem Alter muss ich mir das nicht mehr antun“, so Rolf Rehling.
Zum Hintergrund: Der Diplom-Ingenieur im Ingenieurbau Rolf Rehling (68 J.) ist der einzige ausgewiesene Fachmann in Sachen Tiefbau im Planungs- und Bauausschuss (PluBa) der Gemeinde. In der jüngsten Sitzung (22.9.) kritisierte der Fachmann das vom Ingenieurbüro Wasser Umwelt Verkehr (WUV) aus Menden im Auftrag der Verwaltung erarbeitete und vorgestellte Konzept zur Abwasserbeseitigung (ABK) der Gemeinde ganz fundamental. Dieses Konzept sieht in den nächsten fünf Jahren verschiedene Maßnahmen mit einem Kostenvolumen von immerhin rund 5,6 Mio. Euro vor. Aufgrund der von Rehling zahlreich vorgebrachten Kritikpunkte nahm der Vorsitzende Wilfried Brinkmann (BBL) die Beschlussvorlage wieder von der Tagesordnung. Die Fortschreibung des ABK’s wurde nicht, wie von der Verwaltung vorgeschlagen, beschlossen.
Sehr unterschiedliche Wahrnehmungen
Einige Tage nach der Ausschusssitzung wurde Rolf Rehling daraufhin von Fachbereichsleiter Uwe Nettlenbusch zu einem Gespräch ins Bauamt eingeladen, um die strittigen Punkte zu klären, wie es hieß. Rehling nahm „die Einladung selbstverständlich an“, wie er sagt. Schließlich habe er helfen sein wollen. Allerdings wollte er nicht allein an dem Gespräch teilnehmen, weshalb ihn seine Fraktionsvorsitzender, Susanne Werbinsky, begleitete.
Zum Erstaunen Rehlings nahmen neben Fachbereichsleiter Uwe Nettlenbusch und den beiden WUV-Mitarbeitern, die in der Fachausschusssitzung vorgetragen hatten, auch noch zwei Vertreter von Ingenieurbüros teil, die in der Vergangenheit regelmäßig von der Gemeinde mit Ingenieurleistungen im Tiefbaubereich beauftragt worden waren, inzwischen aber nicht mehr mit der Gemeinde zusammenarbeiten.
Darüber, wie dieses Gespräch verlaufen ist, gibt es sehr unterschiedliche Darstellungen. „Mein persönlicher Eindruck ist, dass wir nach dem Gespräch ganz einvernehmlich auseinandergegangen sind“, sagt Uwe Nettlenbusch. Er habe zu dem Gespräch eingeladen, weil es im Planungs- und Bauausschuss ein Missverständnis gegeben habe. Im Ausschuss sei vorgestellt worden, „welche Maßnahmen in den nächsten fünf Jahren für jährlich rund eine Millionen Euro im ABK eingepreist“ seien, nicht aber das Abwasserbeseitigungskonzept selbst.
„In der Sitzung entstand aber den Eindruck, dass das ABK beschlossen werden sollte“, meint Uwe Nettlenbusch. „Darum hatte Rolf Rehling mit seiner Kritik auch vollkommen recht“, so der Fachbereichsleiter. „Ein wichtiger Bestandteil des ABK ist der Erläuterungsbericht, der in der Sitzung fehlte. Viele Fragen, die von ihm gestellt wurden, hätten sich durch diesen Bericht geklärt. Wir hätten diesen Erläuterungsbericht dazu legen sollen“, meint Nettlenbusch durchaus selbstkritisch. Die massive Kritik Rolf Rehlings im Ausschuss habe „alle Mitglieder schwer beeindruckt“ und auch „der Ausschussvorsitzende hat sich verunsichern lassen“ und deshalb das Thema von der Tagesordnung abgesetzt.
Verwaltung räumt Fehler ein
„Wir brauchen aber den Beschluss zur Fortschreibung des ABK. Deshalb habe ich vor der nächsten Sitzung Rolf Rehling zu diesem Gespräch eingeladen. Ich glaube auch, dass wir in diesem Gespräch ein ganzes Stück weitergekommen sind“, so Nettlenbusch heute. Geärgert hätten sich die Auftragnehmer der Gemeinde insbesondere über eine Aussage Rehlings, dass sie „ihre Hausaufgaben nicht richtig gemacht“ hätten. Am Ende des Gespräch sei Rehling deshalb „in einem Nebensatz gebeten“ worden, diese Kritik an der Arbeit des Ingenieurbüros WUV öffentlich zurückzunehmen. Darauf habe Rehling ganz souverän reagiert. „Ich habe das Gespräch jedenfalls nicht so wahrgenommen, dass wir Rolf Rehling in die Ecke gedrängt haben“, versichert Uwe Nettlenbusch.
Zur weiteren Vorgehensweise erklärt der Fachbereichsleiter: Im nächsten Fachausschuss werde die Beschlussvorlage zum ABK erneut auf die Tagesordnung kommen. Dazu soll dann „auch der Erläuterungsbericht verschickt“ werden, „der alle berechtigten Fragen beantwortet“. Einen erneuten persönlichen Vortrag werde es nicht mehr geben im Ausschuss, selbstverständlich aber weitere Informationen nach Bedarf.
Ganz anders hat dagegen Rolf Rehling das Gespräch wahrgenommen. Von seiner Kritik an der geplanten Fortschreibung des ABK rückt der Diplom-Ingenieur keinen Jota ab. „Wenn der ABK nach den gesetzlich vorgeschriebenen Kriterien erstellt wird, habe ich überhaupt kein Problem damit, zuzustimmen“, beschreibt Rehling seine Haltung. „Das habe ich so auch in dem Gespräch gesagt. Offenbar ist das ja als Einvernehmen interpretiert worden.“
Was dem 68-Jährigen schwer zu schaffen macht, ist die Tatsache, wie man mit seiner Kritik umgegangen ist in der Verwaltung. „Natürlich wurde von den Vertretern der Ingenieurbüros in dem Gespräch versucht, mich unter Druck zu setzen. Am Ende des Gesprächs wurde ganz klar von mir verlangt, dass ich meine Kritik öffentlich richtigstelle. Außerdem ist mir mit einer juristischen Bewertung durch die Rechtsabteilung der Ingenieurbüros gedroht worden.“
Auch eine Frage des Umgangs miteinander
Der ganze Vorgang hat den ohnehin gesundheitlich angeschlagenen 68-Jährigen einige schlaflose Nächte gekostet und so mitgenommen, dass er nach Rücksprache mit dem engsten Familienkreis zu dem Schluss gekommen ist, sich ganz aus der Kommunalpolitik zurückzuziehen. „Warum soll ich mir das alles noch antun? Meine Aufgabe als sachkundiger Bürger ist es doch, Fachwissen in die Beratungen einzubringen. Genau das habe ich getan und berechtigte Kritik geübt. Dafür muss ich mich anschließend von einem externen Auftragnehmer der Gemeinde kritisieren und unter Druck setzen lassen. Die ganze Sache ärgert mich sehr und kostet mich viel Nerven. Am Ende kriege ich ich noch einen Herzinfarkt. Und wofür das alles? Da setze ich mich doch lieber in mein Wohnmobil und fahre mit meiner Partnerin gemütlich an die Nordsee.“
Auch Susanne Werbinsky, die Rehling in das Gespräch begleitete, kann sich nur wundern. „Fachlich bin ich unbedarft, was den Tiefbau angeht. Aber als Fraktionsvorsitzende wollte ich Rolf Rehling nicht unbegleitet in dieses Gespräch gehen lassen. Was mich schon am Anfang des Gesprächs sehr gewundert hat, war, dass neben Uwe Nettlenbusch noch vier weitere Teilnehmer saßen, die alle Masken trugen und uns auch nicht vorgestellt wurden. Selbst Rolf Rehling hat erst nach dem Gespräch gemerkt, mit wem er es zu tun hatte.“
In dem Gespräch sei man eigentlich „relativ schnell übereingekommen, dass besser das komplette Abwasserkonzept anstatt nur der Maßnahmenkatalog in der Sitzung vorgelegt worden wäre“. Trotzdem sei dann anschließend von Rehling verlangt worden, dass er seine Kritik öffentlich klarstellt. „Ich bin schon sehr enttäuscht, wie das alles abgelaufen ist“, so Werbinsky. „Wie kann es sein, dass die Gemeindeverwaltung es zulässt, dass ein sachkundiger Bürger sich vor einem externen Auftragnehmer rechtfertigen muss, kritisiert und unter Druck gesetzt wird? Da muss man sich nicht wundern, wenn sich niemand mehr als sachkundiger Bürger engagieren will. Ich kann nur hoffen, dass sich Rolf Rehling doch noch einmal umstimmen lässt und weitermacht. Wir brauchen seine Sachkenntnis.“