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Die Helfer der Gruppe Mit Rat und Tat vor der Verteilung der gespendeten Weihnachtspakete in der Ausgabestelle der Tafel im vergangenen Jahr. Auch dieses Jahr hoffen die Helfer wieder auf die Spendenbereitschaft der Holzwickeder. (Foto: P. Gräber - Emscherblog.de)

Böse Überraschung zum Weihnachtsfest: Holzwickeder Tafel schließt bis März 2019

Schenken macht Freude: Die Helfer der Gruppe Rat & Tat der Ausgabestelle der Tafel verteilten heute die gespendeten Weihnachtspakete an ihre Kunden im evangeliscfhen Gemeindehaus. (Foto: P. Gräber - Emscherblog.de)
Vorige Woche verteilten die Helfer der Gruppe Rat & Tat gespendeten Weihnachtspakete an die Ärmstern der Armen. Jetzt steht fest: Im neuen Jahr wird die Ausgabestelle der Tafel in Holzwickede nicht wiedereröffnet. (Foto: P. Gräber – Emscherblog.de)

Wenige Tage vor dem Fest der Nächstenliebe wird diese Nachricht gerade die Ärmsten der Armen bis ins Mark treffen: Die Ausgabestellen Holzwickede, Fröndenberg, Bönen und Unna-Massen der Unnaer Tafel schließen ab sofort bis zunächst März wegen erheblichen Personalmangels. Das teilt die Vorsitzende der Unnaer Tafel, Ulrike Trümper, auf der Homepage des Vereins mit. Grund für die Personalnot: Nachdem der Bund das Programm „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“ auslaufen ließ, fließen erheblich weniger Fördermittel in den Kreis Unna.

Die Unnaer Tafel versorgt insgesamt neun Ausgabestellen kreisweit. Damit dort genug Lebensmittel ausgegeben werden können, hat sich im Laufe der Zeit ein erheblicher technischer, logistischer und vor allem personeller Bedarf entwickelt. Das Engagement zahlreicher ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer, wie etwa in Holzwickede, reicht schon lange nicht mehr aus, um diesen Bedarf zu decken. Dank der Förderungen durch das Jobcenter und den Kreis Unna konnte die Unnaer Tafel ihren zusätzlichen personellen Bedarf bislang „sehr gut bewältigen“, wie es in der Mitteilung des Vorstandes heißt. Die Tafel Unna erhielt 35 Stellen im Bereich „Soziale Teilhabe“ und dazu einige Arbeitsgelegenheiten (AGH), wie die früheren „1-Euro-Jobs“ neuerdings heißen. Zusammen mit den Ehrenamtlichen waren das genug Mitarbeiter, um die Arbeit kreisweit in den großen und kleinen Ausgabestellen zu stemmen.

Soziale Teilhabe läuft aus: 32 Stellen weniger

Die Ausgabestelle der Tafel in Unna bleibt geöffnet. (Foto: Archiv)

„Diese Zeiten sind leider vorbei“, bedauert die Vorsitzende, Ulrike Trümper: „Das Teilhabechancengesetz (§ 16 I SGB II) sieht deutlich weniger Fördermittel für den Kreis Unna vor und damit weniger geförderte Stellen. Uns wurden drei geförderte Stellen zugesagt: 32 weniger als bisher!“ Zwar hat das Jobcenter dankenswerterweise dafür eine deutliche Aufstockung der AGH („1-Euro-Job“) bewilligt. Diese Stellen sind aber nur sehr schwierig zu besetzten, weil es nur wenige dafür in Frage kommende Mitarbeiter im Kreis Unna gibt, erläutert Ulrike Trümper. Das mag arbeitsmarktpolitisch erfreulich sein, trifft die Tafel aber hart.

Nach „langen und ausführlichen Beratungen“ mit Landrat Michael Makiolla, dem Sozialdezernenten des Kreises, Torsten Göpfert, und dem Leiter des Jobcenters, Uwe Ringelsiep, stellt sich für den Vorstand der Tafel Unna die Finanzierungssituation im neuen Jahr wie folgt dar: „Wir werden durch den erheblichen Verlust von Personalförderungen die Tafelarbeit im Kreis Unna nicht mehr im gewohnten Umfang aufrecht erhalten können. Wir sehen uns daher gezwungen, die vier Ausgabestellen im Kreis ab 1. Januar 2019 zu schließen“, teilt der der Vorstand der Tafel mit.

Hoffnungsschimmer: ab März mehr Stellen

Dass die vier Ausgabestellen nicht komplett, sondern zunächst nur bis März geschlossen werden, liegt an einem „kleinen Hoffnungsschimmer“, der sich in den Gesprächen mit dem Kreis Unna ergeben hat, wie Ulrike Trümper erklärt: „Nach verschiedenen bundesweiten arbeitsmarktpolitischen Klärungsprozessen könnte sich nach dem ersten Quartal des Jahres eine Nachfinanzierungsmöglichkeit von mehr Stellen ergeben“, von der auch die Unnaer Tafel e.V. profitieren würde.

„Wir bedauern diese Entwicklung sehr und hoffen, dass auf (arbeitsmarkt-)politischer Ebene noch Lösungsmöglichkeiten gefunden werden, diese Schließungen, die für die von uns versorgten armen Menschen eine erhebliche Lebensverschlechterung bedeuten, mindestens ab April 2019 wieder abzuwenden“, schließt der Vorstand seine Erklärung.

Für die ehrenamtlichen Helfer von Rat & Tat der Ausgabestelle Holzwickede kommt die Nachricht von der Schließung völlig überraschend. „Ich war am Mittwoch noch in Unna und habe acht Kisten voller Sachen abgeholt, weil ich dachte, dass wir für die Ausgabe am 2. Januar noch Ware brauchen“, sagt Gunter Siepmann. „Doch nun werden wir am 2. Januar nicht öffnen.“

Holzwickeder Helfer überrascht

Gemeinsam wollen Siepmann und die übrigen Helfer von Rat & Tat nun überlegen, welche Maßnahmen sie ergreifen wollen. Im Laufe des Tages will Wilfried Knoke versuchen, noch weitere Informationen aus Unna zu bekommen. „Dann entscheiden wir, ob wir Kontakt zur Bürgermeisterin oder zu anderen Stellen aufnehmen“, so Gunter Siepmann. Eine Unterschriftensammlung bei den Betroffenen hält Siepmann für zwecklos. „Unsere Klientel zu einer Unterschrift zu bewegen, ist sehr schwierig“ , weiß der erfahrene Tafel-Helfer.

Das Angebot des Vorstands, die Kunden aus Holzwickede (und den drei anderen Orten) könnten direkt zur Tafel Unna fahren, um sich die Lebensmittel zu holen, ist zwar gut gemeint, ab wenig hilfreich, meint Siepmann. „Dass unsere Leute zu anderen Ausgabestellen fahren, ist einfach utopisch.“

Rat & Tat mit „Ärger und Frust“

Natürlich haben die Rat & Tat-Helfer auch überlegt, ob es für sie nicht möglich ist, mit ihrem ehrenamtlichem Engagement weiter zu arbeiten und die Ausgabestelle zumindest in Holzwickede notdürftig geöffnet zu halten im neuen Jahr. „Das geht aber nicht. Wir sind darauf angewiesen, dass die Ware abgeholt, sortiert und uns dann gebracht wird“, sagt Siepmann, der früher selbst für die Tafel Lebensmittelspenden gefahren hat.

Außerdem: „Wenn wir jetzt anfingen, auf eigene Faust Lebensmittel einzusammeln und auszugeben, dann nehmen wir ja der Tafel insgesamt etwas weg. Wir könnten auch nur einmal pro Woche sammeln. Und wir möchten natürlich auch nicht die Arbeit der Tafel Unna unterlaufen.“ Den Helfern der Ausgabestelle Holzwickede bleibt deshalb nichts anderes übrig, als „die Entscheidung zur Schließung der Ausgabestelle Holzwickede mit Frust und Ärger zur Kenntnis“ zu nehmen.

Tafel


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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