Ratskeller bleibt Problemfall: Zukunft nach Streit und Zwangsräumung offener denn je
Auch 15 Monate nach seiner Schließung ist der Ratskeller noch immer nicht wieder vermietet – ob er das überhaupt jemals wieder wird, ist offener denn je. Denn erschwert wird die Suche nach einem geeigneten neuen Pächter durch heftige Streitigkeiten hinter den Kulissen mit Alt-Pächter Thomas Wiese um Pachtzahlungen und die Einrichtung des Ratskellers. Diese mündeten jetzt in einer Räumungsklage durch die Gemeinde.
Eigentlich wäre die Gemeinde ja in einer komfortablen Situation. Denn der Staffelmietvertrag mit dem alten Pächter war bis Ende 2022/23 abgeschlossen und belief sich zuletzt auf 1100 Euro Miete pro Monat. Doch die Gemeinde hat kein Interesse an einem Leerstand im Kellergewölbe ihres Rathauses. Außerdem soll es bereits seit Monaten schon einen renommierten Gastronomen als ernsthaften Interessenten für die Nachmiete geben. Darum kündigte die Gemeinde nun von sich aus den langfristigen Pachtvertrag und strengte die Zwangsräumung an, um eine Hängepartie zu beenden, die womöglich noch fünf Jahre gedauert hätte.
Darüber, wie es dazu kommen konnte, gehen die Meinungen nun auseinander. Thomas Wiese erklärt dazu lediglich, dass es noch während des laufenden Betriebes des Ratskellers „ein sehr großes Ärgernis“ gegeben habe. „Ich gehe von einer arglistigen Täuschung aus.“
Angebliche Absprachen mit Alt-Bürgermeister
Bevor er den Ratskeller Ende 2012 übernahm, so Thomas Wiese, habe sich der damalige Bürgermeister Jenz Rother sehr darum bemüht, dass Wiese den Ratskeller übernehme: „Er hat mir die Tür eingerannt und Zusagen gemacht, von denen seine Nachfolger jetzt nichts mehr wissen wollen.“ Thomas Wiese habe sich auf die mündlichen Absprachen mit Rother verlassen. „Es gibt Verträge und Absprachen. Die Frage ist, was juristisch haltbar ist. Immerhin war Jenz Rother nicht nur Bürgermeister, sondern auch mal Pfarrer. Moralisch ist das alles auch keine Frage.“
Die Sache wäre ganz einfach zu lösen, wenn beide Seiten aufeinander zugingen und kompromissbereit wären.“
Thomas Wiese, Pächter Ratskeller
Weil Thomas Wiese „immer noch Hoffnung auf eine Einigung“ hat, will er Details zu den Nebenvereinbarungen nicht nennen. „Die Sache wäre ganz einfach zu lösen, wenn beide Seiten aufeinander zugingen und kompromissbereit wären.“
Thomas Wiese will den Verantwortlichen im Rathaus nach eigener Aussage zweimal Fristen gesetzt haben, die ohne Reaktion verstrichen sind. „Daraufhin habe ich dann die Pacht um einen Betrag gekürzt.“ Um diese Einbehaltungen und die von Wiese bezahlte Einrichtung im Ratskeller wird nun juristriusch gestritten.
Investitionen von 300.000 Euro in Ratskeller
Kein Pappenspiel: Nach eigener Aussage hat Thomas Wiese rund 300.000 Euro in den Ratskeller investiert. „Der Gemeinde gehört ja nichts im Ratskeller, nicht mal der Zaun draußen für die Außengastronomie, ja selbst die alte Einrichtung vom Vorpächter haben wir damals gekauft.“ So wie Thomas Wiese und sein Geschäftsführer Solejman Azim den Ratskeller bei Übernahme vorfanden, hätten sie auch die Küche gar nicht betreiben dürfen. „Die Vorgänger sind durchs Fenster auf die Toilette gegangen.“ Doch die Gemeinde habe sich schon schwer getan, auch nur die Fenster und eine Tür zu modernisieren.
„Insgesamt 174.000 Euro kostete allein die Küche, die wir angeschafft haben“, so Thomas Wiese, „weitere 35.000 Euro die Be- und Entlüftungsanlage.“ Die enormen Investitionen seien notwendig gewesen, um einen „ordentlichen und sauberen Betrieb wie im Il Cavallo oder der Massener Heide“ zu gewährleisten.
Die Gemeinde hat sich nicht an Vereinbarungen gehalten. Die Verantwortlichen haben wohl gedacht, der Wiese hat so viel Geld investiert, der zieht das sowieso nicht durch. Doch da haben sie sich getäuscht.“
Thomas Wiese, Pächter Ratskeller
Bis zum Schluss, betont Thomas Wiese, habe der Ratskeller schwarze Zahlen geschrieben. „Keine großen schwarzen Zahlen und auch ohne die Abschreibung gerechnet, aber auch keine roten Zahlen.“ Was nicht zuletzt an den Synergieeffekten mit seinen beiden anderen Gastronomiebetrieben lag. Es seien auch vorrangig „keine wirtschaftlichen Gründe“ für die Schließung des Ratskellers gewesen, sondern „der Vertrauensbruch“, versichert Thomas Wiese. „Die Gemeinde hat sich nicht an Vereinbarungen gehalten. Die Verantwortlichen haben wohl gedacht, der Wiese hat so viel Geld investiert, der zieht das sowieso nicht durch. Doch da haben sie sich getäuscht.“
Ratskeller komplett ausgeräumt
Offenbar herrschte lange totale Sprachlosigkeit zwischen den Beteiligten. Denn während die Verantwortlichen im Rathaus davon ausgingen, dass mögliche Nachpächter sich mit Thomas Wiese über eine Übernahme verständigen, beteuert dieser: „In den fünf Jahren seit Übernahme des Ratskellers habe ich bis heute nicht ein Gespräch über Abstandszahlungen geführt mit Nachmietern.“
Es habe lediglich „etwa 20 Besichtigungstermine mit verschiedenen Interessenten im Ratskeller gegeben“, räumt Thomas Wiese ein. „Aber auch dabei ist nie über Abstandszahlungen gesprochen worden.“ Es sei immer nur die erste Frage für die Interessenten gewesen: „Was nehmt Ihr mit?“ Nach der Antwort: „Alles, was Ihr seht“, war für die meisten Interessenten der Fall erledigt gewesen, denn mit derart hohen Investitionen hätten sie nicht gerechnet. „Die Nachvermietung ist immer daran gescheitert, dass alles mir gehört, sogar die Theke.“
Die Nachvermietung ist immer daran gescheitert, dass alles mir gehört, sogar die Theke.“
Thomas Wiese, Pächter Ratskeller
In den zurückliegenden Wochen hat Thomas Wiese nun alles, was nicht niet- und nagelfest ist, aus dem Ratskeller abtransportieren lassen. „Aber ich bin nach wie vor an einer außergerichtlichen Einigung interessiert.“
Zahlen am Ende wieder die Holzwickeder Bürger?
Eine Stellungnahme von Bürgermeisterin Ulrike Drossel zum Streit mit Thomas Wiese gibt es nicht, lediglich den Hinweis, dass die Gemeinde „in aussichtsreichen Gesprächen mit einem ernsthaften Interessenten“ für den Ratskeller stehe und auf die Übergabe warte.
Uwe Nettlenbusch, zuständiger Fachbereichsleiter der Gemeinde, bestätigt immerhin: „Nach der Kündigung durch uns sind die Thekenanlagen, die Küche und alles, was beweglich ist, vom alten Pächter aus dem Ratskeller abgeholt worden. Jetzt warten wir nur noch auf die Schlüsselübergabe.“
Doch ob der Ratskeller überhaupt noch einmal vermietet wird, ist offener denn je. Denn spannend wird nun die Frage sein, ob der potenzielle Nachmieter überhaupt noch bei der Stange bleibt, wenn er erst realisiert, was er dort alles investieren muss, um wieder ein Restaurant betreiben zu können.
Dass die Gemeinde tief in die Kasse packt und in den Ratskeller investiert, ist dagegen kaum anzunehmen. Denn dann wären es nach dem Ratskeller-Skandal um Pino Dota schon zum zweiten Mal die Holzwickeder Bürger, die die Zeche für Fehler und Versäumnisse der Gemeindespitzen im Ratskeller zahlen müssten.
Klara Sprudel
Tja, Herr Wiese, so mündliche Zusagen sind ja total super, nur eben unfassbar schlecht nachweisbar im Nachhinein. Zumal bei ausgetauschten Gesprächspartnern.
Wer schreibt, der bleibt…