Mutter stiehlt Identität der Tochter für Bestellungen: Sechs Monate zur Bewährung
Weil die 43 Jahre alte Y. selbst nicht kreditwürdig war, nutzte die Mutter die Identität ihrer Tochter und bestellte auf deren Namen im Internet: Mal war es ein Apple iPod, mal Bekleidung oder auch eine Couch – insgesamt mindestens sieben Mal gab es solche Bestellungen im Gesamtwert von gut 2.000 Euro in der Zeit von April 2015 bis März 2017. Dafür musste sich die Mutter heute (4. September) vor dem Amtsgericht in Unna wegen Betrugs verantworten.
Die 43-Jährige bestritt, die Waren bestellt zu haben. Vielmehr habe ihre Tochter die Bestellungen vorgenommen. Ihre inzwischen 18-jährige Tochter sagte im Zeugenstand allerdings etwas ganz anderes: Sie selbst will noch nie etwas im Internet bestellt haben. Ihre Mutter habe dagegen häufig Waren auf ihren Namen bestellt – zumeist ohne ihr Wissen. Und nicht nur das. Ihre Mutter habe ihr neben den Daten auch den Personalausweis und die EC-Karte weggenommen, um damit Versicherungen und andere Rechnungen zu bezahlen. Wenn dann die Mahnungen kamen, habe sie nie selbst die Post öffnen dürfen, immer nur ihre Mutter.
EC-Karte, Personalausweis weggenommen
Dabei hatte die Tochter selbst nur ein geringes Taschengeld als Einkommen über ihre Ausbildungsmaßnahme bei der Werkstatt Unna. „Ich fand das auch nicht gut, dass meine Mutter diese Bestellungen machte“, meinte die 18-Jährige heute auf Nachfrage des Richters. „Ich wusste ja, dass ich die Rechnungen nicht zahlen kann.“ Doch wenn sie aufmuckte, drohte ihr die Mutter mit einem gewalttätigen Onkel. Vor dem hatte die Tochter Angst, weil er schon einmal im Gefängnis saß. Doch auch aus Verbundenheit zur Mutter nahm die Tochter lange ihr Verhalten hin. „Meine Mutter hat doch sonst niemanden mehr außer mir und meinem Bruder“, so die Tochter heute. Ihr leiblicher Vater und auch ihr Stiefvater haben sich von ihrer Mutter im Familienstreit getrennt.
Der Konflikt mit ihrer Mutter eskalierte, als sie gemeinsam von Kamen nach Holzwickede übersiedelten und die Tochter hier in der Massener Straße einen 22 Jahre alten Asylbewerber kennenlernte, den sie schließlich sogar ohne Wissen der Mutter heiratete. Auch ihr Mann, der inzwischen berufstätig ist, schilderte heute im Zeugenstand, dass es ständig Streit mit seiner jungen Frau gab, wenn mal wieder Pakete kamen, die die Mutter für sich auf den Namen ihrer Tochter bestellt hatte. Bestellt, habe die Mutter immer nur für sich, nie für die Tochter oder ihren Bruder.
Tochter zeigte Mutter an
Doch halt: Zum Geburtstag seiner Frau habe die Mutter ihrer Tochter einmal ein Handy mit Vertrag „geschenkt“, das sie zuvor auf den Namen ihrer Tochter gekauft hatte. „Aber was ist das denn für ein Geschenk, wenn es auf ihren eigenen Namen gekauft wurde?“, fragt ihr Ehemann heute im Zeugenstand.
Nach diesem Handykauf zogen die Tochter und ihr Mann im März 2017 aus der gemeinsamen Wohnung in der Massener Straße aus. Als die Mutter weiter in Namen ihrer Tochter im Versandhandel einkaufte und die Mahnungen sich auf gut 2.000 Euro summierten, zeigte die Tochter ihre eigene Mutter schließlich an.
Nach der Beweisaufnahme und den Zeugenvernehmungen war die Anklagevertreterin heute überzeugt, dass die Tochter die Wahrheit gesagt hat und die Bestellungen von ihrer Mutter in mindestens sieben Fällen ohne ihr Wissen getätigt wurden. Gegen die Mutter sprach bei der der Strafzumessung, dass sie nicht geständig ist. Zudem ist die 43-Jährige zweifach vorbestraft, wenn auch nicht einschlägig. Die Anklagevertreterin forderte deshalb beine Geldstrafe von 1.000 Euro für die Angeklagte.
Für die Verteidigung war die Aussage der Tochter dagegen „nicht plausibel“. Die Strafanzeige gegen die Mutter sei erst 2018 gestellt worden, zu einem Zeitpunkt als sich Mutter und Tochter wegen der Heirat endgültig zerstritten hatten. Es sei auch nicht glaubwürdig, dass die Tochter noch nie etwas im Internet bestellt haben will. Die Verteidigung forderte einen Freispruch für die Mutter.
Dubioses Geburtstagsgeschenk
Richter Christian Johann ging mit seinem Urteil von sechs Monaten Haft, ausgesetzt zur Bewährung auf zwei Jahre, noch über die Forderung der Anklage hinaus. Außerdem bekommt die 43-Jährige einen Bewährungshelfer, muss 200 Sozialstunden ableisten und den erzielten Vermögensvorteil von über 2.000 Euro ausgleichen.
Die Aussagen der Tochter und auch ihres Ehemann seien absolut glaubwürdig und nachvollziehbar, so der Richter in seiner Urteilsbegründung. „Ich bin überzeugt, dass Sie die Bestellungen vorgenommen haben“, erklärte er der Mutter. „Ein solches Verhalten ist nichts, was ich mir von meiner Mutter oder irgendeiner anderen Mutter wünschen würde“, meinte der Richter weiter. Deshalb sei es kein Wunder, dass das Verhältnis zur Tochter zerrüttet ist.