Streit mit Flughafenparker an Esso-Tankstelle eskaliert: Security-Mitarbeiter muss 600 Euro Geldstrafe zahlen
Der Streit mit einem vermeintlichen Flughafenparker eskalierte im November vorigen Jahres derart, dass sich der 52 Jahre alte Security-Mitarbeiter W. aus Holzwickede heute (1. Juni) mit einer Anklage wegen vorsätzlicher Körperverletzung vor dem Amtsgerichts Unna wiederfand.
Bereits am 20. April hatte es einen ersten Verhandlungstermin in dieser Sache gegeben. Doch die Beweisaufnahme konnte noch nicht abgeschlossen werden, weil Richter Christian Johann noch zwei Zeugen, den Geschädigten und die Pächterin der Esso Tanke, in den Zeugenstand berufen wollte (Emscherblog berichtete)
Kleinkrieg mit Falschparkern
Die Anklage wirft dem Security-Mitarbeiter vor, am 5. November vorigen Jahres gegen 13.40 Uhr einem Autofahrer ohne erkennbaren Anlass auf dem Gelände der Esso-Tankstelle gegenüber dem Flughafen einen Faustschlag ins Gesicht verpasst zu haben. Genau das bestreitet der Angeklagte weiterhin. Er will den Geschädigten nicht geschlagen, sondern nur verbal angegangen und am Arms festgehalten haben, als sich dieser trotz Platzverbot von seinem abgestellten Auto in Richtung Flughafen davonmachen wollte.
Der 52-Jährige ist als Security-Mitarbeiter im Auftrag der Pächterin der Tankstelle auf dem Gelände tätig. Offenbar nicht ohne Grund. Denn auf dem Tankstellengelände muss geradezu ein Kleinkrieg mit sogenannten Flughafenparkern herrschen, wie auch die Pächterin heute im Zeugenstand erklärte.
Danach befindet sich die Pächterin im Dauerstress mit Autofahrern, die ihr Fahrzeug kostenlos auf dem Tankstellengelände abstellen wollen, um anschließend vom Airport gegenüber entweder wegzufliegen oder Reisende abzuholen. Das Parken auf dem Gelände sei selbstverständlich verboten. Trotzdem versuchten Autofahrer es immer wieder.
Beschimpfungen, Bedrohungen und Aggressionen
Da die Tankstelle auch Coffee to go verkauft, wird die Situation etwas unübersichtlich. Es gilt folgende Regel: Wer einen Kaffee für vier Euro kauft, darf 20 bis 30 Minuten in einer vorgegebenen Zone mit seinem Auto parken. Danach muss er verschwinden. Leider halten sich nicht alle Autofahrer an diese Regel. „Wenn wir das tolerieren würden, wäre unser Gelände derart voll, dass unsere Kunden nicht mehr tanken oder die Waschanlage nutzen könnten“, so die Pächterin. „Sie können sich nicht vorstellen, was da für Zustände auf unserem Gelände herrschen“, versicherte sie dem Richter. „Man wird beschimpft, bedroht und mich selbst hat man schon versucht, zu überfahren. Sie können gerne mal vorbeikommen und sich selbst ein Bild machen.“ Nicht allen Mitarbeiterinnen sei zuzumuten, sich dieser Situation auszusetzen. „ Nur was sollen wir denn machen, wenn jemand nicht wegfahren will? Wir können doch nicht jedes Mal die Polizei rufen. Den Holländern legen schon mal Parkkrallen an, die kennen das.“
Die Situation sei extrem und wirklich einzigartig. Es gebe auch keine andere Tankstelle mit solchen Problemen. Aus diesem Grund habe sie W. als Security-Mitarbeiter engagiert, der die Parksünder vertreiben soll. „Er kann auch resolut auftreten und macht das wirklich gut.“ Noch nie habe W. aber jemanden geschlagen, so die Pächterin auf Nachfrage des Richters.
Geschädigter wollte angeblich nur Zigarette rauchen
Der Geschädigte, ein 24-jähriger Kfz-Mechaniker aus Unna mit Migrationshintergrund, wiederholte im Zeugenstand unaufgeregt seine Aussage, die er auch schon bei der Polizei gemacht hatte, als er Strafanzeige gegen den 52-Jährigen erstattete: Er habe an dem Tag Reisende vom Flughafen abholen wollen und noch eine Zigarette rauchen wollen. „Ich stand am Bordstein und habe eine geraucht. Da kam der Angeklagte und habe schon von Weitem gerufen: ,Sie dürfen hier nicht parken.‘“ Daraufhin habe er ihm erklärt, dass er auch gar nicht parken, sondern nur rauchen wolle und sofort wieder weg sei. W. sei sofort sehr aggressiv gewesen und habe ihm schließlich gesagt: Wenn ich sage, verpiss‘ Dich hier, dann verpisst Du Dich!“ Er habe W. noch gesagt, dass er nicht so herumschreiben, sondern vernünftig mit ihm reden soll, sonst rufe er die Polizei. „Ich wollte ja wegfahren, aber stand zwischen mir und meinem Auto“, so der Zeuge.
Doch W. sei mit hochrotem Kopf immer näher zu ihm gekommen und habe ihn weiter beleidigt. Schließlich habe er ihn mit der Faust gegen den Hals geschlagen. „Ich bin dann in mein Auto und habe die Polizei angerufen. Als ich aufgelegt hatte, hat er selbst die Polizei angerufen.“ Direkt verletzt wurde er nicht durch den Faustschlag, so der Geschädigte auf Nachfrage. Lediglich eine Zahnbrücke habe tagelang geschmerzt. „Ich habe dann Schmerzmittel genommen und der Arzt hat mich für einige Tage krankgeschrieben.“
„Goldene Brücke“ des Richters abgelehnt
Der Angeklagte, der ohne Anwalt erschien, betonte dagegen: „Er hat sein Auto dreimal umgeparkt. Erst beim dritten Mal bin ich dann laut geworden und habe ihm Platzverbot erteilt. Ich kam mir doch verarscht vor. Als er dann weggehen wollte zum Flughafen rüber, habe ich ihn festgehalten am, Arm mehr. Nicht. Ich habe nicht geschlagen.“
Angesichts der Beweislage war Richter Christian Johann geneigt, dem Angeklagte eine „goldene Brücke“ zu bauen: Ich habe das Gefühl, Sie könnte miteinander reden, wenn Sie es wollten. Dann könnte ich mir auch eine Einstellung des Verfahrens vorstellen. Die Sache ist ziemlich dumm gelaufen und offenbar ein Missverständnis gewesen.“ Der Zeuge sei durchaus glaubwürdig. „Ich muss aber kein Urteil in dieser Sache fällen.“
Der Angeklagte zeigte sich jedoch stur und vertraute offenbar darauf, dass hier Aussage gegen Aussage steht: „Ich habe wegen dieser Sache Verdienstausfall und Fahrtkosten, die ich auf jeden Fall von ihm einklagen will“, lehnte er das Angebot des Richters ab.
Er wäre wohl besser darauf eingegangen, wie sich zeigte: Die Staatsanwältin hielt den Zeugen in ihrem Plädoyer ebenfalls für glaubwürdig und den „Sachverhalte für vollkommen bestätigt“. Natürlich sei die Situation an der Tankstelle schwierig. „Das rechtfertigt aber keinen Faustschlag.“ Gegen den Angeklagten spreche außerdem eine Vorstrafe wegen uneidlicher Falschaussage, sein hartnäckiges Leugnen und dass er sich keine Entschuldigung abringen konnte. Die Anklagevertreterin forderte deshalb eine Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen a‘ 40 Euro (= 2.400 Euro) für den Angeklagten.
Aussage gegen Aussage bedeutet nicht automatisch Freispruch
Das brachte diesen erst richtig auf die Palme: „Hier steht doch Aussage gegen Aussage. Wie soll ich denn beweisen, dass ich ihn nicht geschlagen habe? Ich bin doch jedes Mal der Dumme, wenn ich jemanden verscheuche und der danach behauptet, dass ich ihn geschlagen hätte. Das kann nicht sein. Ich bin doch nicht der Goldesel für die anderen.“
Das Urteil von Richter Christian Johann lautete schließlich auf eine Geldstrafe von 20 Tagessätze a‘ 30 Euro (= 600 Euro) wegen Körperverletzung für den Angeklagten. Die unbefriedigende Situation an der Tankstelle sei verständlich, so der Richter in seiner Urteilsbegründung zum Angeklagten. „Darum geht es aber nicht, sondern darum, ob Sie den Geschädigten geschlagen haben oder nicht.“ Auch wenn hier Aussage gegen Aussage stehe, bedeute dies nicht automatisch einen Freispruch. „Sonst könnten wir uns solche Verfahren gleich sparen.“ Es müssten in einem solchen Fall beide Seiten gewürdigt werden und das habe er getan, so der Richter. „Die Aussage des Geschädigten heute war detailliert, wich nicht von der ab, die er auch schon bei der Polizei gemacht hat. Solche konstanten Aussagen sind immer ein Indiz dafür, dass die Angaben zutreffend und glaubwürdig sind. Im Übrigen bekommt das Geld die Staatskasse und nicht der Geschädigte.“
W. nahm das Urteil nicht an, sondern kündigte an, Rechtsmittel dagegen einzulegen.
Esso-Tankstelle, Flughafenparker, Körperverletzung