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Am Ende einer langen Drogenkarriere: 600 Euro Geldstrafe für Diebstahl und „Schwarzfahrten“ in mehreren Fällen

Der Angeklagten ist ihr langjähriger Drogenkonsum deutlich anzusehen: Die Dortmunderin L., die sich heute (4. April) nur einen Tag vor ihrem 54. Geburtstag wegen Diebstahls, Betrugs und Erschleichens von Leistungen in mehreren Fällen vor dem Amtsgericht verantworten musste, ist ein körperliches Wrack. Nur mit Mühe schafft die spindeldürre Frau es, sich mit ihrem Rollator zur Anklagebank zu bewegen und sich stöhnend darauf niederzulassen.

Der junge Anklagevertreter verliest die Anklagepunkte schnell und mit monotoner Stimme: Am 21.12.21 gegen 13.30 Uhr Diebstahl im Aldi Holzwickede, Warenwert 7.96 Euro sowie 15.1.22, Diebstahl in Dortmund bei Rossmann, Warenwert 18.96 Euro. Es folgen am 4.3., 1.4., 10.4, 2.8 und 15.10.22 jeweils Fahrten ohne gültigen Fahrausweis auf verschiedenen Strecken mit der DSW21 im Dortmunder Stadtgebiet. Bei einer weitere „Schwarzfahrt“ am 3.8. um 12.43 Uhr in Dortmund soll L. bei der Kontrolle einen ungültigen Fahrtausweis vorgelegt haben, was ihr die Anklage wegen Betrugs eintrug.

„Da hat sich ein bisschen was angesammelt“, kommentiert Richter Jörn Granseuer trocken die Verlesung der Anklagepunkte.

Angeklagte ein körperliches Wrack

Die Verteidigerin klärt auf: „Ich kenne meine Mandantin schon sehr lange. In einem solchen Zustand habe ich sie aber noch nie gesehen“, erklärt sie dem Gericht. Auch der Betreuer von L.., mit dem sie gesprochen habe, sei der Ansicht, dass sie eigentlich gar nicht mehr allein leben kann. „Es gibt auch Einrichtungen für ältere Langzeitabhängige“, wandte sich Verteidigerin an ihre Mandantin.

Die ihrer Mandantin vorgeworfenen Taten seien „immer unter Drogen oder Alkohol passiert“, räumte die Verteidigerin zur Sache ein. Lediglich zum Betrugsvorwurf am 3.8.22 äußerte sich die Angeklagte persönlich: „Das war so nicht. Ich bin in Holzwickede substituiert worden. In der Einrichtung dort bekommen wir immer Fahrausweise für einen Monat. Der neue Ausweis war noch nicht fertig, deshalb habe ich noch einen alten bekommen. Die Kontrolleurin hatte sowieso schon ein Auge auf mich geworfen und ich sollte 60 Euro zahlen. Das habe ich nicht eingesehen“, verteidigte sich L.

Der Richter nahm ihr die Geschichte zwar ab, wies sie aber darauf hin: „Auch wenn Sie nicht betrügen wollten, war es immer noch das Erschleichen von Leistungen.“  Die übrigen „Schwarzfahrten“ erklären sich dadurch, dass die von der Diamorphin-Praxis ausgegebenen Monatsausweise nur für die Strecke von ihrem Wohnort nach Holzwickede gelten und nicht im ganzen Dortmunder Stadtgebiet.

Langes Vorstrafenregister mit 38 Einträgen

Nicht nur der körperliche Zustand ist ein Indiz für die lange Drogenkarriere der Angeklagten, auch ihr Vorstrafenregister: Nicht weniger als 38 Vorstrafen weist das Bundeszentralregister für L. aus: zumeist einschlägige Geld und Freiheitsstrafen für Diebstahl, Schwarzfahrten sowie Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Die heute angeklagten Tatvorwürfe sah der Vertreter der Anklage als bestätigt an. Für die Angeklagte spreche, dass sie die Taten im Wesentlichen eingeräumt hat. Bei der am 3.8. 22 ihr zur Last gelegten Tat sie nicht täuschen wollen, weshalb es sich nicht um einen Betrug gehandelt habe. Gegen die Angeklagte spreche natürlich das lange Vorstrafenregister sowie die hohe Rückfallgeschwindigkeit. Als Gesamtstrafe forderte der Anklagevertreter deshalb eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen a‘ zehn Euro für L.

Da L. von der Grundsicherung lebt und noch weitere finanzielle Verbindlichkeiten hat, sprach sich ihre Verteidigerin für eine geringere Geldbuße und Tagessätze von nur acht Euro aus.

Richter Jörn Granseuer verurteilte die Angeklagte schließlich wegen Diebstahls und Erschleichens von Leistungen zu einer Gesamtstrafe von 75 Tagessätzen a‘ acht Euro (= 600 Euro), die auch in Raten abgezahlt werden dürfen.

Die Angeklagte, die offenkundig noch ganz andere Probleme hat, und ihre Verteidigerin verzichteten auf Rechtsmittel und nahmen das Urteil an.

Diebstahl, Erschleichen von Leistungen, Junkie


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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