Zwei Welten begegnen sich: Spitzenkandidaten stellen sich Schülern vor
Nein, ein richtiger Auftakt zur „heißen Phase“ des Wahlkampfes für die Bürgermeisterwahl im Herbst ist es nicht gewesen und auch keine richtige Podiumsdiskussion: Ulrike Drossel (Bürgerblock) und Michael Klimziak (SPD), die beiden Spitzenkandidaten, waren am Freitag (29. Mai) im Schülercafé des Clara-Schumann-Gymnasiums zu Gast, um mit Jugendlichen der 10. und 11. Jahrgangsstufe des Clara-Schumann-Gymnasiums zu diskutieren.
Doch eine richtige Diskussion wollte nicht in Gang kommen. Das lag zum einen daran, dass beide Kandidaten sich und ihre politischen Schwerpunkte routiniert, aber eben auch sehr lang vorstellten. Zum anderen stellten die Jugendlichen erstaunlich wenig Fragen, was möglicherweise einer unzureichenden Vorbereitung geschuldet sein mag. Denn dass die Jugendlichen einfach alles gut fanden, was die beiden Spitzenkandidaten ihnen so vorstellten, ist kaum anzunehmen.
Dass deutete sich schon bei den wenigen Fragen an, die die Schüler dann doch an die beiden Politiker hatten. So hakte eine kurdische Schülerin zum Stichwort Flüchtlingsarbeit und ehrenamtliche Hilfe nach und kritisierte, dass bei der Gemeinde wohl doch noch Nachholbedarf bestehe. Sie habe unlängst für einen kurdischen Vater aus den Übergangswohnheimen ihre Hilfe als Übersetzerin bei einer Antragstellung im Bürgerbüro angeboten. „Da hat man meine Hilfe abgelehnt, weil ich erst 17 Jahre alt bin“, wunderte sich die Schülerin. „Warum lehnt man angebotene Hilfe ab? Legt man keinen Wert darauf, dass Jugendliche helfen?“
Warum lehnt man meine angebotene Hilfe ab? Legt man keinen Wert darauf, dass Jugendliche helfen?“
Eine Schülerin des CSG
Zu dem konkreten Sachverhalt konnten beide Spitzenkandidaten natürlich nichts sagen. Doch sie beeilten sich zu versichern, dass man „für Hilfe nie zu jung“ sein kann. Gerade bei der Flüchtlingsarbeit sei die Sprachbarriere ein großes Problem. Deshalb seien Übersetzer besonders gesucht. Als Vorsitzende des Jugendausschusses und ehrenamtlichen Helferkreises versprach Ulrike Drossel der Schülerin: „Kommen Sie anschließend mal zu mir, dann stelle ich einen Kontakt zum ehrenamtlichen Helferkreis her. Dort freut man sich ganz bestimmt über ihr Angebot zu helfen.“
Drei Themen brannten ihren Mitschülern bei der Vorbereitung der Veranstaltung besonders unter den Nägeln, erklärten die beiden Schüler-Moderatoren, Michael Wohlfahrt und Moritz Siebers: „Es gebe nichts für Jugendliche in der Gemeinde, die Brücke im Baugebiet Caroline und die schlechten Busverbindungen.“ Weil Michael Klimziak das vielfältige Freizeit- und Sportangebot in Holzwickede so gelobt hatte, sollte er dazu etwas sagen.
Freizeitangebot, Brücke und Busverbindungen
Dass es keine Angebote für Jugendliche gebe, stimme einfach nicht, antwortete Klimziak und zeigte sich neugierig. „Was fehlt Euch denn hier?“ Zum Beleg verwies er auf die gerade erst durchgeführte Umfrage des Ortsjugendringes unter Jugendliche zu diesem Thema. Rund 90 Prozent der befragten Jugendlichen seien danach im Großen und Ganzen mit den Freizeitangeboten in der Gemeinde zufrieden. Man könne immer etwas verbessern, müsse aber auch ehrlich sein. „Dass ein Kino gewünscht wird, verstehe ich ja.“ Doch die beiden Kinos, die es in Holzwickede mal gab, seien nicht wettbewerbsfähig gewesen. „Und mal ehrlich: Ein Kino, das nicht die neuesten Filme zeigt, will ja auch keiner.“
Beim Thema Brücke erinnerte Michael Klimziak daran, dass alle Parteien im Rat, auch der Bürgerblock von Ulrike Drossel, für den Bau gestimmt haben. „Dass die Brücke dann aber so teuer geworden ist und die Kosten sich vervielfacht haben, ist natürlich ein No-Go.“ Er räumte ein: „Bei den Kosten ist die Brücke ein schlechtes Beispiel, was den Nutzen angeht, aber ein gutes.“
„Wenn ich mittags nach Schulschluss den Bus verpasse, muss ich eine Dreiviertelstunde auf den nächsten Bus warten“
Ein Schüler des CSG , der in Sölde wohnt
Ein echtes Problem für viele Jugendliche sind die schlechten Busverbindungen. Vor allem abends und an den Wochenenden fahre kein Bus. „Wenn ich mittags nach Schulschluss den Bus verpasse, muss ich eine Dreiviertelstunde auf den nächsten Bus warten“, nannte ein Schüler aus Sölde ein Beispiel. Natürlich könne er dann zum Bahnhof laufen, um mit dem Zug zu fahren. „Aber das ist ziemlich weit und geht auch nur, weil ich ganz gut zu Fuß bin.“ Für ältere Menschen sei so etwas eher nicht zumutbar. Eine grundsätzliche Verbesserung konnte keiner der beiden Kandidaten versprechen. „Eine Harmonisierung von Schule und Busverkehr wäre schon etwas besser“, gab Michael Klimziak zu. „Da müsste man mal prüfen, was da zu optimieren ist.“
Nur „alte Menschen“ in der Politik
Die vielleicht wichtigste Frage für alle Politiker wurde ganz am Ende der Veranstaltung von den Schülern gestellt: Es gebe doch „nur alte Menschen in der Politik“. Was die Spitzenkandidaten als Bürgermeister für junge Menschen tun würden, um diese für die Politik zu begeistern?
Aber wir dürfen nicht müde werden uns zu bemühen, junge Menschen für die Politik zu begeistern“
Michael Klimziak (SPD), Spitzenkandidat.
„Wir müssen junge Menschen ernst nehmen“, antwortet Michael Klimziak. Bei seiner Arbeit mit Jugendlichen habe er es stets als sehr hilfreich empfunden, am Wissen der jungen Menschen teilhaben zu können. „Aber es stimmt ja leider, dass alle Parteien überaltert sind“, räumte Klimziak ein. Es gebe viele Gründe, beruflicher wie persönlicher Art, warum junge Menschen, sich nicht dauerhaft politisch engagieren. „Aber wir dürfen nicht müde werden uns zu bemühen, junge Menschen für die Politik zu begeistern“, appellierte Klimziak.
Es ist wirklich ganz schwierig, junge Menschen in die Politik zu politisches Engagement zu begeistern“
Ulrike Drossel (Bürgerblock), Spitzenkanidatin.
Auch Ulrike Drossel räumte ein: „Es ist wirklich ganz schwierig, junge Menschen in die Politik für politisches Engagement zu begeistern“ – und nannte zwei konkrete Beispiele aus eigener Erfahrung: Nach der Podiumsdiskussion im CSG bei der bisher letzten Wahl habe sie selbst politische Patenschaften zwischen Jugendlichen und Politikern angeregt und auch Kontakt mit der Schulleitung aufgenommen. „Es wurden Adressen ausgetauscht. Doch dabei ist es dann leider geblieben.“ Und auch ihr Versuch als Vorsitzende des Jugendausschusses, junge Menschen zum Besuch der Ausschusssitzungen im Rathaus zu motivieren, habe nicht funktioniert und nur zu einem Aushang am Schwarzen Brett geführt.
Bleibt zu hoffen, dass der Auftritt der beiden Spitzenkandidaten gestern die Jugendlichen zumindest motiviert hat, ihre Stimme bei der Bürgermeisterwahl am 13. September abzugeben.