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Kleinschwimmhalle mit Sanierungsbedarf in Millionenhöhe

Hallenbad
Der Betriebsausschuss ließ sich den Sanierungsbedarf der Kleinschwimmhalle am Schulzentrum bei einem Ortstermin am Dienstag erläutern. (Foto: Peter Gräber)

Bäder, und seien es auch nur ganz kleine, sind bekanntlich das sprichwörtliche Fass ohne Boden für eine Kommune. Was das konkret bedeutet, bekamen die Mitglieder des Betriebsausschusses am Dienstagabend (10.3.) am Beispiel der Kleinschwimmhalle vorgeführt. Mindestens 1,27 Mio. Euro, vermutlich aber noch ein paar hunderttausend Euro mehr müsste die Gemeinde Holzwickede über ihren Eigenbetrieb Wasserversorgung in die Hand nehmen, wollte man die Kleinschwimmhalle technisch und baulich auf Vordermann bringen.

Was Dr. Nicole Riedle vom Planungsbüro Balneatechnik GmbH in Wiesbaden beim Ortstermin im Hallenbad und später im Rathaus dem Ausschuss vortrug, ließ die Mitglieder und auch die Verwaltungsvertreter schwer schlucken.

Auslastung des Bades ist richtig gut

Die Auslastung der Kleinschwimmhalle ist richtig gut: 18.000 Personen pro Jahr oder 200 Besucher am Tag sein „eine ganze Menge“, stellte ausgewiesenen Fachfrau fest. Wobei vor allem der Hubboden des Beckens (0,5 m bis 1,80 m Tiefe) da Bad  variabel mache und sich positiv auf die Besucherzahlen auswirke. Der Hubboden wurde gemeinsam mit dem Beckenumgang und der Glasfassade 1998 modernisiert. Der Rest des Bades ist schon fast 50 Jahre alt und sanierungsbedürftig, wie die Expertin sehr detailliert darstellte.

Die Gebäudehülle

Sie wurde zuletzt 1998 mit einer zweifach verglasten Fassade erneuert. Die Gebäudehülle auch energetisch auf den neuesten Stand zu bringen, rät die Expertin ab. Kosten und Nutzen stehen in keinem Verhältnis. „Hände weg!“, rät Dr. Riedl deshalb.

Das Flachdach

Es stammt aus dem Jahr 1967, ist mit Kies belegt und für Badegäste wie Betriebspersonal gleichermaßen problematisch:  Weil es ungedämmt ist, komm t es zu Kältebrücken, die wiederum Schimmel verursachen. Das ist unhygienisch, gefährdet bei längerem Aufenthalt Badegäste wie Betriebspersonal und  ruiniert auf Dauer die Bausubstanz. Die Expertin empfiehlt einen Rückbau bis zur Betondecke und ein neues Dach, das ohne Kies anschließend begehbar sein soll.

Die Außenwände

Eigentlich gibt es nur eine echte Außenfläche an der Kleinschwimmhalle. Sie zu dämmen verursache hohe Kosten und bringe keine nennenswerten Vorteile.

Die Lüftungsanlage

Sie stammt aus dem Jahr 1998 und muss das Bad und die Nebenräume durchlüften. Das schafft die Anlage nicht: Für das Bad ist sie 67 Prozent zu klein und für die Nebenräume 50 Prozent zu klein dimensioniert. Das Ergebnis spürt jeder, der sich in dem Bad aufhält: Gegend das Raumklima in der Kleinschwimmhalle kommt einem das Tropenhaus im Dortmunder Zoo wie ein Kühlkeller vor. Als Abhilfe könnte die alte Entlüftungsanklage für die Nebenräume belassen werden. Für die Schwimmhalle müsste eine neue Entlüftungsanlage installiert werden – aus Platzmangel am besten oben auf dem neuen Dach.

Geschätzte Kosten Flachdach und Entlüftung: 608.000 Euro ohne Mehrwertsteuer.

Der Hubboden und die Wasserdurchströmung

Weil es keine Düsen in den Becken gibt, wird das vorhandene Wasser im Becken mit dem neu zugeführten Wasser nur unzureichend vermischt. Die Folge sind Hygieneprobleme und Schwebpartikel, die auch die Filter nicht beseitigen können. Denn das frisch gefilterte Wasser verteilt sich nur unzureichend mit dem vorhandenen Wasser. Das läuft nicht komplett über die Beckenränder ab, sondern schwappt nur darüber. Folge: Das Wasser ist so, wie es sich anhört: nur Schwappwasser. Die Expertin schlägt vor, das gefilterte frische Wasser über Düsen in die Becken einzubringen und das gesamte Beckenwasser über neue Überlaufrinnen zu führen.

Die Badtechnik

Als Kompromiss schlägt Dr. Riedle vor, den Wasserdurchsatz weiterhin an der großen Wassertiefe zu orientieren und bei 70 m3 zu belassen. Dann müsste die Badtechnik nur teilweise erneuert werden (Beckenhydraulik, Pumpentechnik, Rohrleitungen u.a.) Dies müsste allerdings mit dem Gesundheitsamt abgestimmt werden. Sollte das nicht gehen, müsste die komplette Bädertechnik (alle Rohre, Filter, Behälter) ausgetauscht werden.

Kostenschätzung im günstigeren der beiden Fälle: 185.914 Euro ohne Mehrwertsteuer.

Die Beckenanlage

Sie stammt aus dem Jahr 1967. Die Lasur der Fliesen ist geschädigt, die Fugen sind ausgewachsen. Der Umgang ist zwar aus 1996, jedoch bilden sich schon Pfützen. Das birgt Unfallgefahr. Zur Sanierung sollte eine hochliegende Überlaufrinne abgebracht werden, so die Expertin. Wobei es mehrere Möglichkeiten gibt:

Variante 1: Der vorhandene Beckenrand wird abgesägt und durch eine hochliegende Edelstahlschürze bzw. -rinne ersetzt.

Geschätzte Kosten: 333.876 Euro ohne Mehrwertsteuer.

Variante 2: Wie Variante 1, allerdings werden alle Wand- und Bodenfliesen ersetzt.

Geschätzte Kosten: 333.876 Euro ohne Mehrwertsteuer.

Variante 3: Wie Variante 2, jedoch wird auch der Hubboden erneuert, da dieser ohnehin nur noch circa fünf Jahre halten könnte.

Geschätzte Kosten: 426.876 Euro ohne Mehrwertsteuer.

Nebenräume

Die Kleinschwimmhalle ist mit allen Umkleiden, Duschen, Toiletten, Betriebsräumen ein richtiger Irrgarten. Noch dazu ist der Stiefel- und Barfußbereich  nicht getrennt, fehlen Duschen und Umkleideräume für das Betriebspersonal. Abhilfe bringt nur eine Entkernung mit einer Änderung des Grundrisses.

Geschätzte Kosten: 421.650 Euro ohne Mehrwertsteuer.

Im günstigsten Fall, so Dr. Nicole Riedle,  liegen die Kosten für die Sanierung der Kleinschwimmhalle bei 1.216.459 Euro ohne Mehrwertsteuer. Aber nur, wenn der Hubboden nicht erneuert und die Maßnahme in einem Bauabschnitt durchgeführt würde.

Mit neuem Hubboden, Mehrwertsteuer, Kosten für den Architekten und die Bauaufsicht dürften die Gesamtkosten  aber wohl eher bei fast zwei Millionen Euro liegen.

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Auch an der Badtechnik gibt es einiges zu tun: Dr. Nicole Riedle (r.) erläuterte den Ausschussmitgliedern die Probleme anschaulich. (Foto: Peter Gräber)

Lohnen würde sich die Investition auf jeden Fall nach Ansicht der Expertin: „Es ist ja eine vernünftige Basis da, auf die man aufbauen kann.“ Zumal das Bad ausgesprochen gut genutzt werde. Ohne rechtzeitige Sanierung fahre man das Bad vor die Wand fahren. „Und das wäre doch sehr schade“, findet Dr. Nicole Riedle.

Stefan Petersmann dankte für ausführliche Information über den Zustand des Bades. Der Bäderchef zeigte sich gewillt, die vorgeschlagenen Maßnahmen Schritt für Schritt abzuarbeiten – ähnlich wie im Freibad Schöne Flöte. Ein Sanierungsstau müsse unbedingt vermieden werden. Möglicherweise könnten ja auch noch Fördermittel min Anspruch genommen werden.

Doch soweit ist die Politik offenbar noch nicht. Der Ausschußvorsitzende Frank Spiekermann (CDU) wertete den Vortrag der Expertin sichtlich beeindruckt als „Auftakt für weitere Überlegungen“ und Beratungen in den Fraktionen.

Angesichts der hohen Sanierungskosten der Kleinschwimmhalle wird möglicherweise auch wieder ein ganz anderer Vorschlag diskutiert werden, der bislang stets als zu teuer abgelehnt wurde: Die Überdachung des Freibades Schöne Flöte und Umfunktionierung zum Ganzjahresbad. Die Kleinschwimmhalle könnte dann komplett geschlossen werden.

Bäder, Betriebsausschuss


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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