Fußgängerin stirbt nach Unfall auf Chaussee: Freiheitsstrafe für 81-jährige Unfallfahrerin
Es ist eine schlimme Tragödie, die sich am 6. Mai vorigen Jahres auf der Chaussee ereignete und die heute (28. Februar) ihre Fortsetzung vor dem Amtsgericht Unna fand, wo sich die Dortmunderin Gerda Z. wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit Körperverletzung und unerlaubtem Entfernen vom Unfallort zu verantworten hatte.
An jenem 6. Mai befuhr die 81-jährige Angeklagte gegen 12.15 Uhr mit ihrem Pkw Peugeot die Zeche-Norm-Straße aus Richtung Dortmund kommend und bog nach links in die Chaussee ein. Dabei übersah sie das Ehepaar W. aus Holzwickede, das als Fußgänger gerade die beampelte Straße queren wollten. Gerda Z. erfasst die 74 Jahre alte Ehefrau und schleuderte sie zu Boden. Dabei zog sich die Holzwickederin eine Kopfwunde und weitere schwerste Verletzungen zu.
Das Unfallopfer wurde mit einem Rettungshubschrauber in die Klinik geflogen, verstarb jedoch vier Wochen später an einer Hirnblutung als unmittelbare Folge des Unfalls. Auch ihr Ehemann war bei dem Unfall verletzt worden, konnte jedoch einen Tag später wieder aus der Klinik entlassen werden.
Unfallfahrerin steigt kurz aus – und fährt weg
Die Unfallfahrerin stieg nur kurz aus und fuhr dann davon, ohne sich um die Unfallopfer zu kümmern. Unweit vom Unfallort hielt die 81-Jährige jedoch an, besann sich und kam dann wieder zurück, wo sie in etwa 20 Metern Entfernung vom Unfallort in ihrem Auto sitzen blieb.
Soweit ist der Sachverhalt unstrittig. „Es tut mir sehr leid, aber ich habe die Leute überhaupt nicht wahrgenommen“, erklärte die Angeklagte heute sichtlich betroffen. Warum sie sich vom Unfallort entfernte, ohne sich um die hilflosen schwer verletzten Menschen zu kümmern, erklärte sie so: „Als ich ausgestiegen bin und die große Blutlache auf dem Asphalt gesehen habe, war ich so geschockt. Ich wollte einfach nur kurz weg, um mich zu fangen. Nach fünf Minuten bin ich ja dann auch wiedergekommen.“ Sie habe seit 1965 einen Führerschein und noch nie sei etwas passiert, sagt die 81-Jährige. „Aber seit diesem Tag bin ich nie wieder Auto gefahren.“
Dass die Angeklagte die Fußgänger nicht gesehen hatte, davon geht auch Richter Christian Johann aus. Auch wenn die Ursache dafür nicht mehr nachvollziehbar ist. Absolut kein Verständnis zeigte der Richter indes für die Unfallflucht: Als Unfallfahrerin war sie als erste am Unfallort und hätte helfen müssen. „Da zählen doch Sekunden, um den Notarzt zu rufen. Sie haben keine Hilfe gerufen, sondern sind einfach weggefahren, ohne sich um die hilflosen Personen zu kümmern, die da auf der Straße lagen. Das haben sie anderen Zeugen überlassen, die zum Glück da waren. Da ist wertvolle Zeit verloren worden.“
Hinterbliebene um Entschuldigung gebeten
Der Ehemann und seine Tochter waren als Zeugen geladen, stehen aber immer noch sichtlich unter dem Eindruck des schrecklichen Unfalls und Verlustes der geliebten Frau und Mutter. Richter Johann stellte ihnen frei, auf ihre Zeugenaussagen zu verzichten, was beide auch sofort annahmen. Noch im Gerichtssaal sprach die Angeklagte die beiden Hinterbliebenen an und bat mit tränenerstickter Stimme um Verzeihung: „Es tut mir unendlich leid, was passiert ist. Aber ich kann es leider nicht mehr ungeschehen machen.“
Auch für die Anklagevertreterin wog das Verhalten der Angeklagten nach dem Unfall schwer. „Sie haben erzählt, dass ihre Frontscheibe zersplittert war, vom Schaden an ihrem Auto und von dem vielen Blut, das auf der Straße war, aber kein Wort von den verletzten Menschen.“ Sie habe die hilflosen Verletzten auf der Straße liegen lassen und sind einfach weg. „Sie wussten nicht, ob sich jemand kümmert und haben sich ihrer Verantwortung nicht gestellt.“
Man könne den Tod eines Menschen nicht wiedergutmachen, betonte die Staatsanwältin. „Aber eine Strafe muss sein.“ Auch wenn die Angeklagte sichtlich beeindruckt sei und Reue zeige. Die Staatsanwältin forderte eine Gesamtstrafe von zehn Monaten zur Bewährung ausgesetzt für zwei Jahre. Außerdem forderte sie eine Geldstrafe von 3.000 Euro. Da die Angeklagte charakterlich nicht geeignet sei zur Führung eines Kraftfahrzeuges müsse ihr Führerschein eingezogen werden. Zudem soll eine Sperre von 18 Monaten zur Wiedererlangung verhängt werden.
Urteil: Ein Jahr Haft zur Bewährung ausgesetzt
Die Verteidigerin wies darauf hin, dass ihre Mandantin nach dem Unfall ausgestiegen sei und sehr wohl mitbekommen habe, dass viele Leute vor Ort waren. Auch dass sie nach ihrer Rückkehr im Auto blieb, könne man ihr nicht vorwerfen. Entscheidend sei doch: „Sie wollte sich stellen.“ Ihre Mandantin habe sich ihr ganzes Leben lang straffrei geführt und was passiert sei, tue ihr unendlich leid. „Sie ist auch seitdem nicht wieder gefahren und will das auch nicht mehr.“ Die Verteidigerin hielt von daher eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen für ausreichend.
Richter Christian Johann verurteilte Gerda Z. zu einem Jahr Freiheitsstrafe zur Bewährung auf zwei Jahre ausgesetzt. Ihre Fahrerlaubnis wird eingezogen und ist für mindestens 18 Monate nicht wiederzuerlangen. In seiner Urteilsbegründung stellte der Richter noch einmal klar, dass es „die grundlegende Pflicht eines jeden Verkehrsteilnehmers ist, zu helfen, wenn jemand schwer verletzt auf der Straße liegt“. Das habe die Angeklagte nicht getan. „Sie sind weggefahren, ohne sich zu kümmern. Dass sie danach wiedergekommen sind, tut deshalb eigentlich nichts zur Sache.“ Die Angeklagte zeige zwar echte Reue. „Sie sind kein Monster und selbst Großmutter. Klar, aber der Ehemann und die Tochter der Verstorbenen leiden sicher noch mehr als Sie.“