IHK-Wirtschaftsgespräch in Holzwickede: Fachkräftemangel und Wünsche der Generation Z
Zum Wirtschaftsgespräch der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Dortmund konnten gestern Abend (22.11.) IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber und die neue IHK-Regionalbetreuerin Maike Fritzsching rund 40 Gäste im Emschersaal des Rat- und Bürgerhauses begrüßen. Die studierte Soziologin und Wirtschaftswissenschaftlerin Fritzsching leitet seit Herbst 2022 den Geschäftsbereich Berufliche Bildung und Fachkräftesicherung bei der IHK. Der frühere Regionalbetreuer Gero Brandenburg ist in dieser Funktion nach Unna gewechselt.
Als Bildungsexpertin kennt Maike Fritzsching natürlich die Situation, die Moderator Thorsten Wagner, Chefredakteur von Antenne Unna, in seiner Einleitung mit Blick auf den steigenden Fachkräftemangel skizzierte. Die unangenehme Wahrheit lautet: Den Unternehmen geht das qualifizierte Personal aus, der demografische Wandel fordert seinen Tribut. „Bis 2030 werden im Ruhrgebiet rund 270.000 Fachkräfte fehlen, allein in der IHK-Region sind es etwa 40.000“, machte Wagner das Problem deutlich und nannte exemplarisch die Ausbildungslücke während der Corona-Pandemie. Im Jahr 2020 wurden statt der üblichen gut 5.000 neuen Ausbildungsverträge nur 4.200 abgeschlossen. Auch die Jahre 2021 (4.300) und 2022 (4.500) blieben hinter den Erwartungen und Bedarfen der Ausbildungsbetriebe weit zurück. „Nur mit Blick auf diese drei Jahre fehlen den Unternehmen in der IHK-Region bereits 2.000 Auszubildende“, bilanzierte Wagner, der das Thema auch in der Podiumsrunde mit Stefan Schreiber, Kämmerer Andreas Heinrich und Wirtschaftsförderer Stefan Thiel fortführte.
Ausbildungsbetriebe in Holzwickede „erstklassig“
Immerhin bei den Unternehmen in Holzwickede hat sich die Ausbildungssituation wieder stabilisiert, wie der IHK-Hauptgeschäftsführer im Gespräch erläuterte und den „Top-Ausbildungsstandort Holzwickede“ besonders lobte. Bis Ende Oktober des laufenden Jahres verzeichnete die IHK insgesamt 88 neue Ausbildungsverhältnisse. „Damit erreichen wir noch nicht das Niveau von 2019 (92), dem Jahr vor Beginn der Pandemie, haben aber ein deutliches Plus von 4,8 Prozent im Vergleich zu 2022 (84). Das stimmt uns sehr zuversichtlich. Die Ausbildungsbetriebe hier vor Ort sind erstklassig“, so Schreiber.
Ein geschätzter „Ausbildungsbetrieb“ ist auch die Gemeindeverwaltung selbst, wie Kämmerer Andreas Heinrich im Podiumsgespräch ausführte. Gegenwärtig durchlaufen insgesamt zehn Auszubildende – etwa angehende Verwaltungsfachangestellte – die unterschiedlichen Bereiche. 2024 sollen sieben neue Azubis eingestellt werden. Wirtschaftsförderer Andreas Thiel ergänzte, dass auch für die Verwaltung der persönliche Kontakt mit Bewerberinnen und Bewerbern sehr wichtig sei. „Wir wollen deshalb 2024 in Zusammenarbeit mit den Kammern, der Wirtschaftsförderung des Kreises Unna, der Arbeitsagentur und den Schulen erstmalig eine Jobmesse veranstalten“, kündigte Thiel an.
Gemeinde plant erstmals eine Job-Messe
Neue Mitarbeitende werden von allen Unternehmen am Standort gesucht. Und schon bald wird die Zahl der Betriebe vor Ort weiter wachsen. Die Gemeinde trägt den zahlreichen Anfragen aus der Wirtschaft Rechnung und weist am Airport Dortmund neue Flächen aus. „Unmittelbar an der A40 entwickeln wir in Zusammenarbeit mit der WFG den ECO PORT Süd. Ab 2024 bringen wir hier weitere sieben Hektar hochwertige Gewerbefläche an den Markt“, sagte Thiel.
Welche Rolle angesichts des Fachkräftemangels die Generation Z spielt, und welche besonderen Ansprüche sie an die Unternehmen stellt, erörterte Stella Schwarz, Senior HR-Consultant bei Gen Talents. Gen Talents läuft unter dem Dach der Bildungsplattform STARTUP TEENS, die sich zum Ziel gesetzt hat, junge Menschen beim Weg in die Selbstständigkeit zu unterstützen und Unternehmen zu beraten: „Sie hören oder lesen in den Medien oft, diese Generation sei wenig arbeitswillig. Bis 2025 wird diese Gruppe aber 35 Prozent des Bruttoeinkommens in Deutschland erwirtschaften. Zudem geben 50 Prozent der Befragten aus dieser Generation an, sich vorstellen zu können, sich selbstständig zu machen. Das sagt niemand, der keine Lust hat, zu arbeiten.“
Worauf die Generation Z wert legt
Gleichzeitig wies Schwarz darauf hin, dass man davon ausgehe, diese Generation werde im Laufe ihres Berufslebens rund 20 verschiedene Arbeitgeber haben. „Die Gen Z hinterfragt den Sinn ihrer Arbeit, schätzt Teamwork und legt Wert auf Abwechslung. Lehrjahre sind keine Herrenjahre – dieser Satz ist nicht mehr en vogue“, sagte Schwarz und ergänzte: „Die jungen Leute wollen vor allem in ihrer Individualität wahrgenommen und akzeptiert werden.“
Den Schlusspunkt im offiziellen Teil des Wirtschaftsgesprächs setzte die neue IHK-Regionalbetreuerin Maike Fritzsching. Sie erläuterte, wie die IHK die Unternehmen bei der Suche nach neuen Fachkräften unterstützt und stellte die bundesweite Ausbildungskampagne „Jetzt #könnenlernen“ vor, die seit dem Frühjahr mit aufwändigen Videoclips vor allem in den sozialen Medien wie TikTok für Aufsehen sorgt. „Wichtig ist uns, den jungen Leuten auf Augenhöhe zu begegnen. Und das gelingt sehr gut über gleichaltrige Influencer, die aus erster Hand über ihre Ausbildung berichten.“ Fritzsching appellierte an die Unternehmen: „Wir brauchen Sie, um diese Kampagne in die Region zu tragen. Wenn Sie Interesse haben, sich zu beteiligen, sprechen Sie uns gerne an!“