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Die sanierungsbedürftigen Flüchtlingsunterkünfte an der Bahnhofstraße 11 und 11a sind zum finanziellen Klotz am Bein der Gemeinde geworden: Die Sanierung würde sehr teuer. Ein Abriss allerdings noch sehr viel teurer. (Foto: P. Gräber - Emscherblog)

Verwaltung berichtet über aktuelle Situation der Flüchtlinge

Die neuen Flüchtlingsunterkünfte an der Bahnhofstraße 11 und 11a weisen erhebliche Baumängel auf. (Foto: P. Gräber - Emscherblog.de)
Die neuen Flüchtlingsunterkünfte an der Bahnhofstraße 11 und 11a weisen erhebliche Baumängel auf. Derzeit sind dort 58 Personen untergebracht.  (Foto: P. Gräber – Emscherblog.de)

Im Mittelpunkt des Ausschusses für Jugend, Familie, Senioren und Gleichstellung stand heute (19. Februar) ein Bericht der Verwaltung zur aktuellen Flüchtlingsituation in Holzwickede. Die CDU-Fraktion hatte um den Bericht gebeten und um Antwort auf 14 konkrete Fragen gebeten.

Für die Verwaltung legte Andreas vom Lehn die aktuellen Fallzahlen dar: Danach sind in Holzwickede aktuell 138 Flüchtlinge untergebracht, von denen 35 anerkannt, 17 geduldet und 86 abgelehnte Asylbewerber sind. Diese verteilen sich auf die Unterkünfte wie folgt:  Bahnhofstraße 11 (30 Personen); Bahnhofstraße 11a (28); Massener Straße 69 (20); Massener Straße 71 (28), Mühlenstraße 40/2 (21); Mühlenstraße 40/2a (0).

Außerdem gibt 13 externe bzw. abgängige Flüchtlinge. Dabei handelt es sich um Personen, die zwar in der Gemeinde unterzubringen sind, deren Aufenthaltsort derzeit aber unbekannt ist. Auf Nachfrage teilte die Verwaltung mit, diese „abgetauchten“ Personen auch keinerlei Leistungsbezüge erhalten.

Auf dem Höhepunkt des Zustroms lebten in Holzwickede 273 Flüchtlinge (I. Quartal 2017), danach sank ihre Zahl kontinuierlich auf 201 Personen (III/17), 176 Personen (III/17) 152 Personen (IV/17) auf derzeit 138 Personen.

Die 138 Flüchtlinge in Holzwickede kommen aus insgesamt 25 Ländern, die Mehrzahl aus Syrien und Afghanistan. Neu zugewiesene Flüchtlinge, auch anerkannte, sind aktuell von der Bezirksregierung Arnsberg nicht angekündigt, so Andreas vom Lehn.

Entspannte Unterbringungssituation

Zur Unterbringungssituation erklärte Andreas vom Lehn, dass „die Zimmer durch die abnehmende Zahl von Flüchtlingen mit viel Spielraum durch das Sozialteam eingeteilt“ und unterschiedlich bewohnt seien. Meistens sind es Vier- bis Sechs-Bettzimmer, die nur als Doppelzimmer genutzt werden. Auch einige Einzelzimmer sind derzeit zugeteilt. Möglich ist das, weil einer maximalen Belegung von 303 Personen aktuell nur rund 140 belegte Plätze gegenüberstehen.

Unter den Flüchtlingen in den Unterkünften sind auch anerkannte Asylbewerber, die theoretisch jederzeit das Wohnheim verlassen könnten, wenn sie eine Wohnung fänden. Wenn sie Leistungen vom Jobcenter erhalten, müsste das Jobcenter auch die Kosten der privaten Wohnung anerkennen.

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gibt es in Holzwickede nicht. Diese Flüchtlinge würden zudem vom zuständigen Jugendamt betreut.

Wie die Verwaltung mitteilt, lässt der bauliche Zustand teilweise zu wünschen übrig.

Insbesondere in den neuen Unterkünften an der Bahnhofstraße 11 und 11a gibt es erhebliche Baumängel, die sich erst nach Abnahme des Gebäudes gezeigt haben. Diese Mängel werden im Rahmen bestehender Gewährleistungen abgearbeitet. Wie die 1. Beigeordnete, Bernd Kasischke, erläuterte, dauert das jedoch seine Zeit, da teilweise Sachverständige und Gutachten erforderlich sind.

In den Unterkünften Massener Straße 69/71 erfolgt die Beseitigung der durch den Betrieb verursachten Mängel im laufenden Betrieb. Drei Bäder müssen dort noch saniert werden. Darüber hinaus gebe es keine Auffälligkeiten.

In den Unterkünften an der Mühlenstraße ergeben sich keine Auffälligkeiten. Zu einer eventuellen Nachnutzung der Unterkünfte dort gibt es bisher keine Überlegungen, so die Verwaltung. Die Wohnheime sind aber so konzipiert, dass dort Wohnraum entstehen könnte. „Damit könnte die Mühlenstraße eventuell ab 2019 entbehrlich sein“, so die Verwaltung in ihrem Bericht.

Wohnungssuche problematisch

Zur Situation der Flüchtlinge nach der Anerkennung (Statusänderung) führt die Verwaltung aus:  Anerkannte Flüchtlinge obliegen direkt nach Anerkennung der Zuständigkeit des Jobcenters (wirtschaftliche Leistungen und Integration in Arbeit). Anerkannten Flüchtlinge können das Wohnheim verlassen und sich eine eigene Wohnung nehmen. Im Rahmen der Wohnungssuche erfolgt Unterstützung durch das Sozialamt.

Anerkannte, die weiterhin im Wohnheim wohnen, werden weiter durch das Sozialteam der Gemeinde intensiv betreut. Hier ergibt sich durch die Statusänderung kein Unterschied. Anerkannte Flüchtlinge haben ebenfalls weiter die Möglichkeit, sich mit persönlichen Anliegen an die Betreuer der Gemeinde zu wenden.

Da kaum kleine Wohnungen im Gemeindegebiet vorhanden sind, ergibt sich leider manchmal eine längere Verweildauer in den Wohnheimen.

Bei erfolgreicher Wohnungssuche und dem folgenden Umzug erfolgt eine weitreichende Unterstützung durch die ehrenamtliche Initiative „Willkommen in Holzwickede“, die den Umzug organisiert und durchführt. Das Jobcenter unterstützt die Flüchtlinge durch finanzielle Beihilfe für die Beschaffung   von notwendiger Ausstattung.

Die rückläufige Zahl der Flüchtlinge ist größtenteils auf eine Anerkennung, also Statusänderung zurückzuführen. Abschiebungen gab es dagegen nur sehr wenige. Im Jahr 2017 wurden aus Holzwickede lediglich fünf Personen durch das Ausländeramt abgeschoben. Zudem erfolgten 17 freiwillige Ausreisen von vollziehbaren Ausreisepflichtigen.

Soweit der Verwaltung bekannt, nehmen verteilen sich die Teilnehmer an Integrationsmaßnahmen wie folgt:

Erwerbstätigkeit/Job 14 Personen
Praktikanten in Firmen: 7 Personen
Zweigleisige Berufsausbildung an Kollegs: 6 Personen
Schulpflichtige Kinder: 9 Personen
Angebotene Integrationsmaßnahmen: 27 Personen
Sprachkurs der Gemeinde: 9 Personen
Ehrenamtlich organisierte Sprachkurse: 20 Personen

Die Abgrenzung zwischen angebotenen Maßnahmen (z.B. vom Jobcenter) und Aktivitäten aus eigenem Antrieb ist für die Gemeinde oftmals nicht klar erkennbar, da es zu Sozialamt keine Anzeige- und Meldepflicht gibt.

Unauffällige Kriminalitätsrate

Schließlich listet die Gemeinde auch die Kriminaldelikte in den Unterkünften auf. Danach gab es im Jahr 2016 in den Holzwickeder Unterkünften insgesamt sechs Kriminalitätsdelikte: unerlaubter Aufenthalt nach unerlaubter Einreise, Diebstahl, Erschleichung von Leistungen, Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz.

Im Jahr 2017 gab es in den Unterkünften insgesamt 18 Kriminalitätsdelikte, darunter sechs Gewaltdelikte: Bedrohung, Sozialleistungsbetrug, vorsätzliche einfach Körperverletzung, Sachbeschädigung. Urkundenfälschung.

Damit stellen die „kommunale Unterbringungseinrichtungen keine Brennpunkte“ dar und sind auch „hinsichtlich des Einsatzaufkommens unauffällig“, so das Fazit der Kreispolizei Unna.

Gemeinde und Ehrenamtliche überfordert

Einige Teilnehmer des netzwerkstreffens zur Integrationsarbeit im Sitzungssaal des Rathauses am vergangenen Donnerstag. (Foto: privat)
Das Netzwerkstreffen zur Integrationsarbeit im Holzwickeder Rathaus am 8. Februar (Foto) kann nur ein erster Schritt sein, nach Ansicht der ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer.  (Foto: privat)

Im Anschluss an den Bericht zur Flüchtlingssituation wies Friedhelm Nusch, Sprecher der ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer, darauf hin, dass es dringend notwendig ist, eine zusätzliche eigene Stelle zur Förderung der Integration der Flüchtlinge einzurichten. Das Treffen aller beteiligten Institutionen am 8. Februar im Rathaus sei ein erster Schritt gewesen.

„Doch nun brauchen wir eine Stelle, die sich gezielt darum kümmert, was wir für Flüchtlinge in Holzwickede tun können und ganz gezielt ein Netzwerk aufbaut.“  Bei allem guten Willen seien die Verwaltung mit ihrem Sozialteam, aber auch die ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer mit dieser Aufgabe überfordert. Friedhelm Nuschs dringende Bitte: „Darüber sollte sich die Politik Gedanken machen.“

Flüchtlingssituation


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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