Syrien-Abend im Alois-Gemmeke-Haus stößt auf großes Interesse
Über 50 Holzwickeder, unter ihnen auch eine Anzahl von Geflüchteten, nahmen am Montagabend (23.7.) das Angebot wahr, sich aus erster Hand über die Situation in Syrien ein Bild zu machen. Mit Dr. Kenan Engin hatten die Veranstalter, die katholischen Kirchengemeinden, Flüchtlingsinitiative und das katholische Erwachsenenbildungswerk, einen ausgezeichneten Referenten anzubieten.
Der Referent stammt aus Syrien, von wo er schon im Jahr 2000 geflohen ist und inzwischen an der Universität Kassel sich habilitiert hat. Zwei Stunden folgten die Zuhörenden mit großer Aufmerksamkeit seinem kenntnisreichen Vortrag und der anschließenden Diskussion.
Kenan Engin stellte zunächst die Akteure des Syrienkonfiktes dar und machte auf die Vielfalt der Ethnien, Religionen und sozialen Strukturen aufmerksam. Was 2011 als ein Aufstand für „Brot und Freiheit“ begann und von der Regierung blutig bekämpft wurde, wandelte sich immer mehr in einen internationalen Konflikt mit kriegerischen Auseinandersetzungen.
Kenan Engin erklärte die wirtschaftlichen und politischen Interessen der verschiedenen Konfliktparteien. In Syrien, so Kenan Engin, kann man nicht mehr von einem Bürgerkrieg sprechen, sondern es ist ein Stellvertreterkrieg geworden zwischen verschiedenen internationalen Akteuren, die ihre politischen Einflusssphären ausweiten oder erhalten wollen. Opfer des Krieges ist die syrische Bevölkerung.
Volksaufstand eskalierte zu Stellvertreterkrieg
Als es noch um den Aufstand gegen das Assad-Regime ging, flohen die Menschen innerhalb Syriens, um sich in Sicherheit zu bringen. Als sich der Konflikt ausweitete, IS und weitere militante Rebellen Eroberungen vornahmen, wichen die syrischen Flüchtlinge in die Nachbarländer aus. 2014 eskalierte der Krieg in einem Ausmaß, dass viele in ihrer Verzweiflung nur noch ihre Hoffnung in einer Flucht nach Europa sahen. Denn die „Gastländer“ Türkei, Libanon und Jordanien waren zu dem Zeitpunkt schon hoffnungslos überlastet und wurden zudem nur unzureichend durch internationaler Hilfe bei der Bewältigung der Versorgung der Flüchtlinge unterstützt.
Der Kampf um die politische Vormachtstellung im Nahen Osten und die wirtschaftlichen Interessen an dem weltweit größten Gasfeld sind treibende Kraft in diesem Krieg. Für große Teile der syrischen Bevölkerung ging und geht es aber um ihre Freiheitsrechte. Die verschiedenen Geheimdienste verbreiten Angst und Schrecken in Syrien, so dass auch dann, wenn die Waffen schweigen würden, eine Rückkehr in ihre Heimat mit lebensbedrohendem Risiko behaftet ist.
Wenig Hoffnung auf Lösung des Konflikts
In der sehr lebhaften und mit sachkundigen Beiträgen vertiefenden Diskussion wurde deutlich, wie wenig Hoffnung zurzeit und in naher Zukunft besteht, dass es für Syrien eine Lösung gibt.
Der Abend endete mit einem musikalischen Beitrag einer syrischen Musikergruppe. Bei der Musik auf einheimischen Instrumenten konnte den gewonnenen Eindrücken nachgespürt werden. Ein kleines Buffet mit syrischen Kostproben bot anschließend Gelegenheit, noch untereinander vertiefend ins Gespräch zu kommen. Dieser Abend weckte neben der Fülle von Sachinformationen auch viel Verständnis für die syrischen Geflüchteten, die in Holzwickede leben.
Info: Heute Abend (24. Juli) um 19 Uhr gibt es ein Treffen aller christlichen Geflüchteten aus Holzwickede mit Vertretern und Vertreterinnen der Gemeiden Liebfrauen und St. Stephanus, den evangelischen Gemeinden und der Freien evangelischen Gemeinde.