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Siegel des Vereins Kinderfreundliche Kommune

Siegel „Kinderfreundliche Kommune“: Bewerbung der Gemeinde weiter offen

Beispiel einer gemeinsam mit dem Verein „Kinderfreundliche Kommune“ erarbeiteten Maßnahme aus der Gemeinde Algermissen (8.239 Einwohner): Mit dem Projekt „Wir bestimmen mit!“ belegte die Gemeinde den ersten Platz beim Niedersächsischen KinderHabenRechtePreis 2018 .

Auf Antrag der SPD hatte der Ausschuss für Jugend, Familie, Senioren und Gleichstellung Ende Oktober vorigen Jahres die Verwaltung beauftragt, Kontakt mit dem Verein „Kinderfreundliche Kommunen e.V.“ aufzunehmen und die für einen Zertifizierungsprozess nötigen 4.000 Euro pro Jahr (bis 2022) bereitzustellen. Die Initiative wird von der UNICEF und des Deutschen Kinderhilfswerkes unterstützt und inzwischen bemühen sich 21 Kommunen um das Qualitätssiegel „Kinderfreundliche Kommune“, darunter kleine Kommunen wie Algermissen, aber auch Großstädte wie Köln. In der Sitzung des Fachausschusses gestern Abend (18.2.) stellte die Projektleiterin des Vereins, Susanne Fuchs, das Programm vor.

Wie Susanne Fuchs in ihrem gut einstündigen Vortrag erläuterte, hat der Verein den Auftrag übernommen, Kommunen Unterstützung bei der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention zu geben. Das Programm bzw. der Zertifizierungsprozess zielt darauf ab,

  • in der Politik eine veränderte Sicht auf Kinder und ihre Recht zu schaffen
  • die Verwaltung für das Kindswohl und Kinderinteressen zu sensibilisieren
  • in der Öffentlichkeit die Rechte der Kinder bekannter zu machen sowie
  • Kinder und Jugend und ihre Recht zu stärken

damit sich Kinder und Jugendliche und Erwachsene in ihrem, Ort wohlfühlen.

Projektleiterin stellt Verein vor

Das Beteiligungsverfahren (selbstverständlich unter Einbeziehung der Kinder und Jugendlichen) sieht vor, dass nach der Beschlussfassung der Kommune zur Teilnahme zunächst eine Bestandsaufnahme gemacht wird. „Wobei wir jede Kommune an der Stelle abholen, wo sie steht“, betont Susanne Fuchs. Danach werden gemeinsam mit allen Beteiligten ein Aktionsplan erstellt. Die Maßnahmen können die gesamte Bandbreite des gesellschaftlichen  Lebens umfassen: von der Inklusion über Schulen und Kitas bis hin zu Flüchtlingen und Straßenverkehr und Themen wie Mobbing und Gewalt. Wichtig sei ihrem Verein auch, im Zertifizierungsprozess „an bestehende  Strukturen und  Projekte in den jeweiligen Kommunen anzudocken“.

 „Bei der Beschäftigung mit diesen Themen werden Sie ganz schnell merken, dass die Bedürfnisse  von Kindern und Jugendlichen sehr häufig deckungsgleich sind mit denen der älteren Generationen, etwa im Straßenverkehr“, so die Projektleiterin. Danach gibt es bereits das Siegel – quasi als Versprechen auf die künftige Umsetzung des Aktionsplans. Die Experten des Vereins begleiten anschließend die Umsetzung der Maßnahmen in den Kommunen mit ihrem Knowhow in einer vier Jahre dauernden Phase. Nach drei Jahren kann die Umsetzung des Aktionsplans überprüft und das Siegel  verlängert werden, danach verbleibt es dauerhaft bei einer Kommune.

Allerdings, so die Projektleiterin daran, wird der Zertifizierungsprozess und das Siegel nicht ohne Einsatz von finanziellen und personellen Ressourcen zu haben sein. Unabdingbar sei, dass alle mitgenommen werden: von der Verwaltung bis zur Zivilgesellschaft. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass dort, wo die verwaltungsspitze dahintersteht, das Projekt auch gut läuft und eine Eigendynamik entwickelt“, so Susanne Fuchs.

„Ein tolles Programm“, lobte Holzwickedes Beigeordneter Bernd Kasischke das Projekt. Inhaltlich gebe es auch nichts daran auszusetzen. Allerdings: Die Verwaltung empfahl trotzdem, Zurückhaltung.

Verwaltung gegen Teilnahme

 Der Grund:  Nach den Recherchen bei bereits teilnehmenden Kommunen sei mit einem zusätzlichen Personalbedarf von einer halben Vollzeitstelle (= ca. 45.000 Euro/Jahr) sowie  weiteren Dachkosten zu rechnen, die sich aus den im Aktionsplan erarbeiteten Maßnahmen ergeben. Außerdem kommt auf die Gemeinde eine in eine ähnliche Richtung gehende Maßnahme zu,  das „Kommunale Präventionskonzept“.  Denn nach dem Bundeskinderschutzgesetz sind die Kommunen seit 2012 gesetzlich verpflichtet,  „umfassende präventive Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen und für die Unterstützung von Familien“ zu erarbeiten. Erste Planungsgespräche für die Erarbeitung eines Präventionskonzeptes für Holzwickede wurden bereits mit dem Kreis Unna geführt. „Auch hier ist aufgrund des gesetzlichen Auftrags von einem zusätzlichen Stellenbedarf  auszugehen“, so die Verwaltung.

Schließlich hat der Kreistag auf Antrag der SPD-Kreistagsfraktion die Errichtung eines Familienbüros in Holzwickede unter Einsatz einer zusätzlichen halben Fachkraftstelle noch in diesem Jahr beschlossen.

„Darum können wir aus Sicht der Verwaltung nicht empfehlen, an dem Programm teilzunehmen“, so der 1. Beigeordnete.

Finanzielle Konsequenzen offen

In der anschließenden Diskussion zeichnete sich kein einhelliges Meinungsbild ab: Für die SPD als Antragsteller wies Till Knoche darauf hin, dass die Teilnahme  an dem Projekt bei der Erstellung eines Kommunalen Präventionskonzepts „sehr hilfreich“ sei, da das Knowhow und die Ressourcen des Vereins genutzt werden könnten. „Wir können dabei selbst die Hilfe nach Bedarf in Anspruch nehmen und auch das Tempo bestimmen.“ Auf Nachfrage bestätigte Projektleiterin Susanne Fuchs bestätigte: „Es gibt ein großes Überschneidungspotenzial, die Ziele sind fast deckungsgleich.“

Der Bürgerblock-Sprecher wies ebenfalls auf den Nutzen hin: „Die Kinder haben etwas davon.“  Die übrigen Fraktionen wollten jedoch zunächst einmal abwarten, was die weiteren Gespräche mit dem Kreisjugendamt ergeben und welche Personalkosten auf die Gemeinde zukommen werden.

Auf Vorschlag von Bernd Kasischke gab der Ausschuss deshalb noch keine Empfehlung ab, sondern stellte den Beschluss bis zur nächsten Sitzung zurück. In der Sitzung wird sich dann auch die neue Leiterin des Amtes für Familie und Jugend beim Kreis Unna, Katja Schuon, vorstellen und zum Thema äußern.

AfJFSG


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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