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Schöffengericht schickt 23-Jährigen wegen vorsätzlicher Körperverletzung weitere neun Monate in Haft

Dass der 23 Jahre alte Unnaer B. ein Gewaltproblem und seine Aggressionen nicht im Griff hat, ist ebenso offensichtlich wie sein ausufernder Konsum von Alkohol und anderen Drogen.  Eingebracht hat ihm dies neben einem langen Vorstrafenregister bereits eine Haftstrafe von drei Jahren und zwei Monaten nach dem Jugendstrafrecht, von der er noch 15 Monate absitzen muss. Heute (29. März) kam für den 23-Jährigen vor dem Schöffengericht Unna weitere neun Monate Haft wegen Körperverletzung in drei Fällen hinzu – seine erste Strafe nach dem Erwachsenenrecht.

Dabei kam B. noch ganz glimpflich davon, denn seit er in der JVA Dortmund in Haft sitzt und keinen Alkohol oder andere Drogen mehr konsumiert, macht er einen vernünftigeren und „deutlich klareren Eindruck“ als noch in seiner letzten Verhandlung im vergangenen Jahr, wie ihm Richter Jörg Hüchtmann heute attestierte.

Insgesamt sechs Anklagepunkte

Die insgesamt sechs Vorfälle, die ihm die Anklage heute zur Last legte, ereigneten sich alle im Zeitraum von November 2019 bis August 2020 in Unna und Holzwickede. Im Grunde ging es jeweils um Beziehungsstreitigkeiten mit seiner Freundin im alkoholisierten Zustand, wobei Unbeteiligte dazwischen gerieten und Kollateralschäden erlitten.

Übrig blieben heute nach Ende der Beweisaufnahme nur noch drei Anklagepunkte: Familienangehörige und weitere Zeugen, hatten von ihrem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch gemacht oder waren erst gar nicht zur Verhandlung erschienen, andere Vorwürfe stellten sich auch als geringfügig heraus. Die Verfahren wurden abgetrennt und vorläufig eingestellt.

Übrig blieben drei Fälle von vorsätzlicher Körperverletzung: Am 14. November 2019 hatten sich er Angeklagte und seine Freundin gegen 20.10 Uhr am Königsborner Tor wie die Besenbinder auch handgreiflich gestritten. „Beide haben sich nichts geschenkt“, so eine Zeugin heute. Als die unbeteiligte 17-Jährige sich schützend vor die Freundin von B. stellte, geriet sie zwischen die Fronten und erhielt vom Angeklagten eine Kopfnuss. Allerdings, so die Geschädigte, sei der Stoß mit dem Kopf gegen ihre Stirn zwar schmerzhaft, aber „nicht sehr heftig“ gewesen. Außer eine Beule an ihrer Braue habe sie auch keine Verletzungen davon getragen. Zudem habe sich der Angeklagte inzwischen via Instagram bei ihr entschuldigt. Sie habe die Entschuldigung auch angenommen, womit es „jetzt auch gut“ sei.

Wohnung der Freundin in Holzwickede gestürmt

Weniger versöhnlich verlief der Zwischenfall am 18. Januar 2020 in der Poststraße in Holzwickede ab, wo die Freundin des Angeklagten wohnte. In einer Phase, als man sich gerade mal wieder getrennt hatte, wollte B. zusammen mit einem Freund seinen Fernseher und einige Kleidungsstücke aus der Wohnungen holen. Weil sein Freundin schon ahnte, was passieren würde, wie sie heute im Zeugenstand sagte, verweigerte sie ihm den Zutritt ins Haus und ihre Wohnung. Schließlich hatte sie zwei junge Männer in ihrer Wohnung zu Gast.

„Meine Wohnung sah hinterher aus, als ob eine Bombe eingeschlagen hätte.“

– Ex-Freundin des Angeklagten im Zeugenstand

Ihr Pech: Eine Nachbarin ließ den Angeklagten und seinen Begleiter ins Treppenhaus. B. stürmte prompt in die erste Etage zur Wohnung seiner Freundin hoch, die vergeblich versuchte, ihn auf der Treppe abzufangen. Auch die schon defekte, aber immerhin geschlossene Tür ihrer Wohnung konnte den wütenden Ex-Freund nicht aufhalten. Als dieser in der Wohnung dann auch noch die beiden Männer entdeckte, kam auch noch Eifersucht ins Spiel. Es entwickelte sich eine handgreiflicher Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und seiner Ex-Freundin. „Meine Wohnung sah hinterher aus, als ob eine Bombe eingeschlagen hätte“, so die Zeugin.

Ihre beiden männlichen Gäste verfolgten schließlich den flüchteten Angeklagten und seinen Freund bis auf die Poststraße. Verletzt wurde die Freundin zwar nicht bei der Rangelei in ihrer Wohnung. Sie trug „nur einen langen Kratzer an der Seite“ davon, der „ärztlich nicht behandelt“ werden musste. Allerdings habe dieserr Zwischenfall sie derart mitgenommen, „dass ich deswegen Holzwickede verlassen und weggezogen bin“, wie die Zeugin erklärte.

Der dritte Fall vorsätzlicher Körperverletzung spielte sich am 31. März 2020 auf dem Bahnhofsvorplatz in Unna ab. Dort verprügelte der Angeklagte seinen inzwischen 29 Jahre alten Bruder, weil dieser seine Freundin beleidigt und ihn damit verärgert hatte. Der Bruder verweigerte zwar die Aussage heute. Eine unbeteiligte Zeugin (53 Jahre) konnte den Zwischenfall, der mit einer blutigen Nase und Lippe für den Bruder endete, haarklein schildern. Die Zeugin hatte auch die Polizei gerufen.

Staatsanwältin fordert Haftstrafe von 15 Monaten

Die Staatsanwältin sah alle verbliebenen drei Anklagepunkte aufgrund des Geständnisses von B. und den Zeugenaussagen als nachgewiesen an. Die Kopfnuss gegen eine Unbeteiligte, die ihre Auseinandersetzung nur schlichten wollte, der Zwischenfall in der Wohnung der Freundin in Holzwickede („Eine ziemlich harte Nummer.“) und schließlich der „Racheakt“ gegen seinen eigenen Bruder. Für den Angeklagten spreche kaum mehr als sein Geständnis, gegen ihn aber sein langes, oft einschlägiges Vorstrafenregister. Die Anklagevertreterin hielt deshalb eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten für angemessen.

Die Verteidigerin von B. sah das naturgemäß anders. Sie verwies darauf, dass alle drei Taten ohne schwerwiegende Folgen für die Opfer geblieben sind. Auch habe es es Gründe für das Ausrasten ihres Mandanten gegeben, der zudem auch unter Alkohol- und/oder Drogeneinfluss stand. So habe ihr Mandant den Eindruck gehabt, dass die unbeteiligte Zeugin, die ihn wegdrängen wollte, um seine Freundin zu schützen, ihn angreifen wollte. Seine Freundin habe sich geweigert, ihm seine Kleidung und sein TV-Gerät auszuhändigen und auf seinen Bruder war ihr Mandant sauer, weil er sich sehr abfällig über seine Freundin geäußert hatte. Mit Blick auf die noch abzubüßende Reststrafe plädierte die Verteidigerin auf neun Monate Haft für ihren Mandanten.

Angeklagter muss nun noch zwei Jahre absitzen

Richter Jörg Hüchtmann folgte mit seinem Urteil und einer Gesamtstrafe von neun Monaten dem Antrag der Verteidigung. Im Streit am Königsborner Tor hätte der Angeklagte unter Alkohol- und Amphetamineinfluss gestanden.  „Er und seine Freundin haben sich in dem Streit beide nichts geschenkt“, als die unbeteiligte Personen eingriffen. Ein Kopfstoß sei zwar „eine der massivsten Formen der Körperverletzung „und können „schwere Folgen bis zum Tod“ haben, so der Richter weiter. Der Angeklagte habe aber „nicht mit voller Kraft“ den Kopfstoß ausgeübt. Während das Gericht dafür eine Einzelstrafe von neun Monaten ansetzte, waren es für den Vorfall in der Poststraße in Holzwickede zwei Monate. Bis zu dem Moment, als B. dort die Tür seiner Freundin gewaltsam öffnete und in ihre Wohnung eindrang, sei alles noch in Ordnung gewesen. Doch dann habe er seine Freundin auch geschlagen. Nicht zweifelsfrei nachzuweisen waren ihm die Sachbeschädigungen. Für die Schlägerei mit dem eigenen Bruder auf dem Bahnhofsvorplatz in Unna, sei aus Rache und Verärgerung über die Beleidigungen der Freundin passiert. Dafür setzte das Gericht weitere drei Monate Einzelstrafe an – alles zusammengefasst zu neun Monaten Haft, die der Angeklagte nun zusätzlich zu einer 15-monatigen Reststrafe in der JVA absitzen muss.

Gericht, Körperverletzung


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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