Rumänin 24fach gesucht – warum eine Festnahme trotzdem nicht möglich war
Es gibt Meldungen, die viele Bürger ratlos hinterlassen. Etwa die der 21-jährigen Rumänin, der am vergangenen Sonntagmorgen auf dem Flughafen Dortmund die Einreise verweigert wurde, weil gegen sie ein Haftbefehl und insgesamt 23 (!) Fahndungsnotierungen von verschiedenen Staatsanwaltschaften quer durch Deutschland vorliegen. „Wenn sie doch schon mal da war, warum wurde sie dann nicht gleich verhaftet?“, fragt sich vermutlich nicht nur Emscherblog-Leser Andreas Lücke.
Die Antwort auf diese berechtigte Frage fördert einige Merkwürdigkeiten zu Tage, für die viele Bürger kaum Verständnis haben dürften. Wie schon am Sonntag berichtet, konnte die 21-Jährige den gegen sie vorliegenden Haftbefehl durch Zahlung einer Geldstrafe von 300 Euro abwenden. Ihre vorliegenden Fahndungsnotierungen bedeuten zunächst einmal noch nicht zwingend, dass sie auch als Tatverdächtige im Zusammenhang mit einer Straftat gesucht wird. Sie könnte ebenso auch eine Zeugin sein, nach der eine Staatsanwaltschaft sucht, weil sie unter ihrer letzten Adresse nicht mehr zu erreichen ist.
Im konkreten Fall ist die 21-jährige Rumänin allerdings polizeibekannt gewesen und soll in Zusammenhang mit überwiegend Eigentumsdelikten wie Taschendiebstahl und Wohnungseinbruch gesucht worden sein.
Was das bedeutet, dürfte auch den Bundespolizisten im Dortmunder Flughafen nicht entgangen sein, die ganz sicher nicht an der Wand schlafen und die junge Frau vermutlich gerne festgesetzt hätten. Wie Volker Stall, Sprecher der Bundespolizei bestätigt, sollen sie das auch versucht haben.
Datenabgleich über Ländergrenzen nicht möglich
Allerdings standen die Beamten vor einem Problem: Um die junge Rumänin festnehmen zu können, hätten sie die Hilfe einer Staatsanwaltschaft gebraucht, die ihnen bestätigt, dass bei der jungen Frau die Voraussetzungen für einen Haftbefehl gegeben sind. Allerdings sind daran einige Bedingungen geknüpft, so dass eine Festnahme und U-Haft ziemlich schwierig durchzusetzen ist. Erst recht, wenn es sich um eine EU-Bürgerin handelt, die sich nach dem Schengen-Abkommen innerhalb der EU-Grenzen frei bewegen darf.
Doch bevor nun sofort wieder die böse EU-Bürokratie kritisiert wird, sollten wir bei den eigenen deutschen Unzulänglichkeiten ansetzen. Denn wie Volker Stall bestätigt, hatte die Staatsanwaltschaft in NRW, bei der seine Kollegen am Sonntagmorgen nachfragten, ob sie die junge Rumänin festsetzen können, das prompt abgelehnt. Eigentlich kein Wunder, denn untereinander sind die Ermittlungsbehörden nur unzureichend vernetzt. Man mag es ja kaum glauben, aber für die Staatsanwaltschaft, die am Sonntag angefragt wurde, war es kaum möglich, auf die Schnelle zu prüfen, in welchem Umfang die 21-Jährige überhaupt tatverdächtig ist. Denn lediglich drei Fahndungsgesuche stammten von Staatsanwaltschaften aus NRW, die anderen 20 sind über Staatsanwaltschaften quer durch mehrere Bundesländern verteilt. Ein Datenabgleich über die Ländergrenzen hinweg ist aber nicht möglich.
Die Bundespolizisten am Dortmunder Flughafen konnten der 21-jährigen Rumänin deshalb nur die Einreise verweigern, sie aber nicht festnehmen, um weitere Straftaten zu verhindern. Ob sie dabei die Faust in der Tasche geballt haben, ist nicht bekannt.