Skip to main content
Setzt auf parteiübergreifende Zusammenarbeit, um etwas für Holzwickede zu bewirken: der SPD-Spitzenkandidat Peter Wehlack mit Familienhund Luma im eigenen Garten. (Foto: P. Gräber - Emscherblog)

Peter Wehlack: Der politische Quereinsteiger, der auf parteiübergreifende Zusammenarbeit setzt

Setzt auf parteiübergreifende Zusammenarbeit, um etwas für Holzwickede zu bewirken: der SPD-Spitzenkandidat Peter Wehlack mit Familienhund Luma im eigenen Garten. (Foto: P. Gräber - Emscherblog)
Setzt auf parteiübergreifende Zusammenarbeit, um etwas für Holzwickede zu bewirken: der SPD-Spitzenkandidat Peter Wehlack mit Familienhund Luma im eigenen Garten. (Foto: P. Gräber – Emscherblog)

Die Kommunalwahl findet am 13. September statt. Gewählt wird an diesem Termin nicht nur ein neuer Gemeinderat, sondern auch eine neue Bürgermeisterin oder ein neuer Bürgermeister für die Gemeinde Holzwickede. Der Emscherblog hat mit allen vier Bewerbern Interviews geführt, die an dieser Stelle veröffentlicht werden. Nach den Interviews mit der amtierenden Bürgermeisterin Ulrike Drossel und der Kandidatin der Grünen, Susanne Werbinsky, lesen Sie heute das Interview mit dem Peter Wehlack (SPD). Als letztes Interview folgt dann das Gespräch mit Frank Lausmann (CDU)

Zur Person:  Peter Wehlack (54) ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Er ist Leiter einer Realschule in Kamen und erst seit 2013 Mitglied der SPD. Als einziger der Kandidaten ist er kein Mitglied des Gemeinderates. Dennoch wurde er als erster Kandidat für das Bürgermeisteramt bereits im vorigen Jahr von seiner Partei nominiert. Vielen Holzwickedern dürfte Peter Wehlack auch als 1. Vorsitzender der Turngemeinde Holzwickede bekannt sein.

Emscherblog: Herr Wehlack, Sie sind ja schon seit sieben Jahren Mitglied der SPD. Politisch in Erscheinung getreten sind Sie allerdings erst im vergangenen Jahr als Bürgermeisterkandidat. Warum haben Sie sich entschlossen, dieses Spitzenamt anzustreben, nachdem Sie vorher doch politisch eher unauffällig gewesen sind?

Wehlack: Ich bin damals motiviert durch Jenz Rother, Michael Klimziak und Dennis Herkelmann in die SPD eingetreten, weil ich gesehen habe: Die bewegen etwas in Holzwickede, mit dem ich mich identifizieren kann. Tatsächlich bin ich dann aber mit meiner Familie, einem Hausbau und meinem Beruf als Schulleiter doch sehr eingespannt gewesen. Irgendwann rief mich dann Michael Klimziak an und fragte nach, ob ich nicht aktiver werden und stärker mitarbeiten wolle. Doch das war der Zeitpunkt, als unser jüngster Sohn Theo geboren war und deshalb habe ich mich weiter zurückgehalten. Am Ende waren es dann aber Gespräche mit Michael Klimziak, Jenz Rother oder auch Jonas Beckmann, die mich dazu bewogen haben, um das Spitzenamt zu bewerben. Weil ich Holzwickeder bin und glaube, dass ich auch Verwaltung kann und wirklich etwas bewirken will für diese Gemeinde. Nach langen Gesprächen mit meiner Frau und der Familie und reiflicher Überlegung habe ich dann gesagt: Okay, das kann ich mir vorstellen.

Emscherblog: Sie kommen ja eigentlich aus einer politischen Familie. Ihre Mutter ist noch immer für die FDP politisch aktiv…

Wehlack: Richtig und mein Vater ist Mitglied beim Bürgerblock.

Emscherblog: Der Sohn bei der SPD, die Mutter bei der FDP und der Vater beim Bürgerblock – da sind die Familienfeiern im Hause Wehlack sicher konfliktträchtig.

 Wehlack: Nein, überhaupt nicht. Ganz ehrlich. Ich sehe das, glaube ich, ähnlich wie in der Holzwickeder Politik. Am Ende wollen alle etwas Gutes für Holzwickede. Es gibt vielleicht manchmal andere Ansätze, auch unterschiedliche Ideen, die wir dann auch diskutieren, das erlebe ich ja auch in unseren Ausschusssitzungen, aber am Ende haben alle das gleiche Ziel: das Beste für Holzwickede. Das ist vielleicht unterschiedlich ausgeprägt, aber so ist das in unserer Familie auch, wenn wir miteinander diskutieren und es um Holzwickede geht. Ansonsten blenden wir die Politik natürlich auch einfach aus.

Emscherblog: Etwas Gutes für Holzwickede tun, fällt das einem Bürgermeister leichter, der zu einer Mehrheitsfraktion oder doch zumindest einer der stärksten Fraktionen im Rat gehört oder verkompliziert es die Dinge möglicherweise sogar manchmal?

 Wehlack: Als Bürgermeister wäre ich immer noch Mitglied einer Partei. Aber ich verstehe das Amt wirklich parteiübergreifend. Da ist es am Ende egal, ob eine Ende Idee rot, grün, gelb oder schwarz ist. Hauptsache ist doch, die Idee ist gut. Ich glaube, da müssen wir hinkommen: Wenn es im Rat oder in den Ausschüssen gute Ideen gibt, dann müssen die aufgegriffen werden, egal aus welcher Partei sie kommen. Vielleicht ist das ja auch einer meiner großen Vorteile, dass ich auch quer denken kann. Denn ich habe ja keine so ganz rote Vergangenheit und bewege mich noch nicht so lange in diesen politischen Bahnen in Holzwickede, sondern bin über meine Eltern auch mit der FDP, dem Bürgerblock in Verbindung und habe selbst auch eine grüne Vergangenheit, so dass ich wirklich Ideen aufgreifen und das Beste daraus zusammenführen kann.

„Wenn es im Rat oder in den Ausschüssen gute Ideen gibt, dann müssen die aufgegriffen werden, egal aus welcher Partei sie kommen.“

-Peter Wehlack

Emscherblog: Wenn Sie es schon einmal ansprechen: Was würden Sie denn als Ihre größten Stärken bezeichnen?

 Wehlack: Persönlich bin ich sehr zielstrebig. Ich kann sehr gut mit Menschen umgehen, das merke ich tagtäglich auch in meinem Beruf. Als Schulleiter hat man ja ein Kollegium, das ganz heterogen ist: der Deutsch-Lehrer, der Mathe- und der Sport-Lehrer sind auch schon von der Fakultas her völlig verschieden. Und die in einem Team zusammenzubringen, sie mit gemeinsamen Zielen in eine Richtung zu führen, das ist auch für einen Schulleiter eine sehr große Aufgabe. Das gelingt ganz gut an meiner Schule. Ich denke, diese Eigenschaft kann ich auch ganz gut einbringen in die Arbeit mit einer Verwaltung. So dass die vielen Menschen, die dort arbeiten, als Team auftreten und alle gemeinsam auf ein Ziel hinarbeiten. Das gilt übrigens genauso für die Politik in ihrer breiten Vielfalt, dass man versucht, sie zu einen. Nicht zu einer Partei, aber um gemeinsam nach vorne zu kommen. Wichtig ist einfach, die Menschen mitzunehmen, mit denen man arbeitet. Natürlich muss man als Schulleiter auch gut strukturiert sein und organisiert arbeiten können sowie kommunikativ sein, schon wegen der täglichen Elterngespräche. Aber mit Menschen zu reden und mit ihnen umzugehen, ist etwas, was ich ganz gut kann.

Emscherblog: Das hört sich eher weniger polarisierend an.

 Wehlack: Ja ganz bestimmt, zu polarisieren ist nicht meine Art. Ich versuche lieber, gemeinsam Wege zu gehen. Das Gegeneinander kostet unheimlich viel Kraft und man verliert schnell das eigentliche Ziel aus dem Blick. Wenn alle an einem Strang ziehen, erreicht man schneller mehr. Man muss natürlich auch Abstriche machen, aber das ist nun mal so in einer Demokratie. Da muss man schauen, wo es Mehrheiten gibt, wie man Menschen überzeugen kann. Das ist der demokratische Prozess, zu dem auch gehört, dass man einen Mehrheitsbeschluss anschließend gemeinsam tragen muss.

Emscherblog: Wenn wir über Ihre Stärken gesprochen haben, müssen wir nun selbstverständlich auch über Ihre Schwächen sprechen. Was sind denn Ihre größten?

 Wehlack: Die Frage nach den Schwächen ist ja immer eine, die auch in Bewerbungsgesprächen gestellt wird. Ich würde nicht behaupten wollen, dass ich keine Schwächen habe. Aber die eine so richtig ausgeprägte Schwäche habe ich jetzt nicht. Meine Frau sagt immer, dass ich etwas stoisch sein kann.

Emscherblog: Alle Wählerinnen wissen vermutlich jetzt sehr gut, was sie davon zu halten haben…

 Wehlack (lacht): Ja, aber ich sage meiner Frau immer: Das ist Ruhe und Gelassenheit. Auf der anderen Seite gleicht das ja auch aus im Familienleben, was wichtig ist. Im Ernst: Man muss auch mal Fünfe gerade sein lassen können und nicht immer sofort auf die Barrikaden gehen.

Emscherblog: Mangelnde Erfahrung mit einer Kommunalverwaltung könnte Ihnen als Schwäche ausgelegt werden. Sehen Sie das zumindest als Nachteil für einen Bürgermeister und Verwaltungschef an?

 Wehlack: Ich denke nicht. Ich glaube, die Gemeinde Holzwickede hat ein starkes Verwaltungsteam, einen kompetenten Ersten Beigeordneten, den ich sehr schätze, wie auch einen Kämmerer, der, wenn auch neu im Amt, seine Kämmerei gut im Griff hat. Das gleiche gilt wohl auch für alle anderen Verwaltungsbereiche. Meine Aufgabe wäre es natürlich, sich Kompetenz zu erarbeiten. Dazu gehört, dass man sich auch in Verwaltungsabläufe reindenkt und sich natürlich mit Haushaltsplänen auseinandersetzt. Aber auch an Schulen gibt es einen Haushalt. Der ist natürlich nicht kommunal aufgestellt. Aber als Leiter einer großen Kamener Schule habe ich natürlich auch Einblick in die Haushaltspolitik der Stadt Kamen, zumindest soweit es die Schulen angeht. Von daher sind mir Haushaltsgesetzgebung, -planung und Vergabe schon bekannt. Ansonsten ist die Kommunalverwaltung sicherlich eine besondere Organisation, aber auch eine Schule ist eine besondere Organisation. Ich glaube, da gibt es schon auch einige Parallelen. Ich traue mir das durchaus zu.

Emscherblog: Wenn wir schon einmal beim Thema sind. Wie sehen Sie denn die Holzwickeder Verwaltung aufgestellt?

 Wehlack: Soweit ich das von außen erkennen kann, macht die Verwaltung eine ganz gute Arbeit. Es gibt so den einen oder anderen Punkt, wo ich mich als Bürger gefreute hätte, wenn ich etwas schneller Antwort bekommen hätte, wo ich mich als Vereinsvorsitzender freuen würde, wenn sich etwas im Bereich Sport verändert hätte oder wo ich mir als Lehrer und Schulleiter wünschen würde, dass sich im Bereich EDV etwas verändern würde. Ich glaube, dass sind auch die Punkte, wo man in der Verwaltung etwas ändern müsste. Das bedeutet nicht, dass die Mitarbeiter das bisher schlecht machen. Ich würde es nur vielleicht etwas anders machen wollen. Ein Beispiel aus dem Bereich Sport, das mir seit vielen Jahren immer wieder auffällt: Es gibt immer noch keinen richtigen Buchungskalender für unsere Sporthallen. Stattdessen gibt es ein schwerfälliges System über Anrufe und Rückbescheide. Da frage ich mich, warum man das nicht längst über einen Google-Kalender oder irgendeinen anderen interaktiven Kalender, auf den alle zugreifen können, viel einfacher umsetzt. Das ist keine Kritik an den Menschen, sondern an der Sache. Da würde ich mir gerne einen Schub wünschen.

Emscherblog: Da sind wir ja schon fast bei einem anderen großen Thema: der Digitalisierung.

 Wehlack: Ja, das ist ein sehr großes Thema. Corona hat uns ja in vielen Dingen zurückgeworfen, aber bei der Digitalisierung wird uns Corona, glaube ich, nach vorne bringen. Wir haben erlebt, dass viele Sachen, die früher nicht so einfach möglich waren, wie etwa das Homeoffice, plötzlich doch machbar waren oder sein mussten. Sonst wären ja viele große Unternehmen oder die Verwaltung komplett lahmgelegt worden. Diese positiven Effekte müssen wir mitnehmen in die Zukunft. Wir werden demnächst sicher keine fünf Tage pro Woche Homeoffice in der Verwaltung haben, aber wenn es nur ein Tag ist, haben wir schon 20 Prozent weniger Fahrtkosten und Emissionen für diesen Mitarbeiter, der morgens nicht aus Dortmund, Unna oder auch Holzwickede zu seinem Arbeitsplatz fährt. Das sind ganz einfache Mitnahmeeffekte, da muss man mit der Personalvertretung gemeinsam sehen, wo so etwas machbar ist.

„Ich denken, das Thema Digitalisierung der Schule haben wir extrem in den letzten Jahren verschlafen.“

-Peter Wehlack

Emscherblog: Im Bereich Bürgerservice wird das kaum möglich sein. Eine Kommunalverwaltung sollte doch möglichst auch für persönlichen Kontakt der Bürger ansprechbar sein.

 Wehlack: Ja, aber nehmen wir als Beispiel eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter der oder die Steuerbescheide für die Grundsteuer verschickt. Dafür ist ja kein direkter Bürgerkontakt nötig. Viele Dinge kann ich auch per Computer erledigen. Außerdem gibt es ja noch das Telefon, mit dem man Vieles erledigen kann. Nicht, dass ich nun genau diesen Mitarbeiter ins Homeoffice schicken will, aber das wäre für mich so eine Funktion, die  auch gut von zu Hause aus erledigt werden könnte. Auch im Fachbereich Schule, Sport, Kultur könnte ich mir so etwas vorstellen. Die Hallenvergabe etwa oder das Organisieren von Reparaturen in den Sporthallen und Schulen – für so etwas muss man ja nicht unbedingt persönlich anwesend sein, um es zu erledigen. Natürlich kommt es auch darauf an, ob jemand das möchte. Am Ende kommt es auf das Ergebnis an, das passen muss. Ich glaube, acht Stunden im Rathaus mit einer Stechuhr können genauso ungenutzt verstreichen wie sie intensiv genutzt werden können im Homeoffice.

Emscherblog: Da Sie kein polarisierenden Mensch sind, wie Sie sagen, fällt Ihnen die nächste Antwort möglicherweise etwas schwerer. Trotzdem würde mich interessieren, wo sie die größten Defizite der Gemeinde Holzwickede sehen.  

 Wehlack: Da komme ich zuerst auf das Thema Digitalisierung der Schule, weil mir das auch beruflich nahe liegt. Ich denke, dieses Thema haben wir extrem in den letzten Jahren verschlafen. Das erlebe ich durch meine Kinder, aber auch, wenn ich mit Menschen über Unterrichtsgestaltung spreche, Unterricht auf Distanz oder Homeschooling. Da stehen wir hier fast völlig am Anfang. Wenn ich das vergleiche mit dem, was wir in Kamen in dem Bereich haben, dann sind wir dort zehn Jahre weiter als in Holzwickede.

Emscherblog: Können Sie da vielleicht ein Beispiel nennen? Es ist ja nicht so, dass wir in Holzwickede an den Schulen keine Computer haben.

Wehlack: Ich habe an meiner Schule in Kamen im Jahr 2005 das erste interaktive Whiteboard gehabt. In Holzwickede läuft der Medienentwicklungsplan gerade erst an. Hier gibt es aktuell nur insgesamt zwei oder drei an den Schulen. In Kamen sind wir bereits in der dritten Generation mit diesen interaktiven Displays. Wir haben tatsächlich auch schon längst für alle Kolleginnen und Kollegen Notebooks bekommen und ein flächendeckendes WLAN. Wir haben in Kamen eine gemeinsame Nutzeroberfläche mit der wir vom ersten Tag des Corona-Lockdowns an jeden unserer Schüler erreicht haben. Und wenn es Schüler gab, die kein eigenes Endgerät hatten, dann haben sie von uns ein Endgerät bekommen.

Emscherblog: Das ist alles über den Schulträger und die Schulen in Kamen gelaufen?

 Wehlack: Richtig, das ist alles in kommunaler Verantwortung gelaufen. Da ist die Stadt Kamen wirklich deutlich weiter als Holzwickede. Hier passieren gerade erst die Anfänge. Da hängen wir tatsächlich meilenweit hinten dran. Das hat sich jetzt in der Coronazeit auch deutlich gezeigt. Ich konnte das im Schul- und Sportausschuss genau verfolgen, auch, was die Schulen zurück gemeldet haben, welche Kinder nicht erreicht worden sind und welche Defizite bei den Endgeräten an unseren Schulen vorhanden sind. Das ist ein Punkt, wo die Gemeinde zwar dran ist. Der Medienentwicklungsplan läuft an, aber das ist eben alles sehr träge. Was Sie vielleicht auch verfolgt haben: Das Land NRW hat zwei Fördertöpfe freigemacht. Einmal für Endgeräte für Kinder, die sozial bedürftig sind und den anderen für Lehrer-Endgeräte. Die Geräte können die Kommunen besorgen. Das ist alles nicht ganz so einfach, das weiß ich auch. Aber in Kamen hatten wir dazu bereits am 5. August, also in den Ferien, eine Sitzung mit allen Schulleitern und dem Schuldezernenten, um zu überlegen, wie wir diese Landesmittel sinnvoll verausgaben können. Da ging darum, was angeschafft wird, wer es anschafft und wie die Geräte vergeben werden. Von einer Kollegin in Hamm weiß ich, dass sie von ihrem Schulträger eine Liste mit Endgeräten bekommen hat, auf der sie nur noch ankreuzen brauchte, was bestellt werden soll. In Holzwickede habe ich vergangenen Mittwoch (29. Juli) unseren Beigeordneten Bernd Kasischke gefragt, wie es bei uns aussieht und zur Antwort bekommen: „Wir sind dran und werden etwas präsentieren.“ Das soll jetzt keine Kritik an seiner Person sein, aber da könnte man einfach mal schneller reagieren. Wenn wir uns erst am 19. August in der Arbeitsgruppe Medienentwicklungsplan hinsetzen, dann gibt es möglicherweise gar keine Endgeräte mehr, wenn das ganze Land Nordrhein-Westfalen Endgeräte bestellt. Die Finanzmittel müssen bis Ende des Jahres verausgabt und auch noch Ausschreibungs- und Beschaffungsverfahren durchgeführt werden — dann ist das Jahr schon um.

Emscherblog: Falls Sie zum Bürgermeister gewählt werden, welche Themen oder Maßnahmen hätten über die Digitalisierung hinaus für Sie Priorität?

 Wehlack: Die Digitalisierung der Schulen ist jedenfalls ein ganz großer Bereich, den ich angehen würde. Ich finde aber auch die Verkehrspolitik sehr wichtig. Das zeigt ja nicht zuletzt auch die plötzlich wieder aufgekommene Diskussion um die Ostumgehung. Das war schon überraschend, weil die Ostumgehung ja eigentlich gar kein aktuelles Thema mehr für die kommende Wahl war. Was die Gegner der Ostumgehung wie Wilfried Brinkmann oder Uli Bangert da geäußert haben zur Verkehrsfrage, mag ja alles richtig sein. Fazit ist aber doch: Wir müssen für unseren Verkehr eine vernünftige Lösung finden. Als Bürgermeister wäre ich völlig außen vor, was die Entscheidung über den Bau der L 677n angeht. Diese Entscheidung wird vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen irgendwann kommen. Ich muss mich aber für Holzwickede mit der Frage auseinandersetzen, wie wir unsere Verkehrsprobleme, beispielsweise die ungleich verteilten Verkehrslasten, lösen können. In drei Jahren ist der Ausbau der Autobahn fertig und der Verkehr fließt weiter über die Nordstraße. Da müssen wir doch endlich einmal eine Perspektive finden. Deshalb müssen wir selbstverständlich etwas tun. Ich fahre doch auch Auto in Holzwickede. Der Zustand auf der Massener Straße beispielsweise ist einfach hanebüchen, da muss man sich teilweise in den Straßengraben setzen, um den Gegenverkehr passieren zu lassen. Und es wird ja nicht besser werden in der Zukunft. Das ist auch so ein Punkt, wo ich denken, dass in den letzten Jahren zu wenig gemacht worden ist. Das ist vielleicht auch einer der Kritikpunkte an der bisherigen Verwaltungsspitze.

„Ich habe ja vor sechs Jahren auch in der Menschenkette gestanden und gegen die Ostumgehung protestiert, aber wir brauchen doch eine Verkehrsentlastung in Holzwickede und eine gleichmäßigere Verteilung der Verkehrslasten.“

-Peter Wehlack

Die war ja besetzt mit jemandem, der gegen die Ostumgehung ist. Wenn es jetzt heißt, dass verkehrspolitisch nichts passiert ist, dann frage ich mich: Ja, warum ist denn nichts passiert? Wenn Herr Schlinkmann etwa kritisiert, dass es kein Konzept für die Entwicklung des Holzwickeder Verkehrs gibt, dann frage ich mich: Warum hat denn die Verwaltungsspitze kein Konzept für den Holzwickeder Verkehr entwickelt? Zumindest in Sachen Ostumgehung ist doch in den letzten Jahren nichts passiert. Ich finde auch, da müssen wir unbedingt ran. Da müssen wir uns mit dem Kreis zusammen hinsetzen, wegen der Kreisstraßen, natürlich auch mit dem Land und allen anderen Beteiligten und versuchen, eine vernünftige Perspektive für Holzwickede zu entwickeln. Das kann natürlich eine östliche Umgehung sein. Ich habe ja vor sechs Jahren auch in der Menschenkette gestanden und gegen die Ostumgehung protestiert, aber wir brauchen doch eine Verkehrsentlastung in Holzwickede und eine gleichmäßigere Verteilung der Verkehrslasten. Dazu müssen wir aber auch in den Westen der Gemeinde schauen. Als SPD hatten wir schon die Idee mit dem Künstler-Gelände, die aus verschiedenen Gründen leider nicht zum Tragen gekommen ist. Doch auch auf den Westen müssen wir den Blick werfen, denn gleichmäßige Verkehrsverteilung heißt nicht nur im Osten, sondern auch im Westen und in der Mitte, eben ein Dreiachsen-Modell.

Emscherblog: Nun sagen die Gegner der Ostumgehung: Wir lösen das Problem nicht, indem wir mehr Straßen bauen. Die würden nur zu noch mehr Verkehr führen.

 Wehlack: Natürlich ist ein wichtiger Punkt auch eine Veränderung im Bewusstsein der Menschen und damit einhergehend eine Mobilitätswende. Aber ein erster Punkt ist einfach die Verteilung des vorhandenen Verkehrs auf mehrere Straßen. Denn auch die Verkehrsgutachten und das Klimaschutzkonzept sagen ja: Für den größten Teil der Emissionen in Holzwickede ist der Autoverkehr verantwortlich. Wir haben einen hohen Anteil an Berufspendlern, die zu uns kommen. Dieser Anteil wird sich auch in den nächsten Jahren nicht wesentlich verändern. Es sind aber nicht nur die Berufspendler, hinzu kommen ja auch noch die Pendler durch die Defizite beim verfügbaren Wohnraum. Deshalb müssen wir zunächst auch über neue Straßen nachdenken und selbstverständlich auch über Veränderungen von Mobilität insgesamt. Die Idee des Bürgerbusses finde ich zum Beispiel richtig gut. Ich denke da vielleicht zu unkompliziert, aber in Abstimmung mit der VKU, mit einem Verein, der Bus fährt nach einem festen Fahrplan nur auf fester Route im Kreis durch die Gemeinde für zwei oder drei Euro – so etwas muss man doch nicht so kompliziert machen. Ich bin auch sicher, dass wir in Holzwickede Menschen finden, die sich dafür ehrenamtlich engagieren. Die Idee ist ja auch schon bei uns in den Ausschüssen diskutiert worden. Da wurden viele Bedenken vorgebracht, warum das alles nicht gelingen kann. Ich finde: Argumente, warum etwas schwierig ist, kann man immer finden. Mein Ansatz ist es eher, Lösungen zu suchen und keine Probleme herauf zu beschwören. Vielleicht kann man einen Verein für den Bürgerbus gründen und der kann natürlich  auch nicht alles ehrenamtlich organisieren.  Hier stelle ich mir eine Unterstützung durch die Verwaltung vor. Denkbar wäre ein ehrenamtlicher Vorsitzender, aber die Geschäftsführung müsste bei der Verwaltung liegen, weil hier beispielsweise die Manpower und Kontinuität gewährleistet sein muss. Dann müssten vielleicht zwei oder drei Fahrer über bürgerschaftliches Engagement gefunden werden. Aber ich bin mir sicher, dass wir gerade in Holzwickede diese Menschen finden werden, die zwei oder drei Fahrten übernehmen würden. Selbstverständlich müssten wir auch etwas Geld in die Hand nehmen, aber eine Veränderung der Mobilität kostet nun mal Geld, machen wir uns nichts vor. Auch die  Emissionen, der Klimaschutz oder der Straßenbau kosten auch Geld. Der dritte Punkt, der mir bei Verkehrspolitik einfällt, sind unsere Radwege. Das erlebe ich täglich, wenn ich mit meinen Kindern auf dem Rad durch die Gemeinde fahre. Das ist traurig und gefährlich.

Emscherblog: Es muss aber auch den Platz für vernünftige Radwege geben.

 Wehlack: Das ist richtig. Aber wir dürfen eben nicht immer nur vom Auto aus denken, sondern auch mal aus der Perspektive der Radfahrer. Das Thema Radwege ist auch ganz eng mit dem Kreis vernetzt. Da haben wir mit Mario Löhr jemanden, der einen guten Blick auf den öffentlichen Nahverkehr hat. Er kommt aus Selm und hat viel eigene Erfahrungen als Bürgermeister in Selm mit der Anbindung an den Nachverkehr sammeln können.  Selm ist in einigen Bereichen sicher nicht viel besser als Holzwickede an den ÖPNV angebunden. Schon von daher erwarte ich von Mario Löhr viele Impulse und neue Ideen in diesem Bereich. Das kann auch für uns in Holzwickede nur von Vorteil sein. Den öffentlichen Nahverkehr können wir in Holzwickede nicht allein gestalten. Wir könnten vielleicht einen Bürgerbus einrichten, aber wenn ich mir vorstelle, dass unsere Schulkinder kostengünstig oder vielleicht sogar kostenfrei den Nahverkehr in Holzwickede nutzen oder auch nach Unna kommen können, dann sind immer sofort die VKU und der Kreis Unna mit im Boot. Doch wie gesagt: Nichts ist umsonst. Wenn wir etwas wirklich wollen, müssen wir auch das Geld dafür in die Hand nehmen und sagen: Wir bringen unsere Kinder sehr früh dazu, den öffentlichen Nahverkehr ausgiebig zu nutzen und machen eine ansprechende Versorgung. Dann ist auch die Sozialisation mit dem Nahverkehr eine ganz andere. Das erleben wir ja auch woanders. Junge Menschen sind gar nicht mehr so angewiesen auf den Führerschein. Die Altersgruppe, in dem ein Führerschein gemacht wird, verschiebt sich immer weiter nach hinten.

„Die Idee des Bürgerbusses finde ich zum Beispiel richtig gut.“

-Peter Wehlack

Emscherblog: Holzwickede ist aber immer noch die Kommune mit den bundesweit meisten Berufspendlern.

 Wehlack: Ja, das bringt uns aber zu dem Punkt, dass wir eben auch wenig verfügbaren Wohnraum haben. Im Wohnpark Emscherquelle entsteht ja gerade ein neues Wohngebiet. Ich fürchte aber, dass es zunächst nur ein Angebot für entsprechend begüterte Familie ist. Wir müssen aber auch Wohnraum schaffen für Familien, die nicht so viel Geld haben und zur Miete wohnen. Auch wenn dort gerade etwas mehr als 60 Mietsegmente entstehen, reicht das nicht. Darum müssen wir einfach einmal offenen Auges durch Holzwickede gehen und überlegen, wo man noch Mietwohnungen bauen kann. Der Bauverein hatte ja unlängst einen Vorschlag gemacht. Da muss man natürlich genauer hinsehen, ob es der richtige Standort für eine Bebauung ist. In unserer letzten Klausur haben wir in der SPD auch über eine Nachfolgebebauung in der Bahnhofstraße nachgedacht, wo jetzt die sanierungsbedürftigen, abrissfähigen Flüchtlingsunterkünfte sind. Das wäre ein perfekter Platz für die UKBS. Wie gesagt: Offenen Auges durch Holzwickede gehen und sehen, wo kann man in Holzwickede noch vernünftig bauen.

Emscherblog: Nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie sieht sich die Gemeinde mit erheblichen Mehrausgaben und deutlich weniger Steuereinnahmen konfrontiert. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung der Finanzsituation der Gemeinde vor diesem Hintergrund?

 Wehlack: Ich bin fest davon überzeugt, dass wir als Gemeinde auch künftig noch Handlungsspielräume haben. Denn wir haben eine relativ gute Ausgangsrücklage, die so um die sechs Millionen Euro liegt. Auch wenn ich die Situation des Kreishaushaltes sehe, wo ja die Kosten der Unterkunft der größte Ausgabeposten sind und wir da eine zusätzliche Entlastung vom Bund um 25 Prozent bekommen, dann wird das über die Kreisumlage indirekt auch hoffentlich unseren Gemeindehaushalt deutlich entlasten. Wir werden auch zumindest für 2020 von Bund und Land Ausgleichszahlungen für die Gewerbesteuer bekommen. Darum glaube ich, dass es uns dieses Jahr nicht ganz so dramatisch treffen wird. Wir müssen natürlich sehen, wie die Gewerbesteuerentwicklung in den nächsten Jahren ist. Welche Ausgleichszahlungen da von Bund und Land kommen, müssen wir abwarten. Zur Bundestagswahl wird sicher auch der eine oder andere Euro noch in die Kommunen kommen. Denn mittlerweile haben ja alle gelernt, dass die Kommunen auch systemrelevant sind. Deshalb glaube ich, dass wir in Holzwickede zunächst noch mit einem blauen Auge davon kommen. Ansonsten sehe ich auch, dass wir mit unserem Gewerbepark ganz gut aufgestellt sind. Wir hängen nicht an einem großen Gewerbetreibenden, sondern haben unterschiedlichste Gewerbesteuereinnahmen.

Emscherblog: Es gibt allerdings auch kaum noch Gewerbeflächen in Holzwickede, auf denen sich Unternehmen ansiedeln könnten. Sehen Sie noch Möglichkeiten, neue Gewerbeflächen auszuweisen?

 Wehlack: Im Moment sehe ich da wenig Möglichkeiten. Eine der letzten Möglichkeiten wäre das ehemalige Künstler-Gelände gewesen. Doch das Gelände ist verkauft und weg. Dazu habe ich noch gar keine weiteren Informationen. Da werden wir sicher mit dem neuen Eigentümer noch ins Gespräch kommen, denn der wird das Gelände ja irgendwie nutzen wollen. Es gibt noch einen kleinen Bereich direkt gegenüber, da wo der Schrottplatz war, wo wir mit der WFG jetzt frühzeitig aktiv werden und mit dem Eigentümer sprechen müssten. Das war auch das Problem bei dem Künstler-Gelände. Da hat sich die Verwaltungsspitze einfach nicht frühzeitig gekümmert. Vielleicht gibt es auch noch nördlich und südlich der A1 Möglichkeiten für Gewerbeansiedlungen, aber dazu müssten wir sicherlich auch Ausgleichsflächen schaffen. Damit sind wir wieder beim Kreis Unna, ohne den wir das nicht hinbekommen werden. Das zeigt wieder: Nur mit Kirchturmdenken kommen wir nicht weiter. Wichtig wäre ein solches Thema kreisweit zu betrachten und sich einmal gemeinsam mit den anderen Kommunen an einem Tisch zu setzen. Das ist aber auch ein sehr wichtiges Thema für Holzwickede, denn die Gewerbesteuereinnahmen haben uns ja dahin gebracht, wo wir heute sind mit einer Ausgleichsrücklage von rund sechs Millionen Euro und einem ausgeglichenen Haushalt.

Emscherblog: Noch eine abschließende Frage: Muss sich die Turngemeinde einen neuen Vorsitzenden suchen, wenn Sie Bürgermeister werden sollten?

 Wehlack: Das ist so. Ich habe schon mit meiner Kandidatur angekündigt, dass ich zurücktreten werde als Vorsitzender, wenn ich tatsächlich Bürgermeister würde. Dann würde es eine außerordentliche Jahresversammlung geben. Wobei ich nicht weiß, wie das jetzt unter Corona-Bedingungen ablaufen würde. Das habe ich schon so früh bekundet, weil ich denke, dass beide Ämter nur schwer zu vereinbaren wären.

Emscherblog: Es gibt aber dennoch Berührungspunkte, Stichwort Sport-Forum. Dafür haben Sie ja auch schon als Befürworter Lobbyarbeit geleistet.

 Wehlack:  Ja, aber da sind wir auch beim HSC, dem anderen großen Sportverein. Von einem Bürgermeister kann man doch erwarten, dass er für alle Vereine der Gemeinde gleichermaßen Gutes tut.  Das Sport- und Gesundheitsforum ist sicherlich ein Leuchtturmprojekt für den Holzwickeder Sport. Ich glaube wirklich, die Zukunft des Holzwickeder Sports liegt in einer großen Gemeinschaft.

Emscherblog: Vielen Dank für das Gespräch. 

Peter Wehlack


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

Kommentare (17)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert