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Informationsveranstaltung zum Bürgerbussystem im Forum: Das Interesse hielt sich in Grenzen, doch die Personalfrage wurde geklärt. Es gab aber auch überraschende neue Informationen der VKU. (Foto: P. Gräber - Emscherblog)

Personalfrage geklärt: Doch Bürgerbus darf Hengsen und Opherdicke gar nicht anfahren

Informationsveranstaltung zum Bürgerbussystem im Forum: Das Interesse hielt sich in Grenzen, doch die Personalfrage wurde geklärt. Es gab aber auch überraschende neue Informationen der VKU. (Foto: P. Gräber - Emscherblog)
Informationsveranstaltung zum Bürgerbussystem im Forum: Das Interesse hielt sich in Grenzen, doch die Personalfrage wurde geklärt. Es gab aber auch überraschende neue Informationen der VKU. (Foto: P. Gräber – Emscherblog)

Am Donnerstagabend (4.11.) hatte die Gemeinde Holzwickede zur dritten Informationsveranstaltung zum Bürgerbus ins Forum gebeten. Nach zwei vorangegangenen Bürgerversammlungen sollte endgültig geklärt werden, ob sich ausreichend ehrenamtliche Aktive für einen Bürgerbusverein finden lassen. Die gute Nachricht: Die Personalfrage ist kein Problem mehr. Die schlechte Nachricht: Die Verwaltung überraschte mit ganz neuen Informationen, die möglicherweise das endgültige Aus für den Bürgerbus in der Emschergemeinde bedeuten.

Der Reihe nach: Verlief die Personalsuche in der vorhergehenden Versammlung noch ziemlich enttäuschend, so konnte Bürgermeisterin Ulrike Drossel schon zu Beginn der recht überschaubaren Versammlung gestern verkünden: „Es haben sich noch 20 weitere Personen bei uns gemeldet, die mitarbeiten wollen, die aber heute nicht hier sein können. Es sind also schon mehr zur Miutarbeit bereit als die hier Anwesenden.“ Zur Gründung eines Bürgerbusvereins, Bildung eines Vorstandes und Besetzung des Busses mit Fahrern würde es also auf jeden Fall reichen.

Politische Vertreter auch aktiv im Bürgerbusverein

Allerdings nur, weil auch Vertreterinnen und Vertreter aus der Politik herangezogen wurden. Oder, wie es die Bürgermeisterin ausdrückte: „Wir waren bei der vorigen Versammlung noch davon ausgegangen, dass politische Vertreter nicht erlaubt sind im Bürgerbusverein.“ Doch anschließend hätten die Vertreter des Fröndenberger Bürgerbusvereins den Tipp gegeben, dass in ihrem Verein auch politische Vertreter aktiv sind und dies überhaupt kein Problem ist. „Wir haben daraufhin alle unsere Fraktionen angeschrieben und nachgefragt, ob Interesse an einer Mitarbeit besteht. Alle Fraktionen haben sich daraufhin auch sofort bereit erklärt, im Vorstand oder auch Fahrdienst mitzuarbeiten.“

Als Glücksfall erwies sich auch Rainer Pust, der mit 61 Jahren bei seinem Arbeitgeber DHL (Post) in den Vorruhestand gehen und als eine Voraussetzung dafür 1.000 Stunden soziale Arbeit im Jahr leisten muss. Als der 61-Jährige bei der Gemeinde anfragte, ob man eine entsprechende Verwendung für ihn habe, schlug ihm Ulrike Drossel das Engagement im Bürgerbusverein vor. „Das ist ein tolles Projekt und eine wirklich interessante Aufgabe, bei der es allerdings auch sehr viel zu tun gibt“, so Rainer Pust bei seiner Vorstellung. „Da kann man sich so richtig verausgaben. Das weiß ich jetzt schon.“  Er sei aber auch als Vorsitzender „nicht für alles allein verantwortlich“, beugte die Bürgermeister gleich falschen Erwartungen vor.

Die personelle Situation scheint also entspannt, schließlich bräuchte der Bürgerbusverein als Mindestbesetzung nur sieben Vorstandsmitglieder und etwa 20 Fahrerinnen und Fahrer.

Bürgerbus darf keine Konkurrenz für VKU sein

Doch dann musste Stefan Thiel, der mit Simone Labenda das Bürgerbus-Projekt für die Verwaltung seit gut einem Jahr mit viel Engagement betreut, den unfreiwilligen Spielverderber geben:

In den jüngsten Gespräche mit der VKU habe der Konzessionsinhaber des Bürgerbusses unmissverständlich erklärt, dass der Holzwickeder Bürgerbus auf keinen Fall aus den Ortsteilen Hengsen und Opherdicke in die Gemeindemitte verkehren dürfe. Der Grund: Das Bürgerbussystem darf den beiden vorhanden regulären Buslinien R 52 und R51 der VKU keine Konkurrenz machen und Fahrgäste abgraben. „Kannibalisierung“ heißt der Fachbegriff dazu, erläuterte Stefan Thiel. Im gesamten Siedlungsbereich der beiden Bergdörfer links und rechts der Unnaer- und Dorfstraße wird der Bürgerbus also gar keine Fahrgäste aufnehmen können. Sonst sei er nicht genehmigungsfähig. In dieser Deutlichkeit hatten das die VKU-Vertreter bis zu dem Gespräch vor wenigen Tagen nie erklärt, räumte Thiel auf Nachfrage ein.

„Da stellt sich doch die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines solchen Systems. In der Gemeindemitte brauchen wir keinen Bürgerbus.“

– Michael Klimziak (SPD-Fraktionsvorsitzender)

Der Ortsvorsteher von Hengsen, der im Forum saß,  war sichtlich erschüttert: „Hengsen und Opherdicke besser an die Gemeindemitte anzubinden, war doch der Grund, warum wir überhaupt auf das Bürgerbussystem gekommen sind“, wunderte sich Volker Schütte. „Da stellt sich doch die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines solchen Systems“, wunderte sich auch sein Nachbar, SPD-Chef Michael Klimziak. „In der Gemeindemitte brauchen wir eigentlich keinen Bürgerbus.“

VKU schreibt normale Ticketpreise vor

Doch es kam noch dicker: Wie Stefan Thiel ebenfalls erklärte, besteht die VKU auch auf ganz normalen Fahrpreisen und Tarifen wie sie auch für ihre Linienbusse ÖPNV gelten.

Hier beeilte sich die Bürgermeisterin dann zu erklären, dass es möglicherweise gelingen könnte, Sponsoren zu finden, mit deren Hilfe der Fahrpreis für den Bürgerbus noch gedrückt werden könnten. „Wir versuchen, eine kostenfreie Nutzung hinzubekommen“, so Ulrike Drossel.  Sicher ist das noch längst nicht.

Immerhin wird der Bürgerbus die Gemeindemitte, wo ja auch eine Buslinie verläuft, anfahren dürfen, wie Stefan Thiel bestätigte.

Nach diesen überraschenden Informationen durch die Verwaltung schien der Enthusiasmus bei den Anwesenden, so er denn überhaupt vorhanden war, spürbar nachzulassen.

Immerhin melden sich am Ende der Versammlung dann doch „noch etwa zehn Personen“, die Bereitschaft zur Mitarbeit im Bürgerbusverein erklärten, wie die Bürgermeisterin heute auf Nachfrage erklärte. „Ganz genau können wir das noch nicht sagen, weil es offenbar auch einige Doppelnennungen gibt“.

Vorstand muss Fahrplan mit VKU verhandeln

Alle, die mitarbeiten wollen, werden sich nun am 16. November treffen, um den Bürgerbusverein formal aus der Taufe zu heben. Nach Gründung des Vereins wird es dann Aufgabe des Vorstandes sein, mit der VKU die Routenführung, Taktung und den Fahrplan festzulegen und ein Fahrzeug anzuschaffen.

Als mögliche Routenpunkte (Haltepunkte/Ziele) für einen Bürgerbus in Holzwickede verbleiben noch das Haus Opherdicke (nur bei Veranstaltungen), die Außenbereiche von Hengsen und Opherdicke, der Emscherquellhof, der Wohnpark Emscherquelle (solange es dort noch keine reguläre Busanbindung gibt), das Freibad Schöne Flöte sowie Bereiche nördlich der Bahnlinie.

Noch wenige Spielraum gibt es beim Ticketpreis. Hier kann der Vorstand nur auf zahlungswillige Sponsoren hoffen.

KOMMENTAR

Ein Trauerspiel

Wer sich fragen sollte, warum unser Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) nicht gut funktioniert, muss sich nur den Versuch ansehen, in Holzwickede ein Bürgerbussystem zu installieren.
Die Menschen in Opherdicke und Hengsen werden also weiterhin mit dem unzureichenden ÖPNV zurechtkommen müssen, nur weil eine Verbesserung der Situation zu Lasten des verbesserungswürdigen regulären ÖPNV gehen würde? Das ist so blödsinnig, wie es sich anhört und macht nur Sinn, wenn man dies allein durch die kaufmännische Brille der VKU sieht.

Vor dem Hintergrund der nötigen Verkehrswende, des Klimawandels und der Bürgerfreundlichkeit ist es eine Katastrophe und ein Trauerspiel.
Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass der Bürgerbus in Holzwickede gescheitert ist, wenn er nur zu normalen Ticketpreisen und Tarifen der VKU zu nutzen sein wird. Vielleicht kann das ja noch durch einen großzügigen Sponsor vermieden werden. Sollte der Bürgerbus aber die dichtesten Siedlungsbereiche der beiden Bergdörfer, wo der Bedarf am größten ist, gar nicht anfahren darf, wäre er schlicht überflüssig.
von Peter Gräber

Bürgerbus, Informationsversammlung


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

Kommentare (7)

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