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Ohne politischen Instinkt

Manchmal ist gut gemeint das Gegenteil von gut. So wie Ulrike Drossel mit dem hochsensiblen Ansiedlungsvorhaben einer legalen Heroin-Ausgabestelle umgegangen ist, muss man sich wirklich fragen: Was hat sich die Bürgermeisterin nur dabei gedacht? – Hat sich die Bürgermeisterin überhaupt etwas gedacht?

Unterstellt, Ulrike Drossel hat in guter Absicht gehandelt, als sie den Mantel des Stillschweigens über die geplante Praxiseröffnung deckte – wie bitte sollte es denn weitergehen? Sie kann doch nicht im Ernst angenommen haben, dass so eine Praxis eröffnet und betrieben werden kann, ohne dass dies bemerkt wird. Jetzt sieht es doch so aus, als sollten die Bürger und auch die Politik einfach überrumpelt und vor vollendete Tatsachen gestellt werden.

Offenbar hat Ulrike Drossel zwar geahnt, dass es sich um eine sensible Ansiedlung handelt. Wie anders ist zu erklären, dass sonst doch auch jede Ansiedlung eines Facharztes oder sei es nur eine podologische Praxis an die große Marketing-Glocke gehängt wird, diese Diamorphinpraxis aber nicht?

Mit ihrem Hinweis darauf, dass man den Ratsmitgliedern nicht trauen könne, weil sie vertrauliche Informationen nicht für sich behalten können, zeigte die Bürgermeisterin am Donnerstagabend ihr tiefes Misstrauen und zerrüttetes Verhältnis zur Politik. Das war mehr als ungeschickt. Effektiver hätte sie nicht alle Fraktionen (außer vielleicht ihre eigene) gegen sich aufbringen können. Es kann trotzdem nicht erklären, warum sie die Praxisansiedlung verschwiegen hat.

Dieser Vorgang beweist einmal mehr etwas ganz anderes: Ulrike Drossel mag sich in vielerlei Hinsicht im Amt der Bürgermeisterin positiv entwickelt haben. Eine Politikerin ist sie noch immer nicht geworden. Sie mag vielleicht erkannt haben, dass es sich um eine sensible Ansiedlung handelt. Die politische Brisanz dieser Ansiedlung ist ihr aber völlig entgangen.

So wie mit diesem Ansiedlungsvorgang umgegangen wurde, zeigt sich vor allem eines: Die Gemeinde Holzwickede wird nicht von einer Bürgermeisterin geführt, sondern von einer Verwaltung.

Politisch geboten wäre es gewesen, die Menschen in dieser Gemeinde auf die Ansiedlung dieser gesellschaftlich notwendigen und wichtigen zusätzlichen medizinischen Einrichtung vorzubereiten. Dass dazu Information, Transparenz, aber auch ein politisches Standing notwendig sind, versteht sich von selbst. Was stattdessen aber passierte, ist bürokratisches Handeln in Reinkultur: Sich nicht für zuständig erklären, abwiegeln, Verantwortung auf andere abschieben und wegducken.

Immerhin hat Ulrike Drossel einen Tag nach der Sitzung mitgeteilt, dass sie Dr. Plattner als Betreiber nun doch noch einladen wird, damit dieser über sein Vorhaben informieren und aufklären kann. Leider hat Holzwickedes Bürgermeisterin dies nicht von sich aus und freiwillig getan.  (von Peter Gräber)

Diamorphinpraxis, Hauptausschuss


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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