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Offener Brief an die Politik: Eklatante Corona-Gefahr für Flüchtlinge in Unterkünften

In den Sammelunterkünften von Geflüchteten im Kreis Unna, in denen die Flüchtlinge wohnen müssen, sind die während der Corona-Pandemie geltenden Abstands- und Hyngienevorschriften häufig nicht einzuhalten: Das Archivfoto zeigt Bewohner der Unterkünfte an der Massener Straße. (Foto: P. Gräber - Emscherblog)
In den Sammelunterkünften von Geflüchteten im Kreis Unna, in denen die Flüchtlinge wohnen müssen, sind die während der Corona-Pandemie geltenden Abstands- und Hyngienevorschriften häufig nicht einzuhalten: Das Archivfoto zeigt Bewohner der Unterkünfte an der Massener Straße. (Foto: P. Gräber – Emscherblog)

In einem offenen Brief haben sich jetzt Flüchtlingsinitiativen, der Caritasverband und der Ev. Kirchenkreis an die Landesregierung, Bezirksregierung, den Landrat, die Bürgermeister der Kommunen und das Gesundheitsamt des Kreises Unna gewandt und auf die „besorgniserregende Gefährdung“ und das „eklatante Risiko“ für Menschen hingewiesen, „die während der Corona-Pandemie verpflichtet sind, in Sammel- und Massenunterkünften zu wohnen“.

„Inzwischen ist in mehreren zentralen Unterbringungseinrichtungen in NRW Corona ausgebrochen, was zu extremen Quarantäne-Maßnahmen ganzer Einrichtungen geführt hat. Dem Ausbrechen der Pandemie in den Einrichtungen im Kreis Unna wollen wir Maßnahmen entgegensetzen“, heißt es in dem Schreiben.

Flüchtlinge müssen auf engstem Raum leben

Und weiter: „Quarantäne in der Erstaufnahmeeinrichtung in Massen etwa würde bedeuten, dass rund 300 Bewohner*innen das Gelände der Einrichtung nicht verlassen dürften. Schon jetzt sind die Lebensbedingungen der Menschen in der Einrichtung unzumutbar: Die Menschen – darunter auch viele Familien und mehr als 70 Kinder und Minderjährige – leben in kleinen Räumen, die jeweils mit vier Pritschen, einem kleinen Tisch und einem Stuhl ‘möbliert’ sind. Die Einrichtung ist nur für den Aufenthalt von wenigen Tagen, aber nicht von mehreren Wochen oder gar Monaten eingerichtet. Besonders für die Kinder und psychisch belastete, traumatisierte Personen ist diese Enge unzumutbar! Im Fall einer nötig werdenden Quarantäne wäre sie unerträglich.“

„Diese schwierigen Zeiten lassen sich
nur in Solidarität, die keine Grenzen
kennt, meistern“

– Die Unterzeichner des Briefes

Es sei insgesamt offensichtlich, dass Abstandhakten in den Einrichtungen meist nicht möglich ist. In diesem Zusammenhang verweisen die Initiatoren auf ein Urteil des Veraltungsgerichts Leipzig vom 22. April, dass dem Antrag eines Asylbewerbers auf vorläufigen Rechtsschutz stattgeben und geurteilt hat: „Die Wohnpflicht in Aufnahmeeinrichtung ist zu beenden, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann!“

Die geltenden Abstandsregelungen sind auch in de Erstaufnahmeeinrichtung in Unna-Massen schwer umzusetzen. „Wir, die Unterzeichner plädieren deshalb für kreative und schnelle Lösungen, wie die vorübergehende Nutzung leerstehender Hotels oder Gebäude der Stadt, des Landes oder des Bundes“, heißt es in dem offenen Brief weiter.

Vorschläge zur Risikominderung

Zudem könnten die Besuchsregelungen die Belegung und damit das Ansteckungsrisiko in den Unterkünften reduzieren: Einige der untergebrachten Personen haben Familienangehörige, die bereit sind, ihre Angehörigen bei sich zu Hause aufzunehmen.

„Diese schwierigen Zeiten lassen sich nur in Solidarität, die keine Grenzen kennt, meistern“, schließen die Initiatoren ihren Brief.

Verbunden mit der dringenden Bitte um:

  • Besonderen Schutz für Geflüchtete, die zu den Risikogruppen gehören
  • Vermeidung größerer Quarantänelager. Dezentrale Unterbringung der Bewohner von Aufnahmeeinrichtungen und großen Gemeinschaftsunterkünften
  • Schaffung kleinerer Wohneinheiten durch Nutzung aller Optionen leerstehender Räumlichkeiten wie Hotels, städtischer, landes- und bundeseigener Häuser und anderer Gebäude
  • Überprüfung aller Einrichtungen durch die zuständigen Gesundheitsämter.
  • Beendigung der Wohnverpflichtung in Aufnahmeeinrichtungen
  • Schnelle und unbürokratische Erteilung von langfristigen Besuchserlaubnissen an Personen in Landesunterkünften, die bei Familienangehörigen unterkommen können und wollen
  • Sicherstellung der psychosozialen und rechtlichen Beratung von Geflüchteten.
  • Information und Transparenz beim Auftreten von Infektionsfällen, Achtung der Persönlichkeitsrechte, Zugang zu zeitnaher Diagnostik und Tests
  • Adäquate Gesundheitsversorgung für alle durch Eingliederung in die gesetzliche Krankenversicherung unabhängig vom Aufenthaltsstatus.

Unterzeichner des offenen Briefes sind:
Arbeitskreis Asyl Schwerte
Caritasverband für den Kreis Unna e.V.
Evangelischer Kirchenkreis Unna
Flüchtlingsinitiative „Willkommen in Holzwickede“
Flüchtlingsrat in Kreis Unna
Integrationsrat der Kreisstadt Unna
Initiative WeltOffen Unna

Flüchtlingsinitiative


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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