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Stellten das Projekt "Kurve kriegen" auf Haus Opherdicke vor, von li.: Landrat Marion Löhr, Torsten Juds (Lt. Polizei Kreis Unna), NRW-Innenminister Herbert Reul, Mascha Gerdom (Die Brücke), Klaus Stüllenberg (Stiftung Stüllenberg), Melanie Kompernaß (Polizei Unna), Simone Droste (Polizei Unna), Sarah Urban (Die Brücke) und Jörg Unkrig (NRW-Innenministerium). (Foto: P. Gräber - Emscherblog)

NRW-Minister Reul auf Haus Opherdicke: Projekt „Kurve kriegen“ Goldstandard im Kampf gegen Jugendkriminalität

Stellten das Projekt "Kurve kriegen" auf Haus Opherdicke vor, von li.: Landrat Marion Löhr, Torsten Juds (Lt. Polizei Kreis Unna), NRW-Innenminister Herbert Reul, Mascha Gerdom (Die Brücke), Klaus Stüllenberg (Stiftung Stüllenberg), Melanie Kompernaß (Polizei Unna), Simone Droste (Polizei Unna), Sarah Urban (Die Brücke) und  Jörg Unkrig (NRW-Innenministerium). (Foto: P. Gräber - Emscherblog)
Stellten das Projekt „Kurve kriegen“ auf Haus Opherdicke vor, von li.: Landrat Mario Löhr, Torsten Juds (Lt. Polizei Kreis Unna), NRW-Innenminister Herbert Reul, Mascha Gerdom (Die Brücke), Klaus Stüllenberg (Stiftung Stüllenberg), Melanie Kompernaß (Polizei Unna), Simone Droste (Polizei Unna), Sarah Urban (Die Brücke) und Jörg Unkrig (NRW-Innenministerium). (Foto: P. Gräber – Emscherblog)

NRW-Innenminister Herbert Reul schaute heute (9. Februar) zu einem Besuch „in der guten Stube“ (Landrat Mario Löhr) des Kreises Unna, dem Haus Opherdicke, vorbei.  Anlass für seinen Besuch war das Projekt „Kurve kriegen“, das seit 1. Juli vorigen Jahres auch auf die Polizei im Kreis Unna erweitert worden ist.  Seitdem kümmern sich auch hier pädagogische Fachkräfte und Kriminalbeamtinnen um Kinder und Jugendliche, die bereits polizeilich in Erscheinung getreten sind hier, um eine sich abzeichnende Intensivtäterkarriere frühzeitig zu verhindern.

Neben der Polizei im Kreis Unna gibt es 34 weitere Behörden, in denen das Projekt „Kurve kriegen“ läuft. Am Ende dieses Jahres, stellte Minister Reul in Aussicht, „werden es noch sechs weitere und damit insgesamt 41 Behörden“ in NRW sein.

Polizei und pädagogische Fachkräfte kooperieren

Minister Reul zeigte sich überzeugt von den Projekt und präsentierte gleich ein Beispiel, was es leisten kann: So nehme inzwischen auch ein Jugendlicher aus dem Kreis Unna an dem Projekt teil, der bereits auf den kriminellen Spuren seines Vaters wandelte. „Der Vater sperrte sich zunächst sehr gegen eine Teilnahme an dem Projekt, weil er schlechte Erfahrungen mit der Polizei und den Behörden gemacht hatte“, schilderte Reul. „Schließlich sei es den pädagogischen Fachkräften und Kriminalbeamtinnen aber gelungen, den Vater zur Kooperation zu bewegen. „Er hat schließlich dafür gesorgt, dass sein Sohn nicht so endet wie er. Das ist doch eine Knaller-Geschichte“, findet der Minister. „Man man nur erahnen kann, wieviel Mühe und Überzeugungsarbeit es gekostet hat, bis es dazu kam.“

Als das Projekt vor elf Jahren an den Start ging, gab es viele kritische Stimmen: „Macht die Polizei jetzt schon Sozialarbeit?“ Oder: „Das ist übergriffig von der Polizei“, um nur zwei zu nennen. „Auch ich war anfangs skeptisch“, räumt Herbert Reul ein. Doch inzwischen ist der NRW-Innenminister überzeugt: „Dieses Projekt ist der Goldstandard im Kampf gegen Jugendkriminalität.“

Auf Seiten der Polizei Unna sind Simone Droste und Melanie Kompernaß Ansprechpartnerinnen der Polizei und Mascha Gerdom und Sarah Urban („Die Brücke“ Dortmund) die beiden pädagogischen Fachkräfte. Seit dem Projektstart vor einem halben Jahr kümmern sie sich um bisher sieben Kinder und Jugendliche im Rahmen des Projektes – Tendenz steigend. Abbrecher gibt es bislang in Unna nicht, auch an den anderen Standorten kaum.

Neun Mio. Euro Fördermittel gut angelegt

Der Flyer zum Projekt.

Minister Reul betonte heute, dass bei dem Projekt „Kurve kriegen“ Fördermittel „nicht mit der Gießkanne“, sondern gezielt ausgeschüttet werden. Nicht die Zahl der Teilnehmer sei auch entscheidend, sondern der Erfolg im Einzelfall. „Hier gilt wirklich Qualität geht vor Quantität.“

Dass sich dies auch ökonomisch durchaus rechnet, machten die Beteiligten heute deutlich. Ihren Angaben zu Folge kostet jeder junge zumeist männlicher Straftäter bis zu seinem 25. Lebensjahr, alle Kollateralschäden seiner kriminellen Karriere eingerechnet, durchschnittlich 1,7 Mio. Euro. Jede Teilnahme eines angehenden Intensivtäters in dem Projekt kostet durchschnittlich 11.000 Euro.  Bei insgesamt 511 angehenden Intensivtätern, die aktuell an den landesweiten Projekten teilnehmen, sind auch die neun Millionen Euro, die das Land für diese Projekte bereitstellt, noch gut angelegtes Geld.

So sieht das offenbar auch die Stüllenberg-Stiftung,, die als eine der ersten Stiftungen das Projekt „Kurve kriegen“ im Kreis Unna zusätzlich finanziell unterstützt. Klaus Stüllenberg erläuterte, warum seine Stiftung „sehr gerne bei dem Projekt mitmacht“ und es im Kreis Unna und an vier weiteren Standorten „fünf Jahre lang mit einem hohen sechsstelligen Betrag“ co-finanziert: Es sei eben „viel besser wirkungsbasiert“ Stiftungsmittel einzusetzen, „als mit der Gießkanne“ zu finanzieren. „Ich bin sehr sicher, dass bald auch noch andere Stiftungen diese Vorteile erkennen“, so Klaus Stüllenberg.

Ziele des Projektes

Ziel des Projektes ist es, so Melanie Kompernaß, gefährdete Kinder und Jugendliche im Alter zwischen zehn und 14 Jahren frühzeitig zu erkennen. „Eingangsvoraussetzung“ sind schwere Straftaten in diesem Alter. In Kooperation zwischen Polizei und Jugendhilfe sollen die jungen angehenden Intensivtäter auf den rechten Weg gebracht werden – mit positiven Folgen für die Gesellschaft, aber auch der Chance auf eine gesellschaftliche Teilhabe für die jungen Teilnehmer. Möglicher Kooperationspartner auf Seiten der Jugendhilfe ist prinzipiell jeder: vom Schulsozialarbeiter über den Bezirksbeamten der Polizei, von der Sozialarbeiterin bis zur Sachbearbeiterin in der Behörde, natürlich auch Schulen oder Vereine.

Zu Beginn suchen die Kontaktpersonen aus dem Projekt die Familie zu Hause auf, machen ihre Sorge über die Entwicklung des Kindes/Jugendlichen deutlich und stellen ihr Projekt vor. Entscheidend sei das persönliche Kennenlernen aller Beteiligten und „eine wertschätzende, vertrauensvolle Zusammenarbeit“. In einer weiteren Phase entscheiden die pädagogischen Fachkräfte dann über passgenaue Hilfen, die selbstverständlich begleitet werden. Das kann eine Familientherapie sein, ein Anti-Aggressionstraining oder anderes. Bei Familien mit Migrationshintergrund stehen Integrations- und Sprachmittler zur Verfügung.

Wichtig: Die Teilnahme an dem Projekt „Kurve kriegen“ ist freiwillig. Alle Hilfsangebote sind kostenlos für die Teilnehmer.

Jugendkriminalität, Projekt Kurve kriegen


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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