Neue IHK-Umfrage zeigt aktuelles Krisenausmaß für regionale Wirtschaft
Die Insolvenzgefahr in der heimischen Wirtschaft ist deutlich gestiegen. Das zeigt eine weitere Blitzumfrage der Industrie- und Handelskammern (IHK) in Nordrhein-Westfalen, die erneut die aktuelle Situation zur Corona-Krise unter ihren Mitgliedsunternehmen abgefragt. Aus dem IHK-Bezirk mit Dortmund, Hamm und dem Kreis Unna nahmen insgesamt 125 Unternehmen teil. Die Ergebnisse zeigen, dass die Wirtschaft mit immer größerer Wucht von der Pandemie getroffen wird.
„Vier von zehn Unternehmen in unserer Region fürchten für 2020 bis zu 25 Prozent Umsatzrückgänge. Auch die Insolvenzgefahr steigt deutlich“, sagt Heinz-Herbert Dustmann, Präsident der IHK zu Dortmund. „In dieser schwierigen Zeit müssen Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zusammenstehen. Solidarität ist das Gebot der Stunde. Die Corona-Krise können wir nur gemeinsam bewältigen – mit Entschlossenheit und dem richtigen Augenmaß“, so Dustmann.
„Die Umfrage zeigt auch, dass die Bereitschaft zur Öffnung unter der Prämisse von notwendigen Schutz- und Hygienemaßnahmen in den Unternehmen groß ist. Neben einem Zeitplan bedarf es jetzt eines konkreten Orientierungsrahmens für die Unternehmen. Hier will die IHK mit ihrer Umfreage Transparenz schaffen – für die Arbeit der Behörden vor Ort, die Landesregierung und für die Unternehmen. Auch nachdem jetzt die ersten Schritte eingeleitet wurden, fehlen vielen Unternehmen noch immer eine belastbare Perspektive und Planungssicherheit für das Hochfahren ihrer Geschäfte“, erläutert IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber.
Kernergebnisse der noch laufenden Umfrage
Die Krise vertieft sich: Trotz sinkender Infektionszahlen ist die Gefahr der Pandemie keineswegs ausgestanden. Es wird deutlich, dass die Krise die Wirtschaft immer stärker erfasst. Lediglich sieben Prozent der befragten Unternehmen rechnen für das Gesamtjahr 2020 mit stabilen Umsätzen. Vier von zehn Unternehmen fürchten Umsatzrückgänge von bis zu 25 Prozent, fast jeder achte Betrieb sogar von bis zu 50 Prozent. Dagegen erwarten lediglich zwei Prozent Umsatzsteigerungen.
Viele Umsatzrückgänge werden existenzgefährdend: In der aktuellen Auswertung geben 16 Prozent der Unternehmen an, dass sie ihre Lage als so bedrohlich einstufen, dass eine Insolvenz folgen könnte. Besonders gefährdet zeigen sich die Unternehmen aus dem Einzelhandel, der Gastronomie und dem Reisegewerbe, aber auch Schausteller und Messebauer.
Daraus folgert die IHK: Auch wenn die ersten Schritte zum Wiederanlaufen der Wirtschaft erfolgt sind, fehlt vielen der besonders betroffenen Unternehmen noch immer eine belastbare Perspektive, wie es für sie weitergehen kann. Unter Beachtung der Anforderungen des Gesundheitsschutzes gilt es dennoch nun, Wege für diese Unternehmen aufzuzeigen.
Schneller Einstieg in den Ausstieg
Der schnelle Einstieg in den Ausstieg ist möglich: Ein schneller Einstieg in den Ausstieg ist für den Großteil der befragten Unternehmen realistisch umsetzbar. In zwei Drittel der befragten Unternehmen in der IHK-Region läuft der Betrieb – etwa im produzierenden Gewerbe –, wenn auch teils mit Einschränkungen. Weitere 18 Prozent benötigen nach eigenen Angaben keine Vorlaufzeiten für ein volles Wiederanlaufen.
Bei etwa einem Sechstel der befragten Unternehmen sind hingegen Vorbereitungen von mindestens einer Woche bis zu einem Monat erforderlich, bevor der Betrieb wieder anlaufen kann. Vor allem Gastronomie und personenbezogene Dienstleister benötigen zeitlichen Vorlauf, um etwa frische Ware zu besorgen oder um Schutz- und Hygienemaßnahmen zu ergreifen.
Deshalb fordert die IHK: Die Unternehmen benötigen schnell Planungssicherheit über die weiteren Schritte des Wiederanfahrens, damit sie das Hochfahren ihrer Geschäfte planen können.
Europäische Abstimmung erforderlich
Europäische Koordination ist erforderlich: Für viele komplexe Wertschöpfungs- und Versorgungsketten ist eine europäische Koordination des Wiederanlaufens unabdingbar. Vor allem in der Industrie und im Großhandel prüfen Unternehmen derzeit die Stabilität ihrer Lieferketten. Da die europäischen Regionen sehr unterschiedlich von der Corona-Pandemie betroffen sind, müssen die Zeitpläne für das Wiederanlaufen der Wirtschaft so abgestimmt werden, dass es für die jeweiligen Länder nicht zu Wartezeiten und Friktionen in den Grenzregionen kommt.
Darum sollte nach Auffassung der IHK das Wiederanfahren der Wirtschaft mit einer umfassenden Kommunikation auch zu den Schutz- und Hygienemaßnahmen begleitet werden. Eine Koordination der Aktivitäten zumindest auf europäischer Ebene ist dringend erforderlich.
Schutz- und Hygienemaßnahmen nötig
Unternehmen setzen auf Schutz- und Hygienemaßnahmen: Die Unternehmen bereiten sich derzeit intensiv auf ein Wiederanfahren vor und planen eigene Schutz und Hygienemaßnahmen. Oberste Priorität haben dabei Maßnahmen zur Einhaltung der Mindestabstandsregeln (94 Prozent) und die Bereitstellung von Desinfektionsangeboten für Kunden und Mitarbeiter (86 Prozent). Viele Unternehmen versuchen, Hilfsmittel wie Mundschutz oder Handschuhe für ihre Mitarbeiter zu organisieren (58 Prozent). Immer mehr Unternehmen setzen auf Alternativen zum persönlichen Kundentermin (72 Prozent). Ein Anzeichen, dass sich auch dauerhaft die Arbeitsorganisation ändern könnte.
Damit die Unternehmen sich wirksam vorbereiten und ihre Kunden und Mitarbeiter schützen können, benötigen sie nun schnell Sicherheit über die erforderlichen Schutz- und Hygienemaßnahmen, fordert die IHK. Zentral wird dabei, dass die Unternehmen insbesondere in der Startphase des Wiederanlaufens die Unternehmen gesicherten Zugang zu Schutz- und Hygieneartikeln erhalten.