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Nach Unfallfahrt mit 1,9 Promille erwischt: Fahrerin will Slivovic „nachgetankt“ haben bis Polizei kam

Dummheit ist nicht strafbar. Ob die 38 Jahre alte Angeklagte M. aus Unna nun besonders dumm oder gerissen ist, dürfte sich erst noch am Ende ihres Strafverfahrens herausstellen, dessen Auftakt am Dienstag dieser Woche im Amtsgericht Unna stattfand. Dort muss sich die 38-jährige zweifache Mutter wegen Gefährdung des Straßenverkehrs nach Alkoholgenuss verantworten.

Am 21. Februar dieses Jahres war die Angeklagte am Steuer ihres Pkw VW gegen 0.37 Uhr auf der Mühlenstraße in Opherdicke in einen Zaun gebrettert und hatte einen Sachschaden von 5.000 Euro verursacht. Als die Polizei eintraf, bemerkten die Beamten Alkoholgeruch in ihrem Atem. Die Blutprobe ergab später 1,9 Promille Alkohol in ihrem Blut. Soweit so schlecht.

5.000 Euro Sachschaden auf der Mühlenstraße

Grundsätzlich räumte M. in der Verhandlung diese Woche auch diesen soweit unabweisbaren Sachverhalt ein. Danach ließ die Angeklagte aber durch ihren Rechtsbeistand eine gemeinsam erarbeitete Stellungnahme zu den Hintergründen des Geschehens verlesen.

Danach hatte sich die getrennt lebende M. am Tag vor dem Unfall mit ihrem langjährigen Freund heftig zerstritten und sich von ihm getrennt. Der Streit habe sie stark belastet, so dass sie zu ihrer Mutter nach Schwerte gefahren ist, um sich dort „auszuheulen“.

Gemeinsam haben Mutter und Tochter in Schwerte zwei Flaschen Wein geleert, wobei die Angeklagte über den ganzen Abend verteilt „etwa vier oder fünf Gläser Wein getrunken“ haben will.

Zu fortgeschrittener Stunde habe ihre Mutter sie dann überzeugt, sich wieder mit ihrem Freund zu versöhnen, was sie dann auch tun und deshalb wieder nach Hause fahren wollte. Trotz des Weinkonsums habe sie sich noch fahrtüchtig gefühlt, zumal die Strecke von Schwerte über Opherdicke nach Unna um die späte Stunde nur wenig befahren sei.

Zum Abschied habe die Mutter ihr noch eine Flasche Slivovic (Obstbrand aus Pflaumen) für den Versöhnungstrunk mit ihrem Freund mitgegeben.

38-Jährige hat „Konsequenzen nicht bedacht“

Auf dem Heimweg nach Unna sei ihr dann auf der ziemlich dunklen Mühlenstraße ein Fahrzeug entgegengekommen, dass sie stark geblendet habe, so ihre Stellungnahme weiter. Um einen Zusammenstoß zu vermeiden, sei sie nach rechts ausgewichen, dabei von der Fahrbahn abgekommen und in einen Zaun gekracht.

Danach sei ihr bewusst geworden, „dass es länger dauern wird, bis die Polizei kommt und ich mich nicht mehr an diesem Abend mit meinem Freund versöhnen kann“, so die Angeklagte in ihrer Stellungnahme weiter. Deshalb habe sie die Flasche Slivovic genommen, angesetzt und getrunken bis die Polizei kam. An die Konsequenzen habe sie gar nicht gedacht.

Immerhin war die Angeklagte aber noch so klar bei Bewusstsein, dass sie sich darin erinnern kann, dass der Polizeibeamte sie nach seinem Eintreffen nicht ordnungsgemäß darauf hingewiesen habe, dass sie nicht verpflichtet sei in das Atemgerät zu pusten.

Noch immer ist M. übrigens davon überzeugt, dass ihre Blutprobe verwechselt worden sein muss, da ihr Alkoholkonsum deutlich geringer als die festgestellten 1,9 Promille gewesen sei.

Gericht lässt Trinkzeit-Gutachten erstellen

Warum sie denn die Flasche Sliwowitz vor der Polizei versteckt hat, wenn ihr doch die Konsequenzen ihres Handelns nicht klar gewesen sind? Anders als Richter Jörn Granseuer sah der Verteidiger in diesem Verhalten jedoch keinen Widerspruch: Seine Mandantin habe eben doch noch gemerkt, dass es einen schlechten Eindruck machen würde, wenn die Polizei die Flasche Obstbrand bei ihr findet. Außerdem könne von ihr nicht erwartet werden, dass sie als Laie die juristische Tragweite ihres Alkoholgenusses nach dem Unfall so erfasst wie versierte Juristen.

Immerhin will M. seit dem Unfall keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt und auch ein Abstinenzprogramm begonnen haben. „Mein Führerschein fehlt mir sehr“, beteuerte sie.

Wie es aussieht, könnte ihre Einlassung nun sogar die Wiedererlangung der begehrten Fahrerlaubnis weiter verzögert haben. Denn Richter Jörn Granseuer vertagt die Verhandlung. Vor einem Urteil lässt er nun zunächst durch einen Sachverständigen gutachterlich prüfen, in welchem Zeitraum die Angeklagte wieviel Alkohol wann getrunken haben muss, um auf 1,9 Promille im Blut zu kommen. Bis das Gutachten zu den Trinkzeitpunkten vorliegt, kann es dauern. Frühester Anfang Oktober kann die Verhandlung deshalb fortgesetzt werden. Zumindest so lange bleibt auch der Führerschein der Angeklagten noch eingezogen.

Alkoholfahrt


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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