Mutter und Sohn auf der Anklagebank: Pfandsiegel von Auto entfernt
Mutter und Sohn einträchtig vereint nebeneinander auf der Anklagebank – ein solches Bild bietet sich dem Amtsrichter Christian Johann ganz sicher auch nicht jeden Tag: Der 22 Jahre alte Holzwickeder und seine 40 Jahre alte mitangeklagte Mutter hatten sich wegen Siegelbruchs heute (21. Dezember) vor dem Amtsgericht in Unna zu verantworten.
Der Anlass: Am 22. Mai dieses Jahres gegen 11 Uhr hatte der 22-Jährige sämtliche Pfandsiegel, die an seinem Pkw Opel angebracht worden waren, eigenmächtig wieder entfernt. Als Motiv gab er heute an, dass ihm die Sache hochnotpeinlich gewesen sei. In einer kleinen Gemeinde wie Holzwickede „wird viel gelabert“. Eine solche Sache wie die Pfändung seines Autos spreche sich da ganz schnell herum. „Darum habe ich das gemacht. Es war blöd von mir.“ Völlig unverständlich war dem 22-Jährigen allerdings, warum seine Mutter neben ihm auf der Anklagebank Platz nehmen musste. „Schließlich habe ich doch die Siegel entfernt.“
„Unangenehme Situation“ spricht sich schnell rum
„Wenn Ihre Mutter Sie dazu aufgefordert hat, ist das eine Anstiftung zur Tat“, klärte ihn Richter Johann auf. Verbunden mit der Frage an die Mutter, ob es denn tatsächlich so gewesen sei. „Ja, ich habe ihm gesagt, dass er die Siegel abmachen und dann ganz schnell den Steuerbeamten anrufen soll“, räumte die Mutter ein.
Zwar zeigte Richter Christian Johann ein gewisses Verständnis für die „unangenehme Situation“. Trotzdem sei der Siegelbruch strafbar gewesen. Denn der Staat könne sich solche Eigenmächtigkeiten natürlich nicht bieten lassen.
Die Mutter blieb auf Nachfrage dabei, dass sie ihren Sohn aufgefordert habe, die Dienstsiegel zu entfernen. Dennoch ging der Richter davon aus, „dass diese Anstiftung nicht ganz so gravierend gewesen ist. Da dürfte schon ein kleiner Funke genügt haben, um den Brand zu entfachen.“
Anstiftung „nicht so gravierend“
Ganz anders sah Richter Johann dagegen den Fall des angeklagten Sohnes, der schon einige Vorstrafen, darunter wegen Verstöße gegen das Pflichtversicherungsgesetz, angesammelt hat: „So wie ich Sie in den letzten Jahren hier kennengelernt haben, nehmen Sie gerne die Dinge selbst in die Hand und bringen sich dabei in Schwierigkeiten. Deshalb wüsste ich nicht, wie ich Ihnen entgegenkommen sollte.“
Als strafmildern erkannte das Gericht das Geständnis der beiden Angeklagten an, die heute ohne anwaltlichen Beistand vor Gericht erschienen waren. Richter Christian Johann verurteilte den 22-jährigen Holzwickeder schließlich zu einer Geldstrafe von 1.500 Euro. Seine Mutter erhielt als Verwarnung eine Geldstrafe von 900 Euro, die sie allerdings nicht zahlen muss, wenn sie sich in den nächsten zwei Jahren nichts zu Schulden kommen lässt. Außerdem müssen Mutter und Sohn die Kosten des Verfahrens tragen.