Märchenstunde im Amtsgericht: Geldstrafe für Geschäftsfrau wegen versuchten Betrugs
Erinnerungen an Grimms Märchen wurden wach bei der Geschichte, die eine 31-jährige Geschäftsfrau heute zu ihrer Verteidigung auf der Anklagebank im Amtsgericht Unna auftischte. Dort hatte sich die Holzwickederin wegen versuchten Betrugs zu verantworten.
Die Anklage warf ihr vor: Am 22. und 23. März dieses Jahres soll die Geschäftsfrau einen Kreditantrag auf 30.000 Euro online über das Finanzportal Kreditcheck.de gestellt und dabei falsche Gehalts- und Kontoauszüge vorgelegt haben. Die Fälschung wurde erkannt und die Betreiber des Finanzportals erstatteten Strafanzeige.
Auf der Anklagebank zeigte sich die 31-jährige Geschäftsfrau heute sichtlich mitgenommen und voller Reue – allerdings nicht geständig: Sie habe sich „total dumm und naiv“ verhalten, aber ihren Kreditantrag nicht in betrügerischer Ansicht gefälscht. „Ich habe das nicht getan!“
Vielmehr sei an jenem 22. März vormittags ein Finanzberater in ihren Laden gekommen. „Der Mann machte einen sehr seriösen und gepflegten Eindruck und war supernett“, so die 31-Jährige. Er habe im Internet gesehen, dass sie ein paar Kreditanfragen gestellt habe und könne ihr helfen, berichtete die Angeklagte weiter. Der ominöse Fremde habe von ihr nur die letzten Kontoauszüge verlangt und sich dann von ihr den Kreditantrag unterschreiben lassen. „Das habe ich auch gemacht“, erklärt die Angeklagte. Etwas später am selben Tag sei der ominöse Fremde dann zurückgekommen mit einem verschlossenen Umschlag, den sie zur Post bringen sollte. „Ich habe nicht weiter reingeschaut in den Umschlag, weil ich den Antrag ja schon unterschrieben hatte“, so die Geschäftsfrau.
Stellte ominöser Fremder Kreditantrag?
Auf Nachfrage des Richters beschrieb die Angeklagte den ominösen Berater, an dessen Namen sie sich nicht mehr erinnern kann, als etwa 1,78 cm groß, mit kurzen gegelten Haaren und akzentfreies Deutsch sprechend.
Abends zu Hause seien ihr dann auch schon Selbstzweifel gekommen, behauptet die Holzwickederin heute: „Was hast Du da bloß gemacht?“, habe sie sich gefragt. Dass sie dann lange Zeit nichts von ihrem Kreditantrag hörte „war mir eigentlich ganz recht“. Doch als dann die Strafanzeige kam, sei sie aus allen Wolken gefallen. „Ich habe ja noch nie etwas mit der Polizei zu tun gehabt.“
Das half der Holzwickederin heute allerdings nur bedingt. Denn die Betreiber des Internetportals Finanzcheck.de haben auf Anfrage der Ermittlungsbehörden mitgeteilt, dass sie grundsätzlich nur online oder telefonisch beraten. Von daher sei es völlig ausgeschlossen, dass ein persönlicher Berater vor Ort gewesen sei. Die fragliche Kreditanfrage sei am 22. März um 16.07 Uhr online über eine Internetadresse (IP-Adresse) gestellt worden, über die anschließend auch noch mehrere Kreditanfragen unter abweichenden Namen eingegangen seien.
Urteil lautet auf 3.600 Euro Geldstrafe
Trotzdem blieb die Angeklagte auch auf Nachfrage des Richters bei ihrer Geschichte. Die Anklagevertreterin und auch Richter Christian Johann wollten ihrer hanebüchenen Geschichte jedoch keinen Glauben schenken und sahen den Tatvorwurf als erwiesen an.
Als Geschäftsfrau sollte die Angeklagte eigentlich wissen, dass man bei Finanzgeschäften achtsam sein und eine gewissen Sorgfalt an den Tag legen müsse, so die Anklagevertreterin. Schon darum sei die Aussage der Angeklagten „sehr unglaubwürdig“. Die Anklagevertreterin beantragte deshalb eine Geldstrafe in Höhe von 4.500 Euro für die Angeklagte.
Wenn es diesen Berater tatsächlich gegeben hätte, dann wären Sie nur doof und keine Betrügerin. Doch das glaube ich einfach nicht.“
Richter Christian Johann in seiner Urteilsbegründung
Die Verteidigung beharrte dagegen darauf, dass die Angeklagte „auf einen Betrüger hereingefallen“ sei und plädierte „auf ein mildes Urteil“.
Richter Christian Johann sah das anders und verurteilte die Holzwickederin wegen versuchten Betruges zu einer Geldstrafe von 3.600 Euro. „Wenn es diesen Berater tatsächlich gegeben hätte, dann wären Sie nur doof und keine Betrügerin“, so der Richter in seiner Urteilsbegründung. „Doch das glaube ich einfach nicht.“ Es sei ja Vieles vorstellbar, aber ein fremder Mann, der gefälschte Kreditanträge „ohne jegliches Motiv“ vermittelt, sei dann doch „zu unwahrscheinlich“.
Für die 31-Jährige spreche, dass sie keinerlei Vorstrafen habe. Allerdings sei es auch um „eine erheblich Geldsumme“ bei diesem Betrugsversuch gegangen.