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Der Kommentar: Kein Grund, stolz zu sein

Der gestern Abend im Schulausschuss vorgestellte Schulentwicklungsplan und seine Autorin Dr. Anja Reinermann-Matatko wurden von Verwaltung und Politik völlig zurecht hochgelobt. Die Gutachterin hat den Verantwortlichen in Holzwickede mit ihrem Schulentwicklungsplan ein ebenso umfangreiches wie fundiertes Datenmaterial an die Hand gegeben.

Was in der deutschen Bildungs- und Schulpolitik besonders wichtig ist: Die Gutachterin hat ein ideologiefreies Datenmaterial abgeliefert und unseren Entscheidungsträgern damit ermöglicht, in den nächsten maximal sechs Jahren die richtigen und zukunftsweisenden Entscheidungen in der lokalen Schulpolitik zu treffen.

Der Haken dabei: Da keine ideologische Richtung mit dem Datenmaterial vorgegeben wird, können die Ergebnisse von Schulideologen leicht in eine angenehme Richtung uminterpretiert werden, solange bis sich am Ende wieder alle bestätigt sehen. Die Leidtragenden dafür wären unsere Kinder.

Ein Beispiel dafür, wie so etwas aussieht, lieferten bereits die Statements der Fraktionen nach Vorstellung des Gutachtens im Ausschuss gestern Abend. Da nahm der Sprecher der CDU die Kernaussage des Gutachtens, dass keine der Holzwickeder Schulen bis zum Jahr 2028/29 in ihrem Bestand gefährdet ist und darum auch keine Änderungen in der Schullandschaft nötig sind, sogleich zum Anlass, die übliche Selbstbeweihräucherung anzustimmen: „Wir können stolz sein auf unsere Schullandschaft…!“

Nein, können wir wirklich nicht. Stolz können die Verantwortlichen allenfalls auf den Primarbereich und die Ausstattung ihrer Schulen sein. Das zeigt auch das Gutachten und die Schulstatistik klar auf. Man muss es nur sehen wollen: Von den Holzwickedern, die nach der Grundschule eine geeignete Schule für ihr Kind suchen, lehnt etwa die Hälfte aller Eltern/Schüler die eigenen Holzwickeder Schulen ab. Umgekehrt können die beiden weiterführenden Schulen in der Gemeinde nur deshalb existieren, weil Schüler von außerhalb der Gemeinde  die Hauptschule und das Gymnasium besuchen.

In konkreten Zahlen: Im aktuellen Schuljahr 2022/23 besuchen nur 99 Kinder aus Holzwickede, aber 131 auswärtige Schüler die Hauptschule am Ort. Das Gymnasium in der Gemeinde besuchen immerhin 671 Schüler, von denen aber auch nur 482 aus Holzwickede und die übrigen 189 aus dem Umland kommen. Folglich besuchen nur insgesamt 581 Schüler aus Holzwickede die beiden Schulen im Schulzentrum, während gleichzeitig 516 Schüler ins Umland auspendeln und andere Schulen bevorzugen.

Wer bei dieser Situation noch „stolz auf unsere Schullandschaft“ ist und keinen Grund für Änderungen sieht, dem ist nicht mehr zu helfen. Ansatzpunkte für Veränderungen liefert die neue Schulentwicklungsplanung genug. Man müsste nur richtig hinsehen.


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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