Info-Abend zum Bürgerbus in Opherdicke: Wichtigster Treibstoff ist der Bürgerwille
Nicht wenige Holzwickeder, vor allem in den Ortsteilen, wünschen sich einen Bürgerbus. Seit gestern Abend ist man der Realisierung dieses Wunsches ein kleines Stückchen näher gekommen. Der Holzwickeder Bürgerblock hatte am Dienstagabend in die Scheune von Haus Opherdicke eingeladen, um über ein mögliches Bürgerbusangebot zu informieren und zu diskutieren. Erklärtes Ziel der Einlader war es, das Thema Bürgerbus aus der Politik in die Bürgerschaft zu tragen und möglichst konkret die Bereitschaft zu ehrenamtlichem Engagement abzuklopfen.
Letzteres scheint gelungen: Immerhin zwölf der Besucher erklärten am Ende der Veranstaltung ihre Bereitschaft, in einem Arbeitskreis weitere notwendige Schritte auf dem Weg zum Bürgerbussystem vorzubereiten.
Mit von der Partie waren am Dienstagabend auch der 1. Vorsitzende des Trägervereins Bürgerbus Fröndenberg/Ruhr e.V., Jochen Oberschelp, sowie der Geschäftsführer des Vereins, Lothar Susen. Beide berichteten über ihre Erfahrungen mit dem schon 22 Jahre alten Bürgerbussystem in Fröndenberg und beantworteten auch die Fragen der etwa drei Dutzend interessierten Zuhörer.
Fördermittel vom Land in Aussicht
Moderiert wurde die Veranstaltung von Frank Niehaus, Sprecher des Bürgerblocks im Verkehrsausschuss. Bekanntlich hatte der Bürgerblock im Dezember vorigen Jahres die Verwaltung beauftragt, ein Konzept für die weitere Planung eines Bürgerbusses vorzulegen. Wichtigstes Ziel eines solchen Angebotes in Holzwickede ist für den Bürgerblock die Anbindung der Ortsteile Hengsen und Opherdicke an die Ortsmitte. Denn schon seit vielen Jahren ist die miserable Nahverkehrsanbindung der Ortsteile an die Gemeinde ein Problem, wie Ortsvorsteherin Petra Kittl im Laufe des Abends noch betonen sollte. „Vor allem ältere Bürger können deshalb praktisch nicht mehr an Veranstaltungen in der Ortsmitte teilnehmen, weil einfach kein Bus fährt.“
So wünschenswert er auch wäre: „Ein Bürgerbus hat nur eine Chance, wenn sich möglichst viele Bürgerinnen und Bürger in Holzwickede ehramtlich engagieren“, betonte Frank Niehaus zum Auftakt der Veranstaltung. Denn auch wenn die Verwaltung für eine kontinuierliche Geschäftsführung sorgen und motivierend und beratend zur Seite stehen würde, ist die Gründung eines Vereins unerlässlich. Von ausreichend vorhandenen motivierten Fahrerinnen und Fahrern des Bürgerbusses ganz zu schweigen.
„Wenn wir uns entscheiden für einen Bürgerbus, unterstützt uns das Land NRW auch bei der Anschaffung des Fahrzeuges sowie mit einer jährlich Pauschale von 6.500 bis 7.500 Euro für die Organisation“, erläuterte Frank Niehaus den Anwesenden.
Holzwickedes Wirtschaftsförderer und Nahverkehrsexperte Stefan Thiel machte deutlich, was noch alles Voraussetzung für das Bürgerbussystem ist. So müsste gemeinsam mit der Verkehrsgesellschaft Kreis Unna (VKU) zunächst ein sogenanntes Defizitgebiet definiert werden, ein Gebiet, das innerhalb des Versorgungsgebietes der VKU unterversorgt ist. Und natürlich müsste vorab eine Linie für den Bürgerbus festgelegt werden.
Trotz aller zu erwartender Zuschüssen muss auch davon ausgegangen werden, dass der Bürgerbus rote Zahlen schreiben wird. Der Gemeinderat müsste deshalb auch vorab beschließen, dass ein mögliches Defizit von der Gemeinde übernommen wird.
Mitglieder vom Bürgerbus-Verein Fröndenberg zu Gast
Wie Jochen Oberschelp berichtete, fährt der Bürgerbus in Fröndenberg seine festgelegte Route, wobei die ehrenamtlichen Fahrer jeweils drei Stunden im Einsatz sind. Gefahren wird auf der festgelegten Linie im Zwei-Stunden-Takt in der Runde. Allerdings hält der Bürgerbus auf Wunsch auch zwischen den Haltestellen, wenn Fahrgäste dort stehen oder aussteigen wollen. Zusätzlich fallen samstags Stadtrundfahrten sowie neuerdings Fahrten mit dem Kulturbus zu Veranstaltungen nach und von Haus Opherdicke an.
„Die Linienführung ist nicht ganz unproblematisch“, warnt der Vorsitzende des Fröndenberger Trägervereins. „Da muss man sich schon sehr genau mit der VKU und der Bezirksregierung abstimmen. Wir hatten damals keine Probleme. Westfalenbus hatte uns von Anfang an einbezogen. Allerdings gab es dann zunächst einen Vorschlag, mit dem wir überhaupt nicht einverstanden waren. Schließlich ist Westfalenbus aber auf uns eingegangen und hat die Linie nochmal geändert.“ Aber auch danach sei noch einiges Ausprobieren nötig gewesen, bevor die endgültige Linienführung gefunden wurde.
Die ist übrigens seit 20 Jahren unverändert sehr erfolgreich: Der Fröndenberger Bürgerbus transportiert etwa 15- bis 18.000 Fahrgäste jährlich und ist damit gut ausgelastet. Die Corona-Pandemie sorgte für stark rückläufige Fahrgastzahlen. „Bis Juni konnten wir gar nicht fahren“, so Oberschelp. Inzwischen hat der Fröndenberger Bürgerbus aber schon wieder 60 Prozent der alten Auslastung erreicht.
Fahrpreis letztlich Verhandlungssache
In Fröndenberg beträgt der Einheitspreis 1,80 Euro, egal wie weit oder wohin gefahren wird. Akzeptiert werden in Fröndenberg alle Tickets vom Schokoticket bis zu Flashticket u.a. Es gibt auch eigene Monats- und Zehnerkarten für den Bürgerbus in der Nachbarstadt. Bei diesem Fahrpreis, so Jochen Oberschelp schmunzelnd, unternehmen viele ältere Fröndenberger gerne öfters einmal dreistündige Sightseeing-Touren durch die Ruhrstadt. Vor allem, weil sie unterwegs auch nett mit dem Fahrer plaudern können.
Allerdings: Dass der Bürgerbus in Fröndenberg zu diesem Sondertarif fahren darf, führt der Trägervereinsvorsitzende auf das ausgezeichnete Verhältnis des Trägervereins zum Verkehrsträger Westfalenbus zurück. „Bei uns hat der Trägerverein den Fahrpreis festgelegt.“ In Bönen schreibt die VKU dem Bürgerbus den eigenen normalen Beförderungspreis vor. In vielen anderen Kommunen bestehen die Verkehrsträger ebenfalls auf Tarifpreise. Dass unter diesen Umständen der Bürgerbus in Holzwickede nicht ins Rollen käme, befürchteten gleich mehrere Anwesende gestern Abend. Hier sollte massiv auf die VKU eingewirkt werden, so etwa heinrich Schlinkmann. „Es kommt ganz darauf an, welchen Kontakt Sie zur VKU haben und auf etwas Fingerspitzengefühl“, glaubt Jochen Oberschelp. Er empfiehlt. „Sie müssen eben besser verhandeln als die Bönener. Aber dass traue ich ihrem Herrn Thiel und der Bürgermeisterin durchaus zu.“
Auf Nachfrage erläuterten die Fröndenberger: In der Ruhrstadt sind aktuell 25 Fahrerinnen und Fahrer ehrenamtlich im Einsatz. Allerdings fährt der Bürgerbus dort auch 45 Stunden pro Woche. Die Altersstruktur der Fahrer liegt zwischen 58 und 80 Jahren. „Wir empfehlen aber Mitgliedern, auch wenn es ihnen noch so viel Spaß macht, dass sie ab 80 Jahren überlegen sollten, wie sie sich anders im Verein einbringen können“, so Oberschelp diplomatisch.
Eine besonderer Personenbeförderungsschein ist wegen der Größe des Bürgerbusses (sechs Plätze) nicht erforderlich, vorausgesetzt der Bus wird als Pkw angemeldet. Allerdings: Wenn alle Sitzplätze in dem Mercedes Sprinter belegt sind, darf/kann auch niemand zusätzlich befördert werden. Stehplätze gibt es nicht. Mindestalter für Fahrer: 21 Jahre
Der Vereinsbeitrag im Jahr beträgt 15 Euro. Derzeit hat der Trägerverein in Fröndenberg etwa 80 Mitglieder.
Zwölf Bürger wollen in Arbeitskreis mitarbeiten
Ein sehr großer Vorteil des Bürgerbusses, so Jochen Oberschelp auf Nachfrage, sei die Behilflichkeit: „Das ist ja gerade, was den Bürgerbus auszeichnet. Unsere Fahrer helfen immer, wenn es nötig ist und haben auch die Zeit dafür.“
Gegen Ende der Veranstaltung trugen sich immerhin zwölf Personen in eine Liste ein, die nun in einem Arbeitskreis weitere Schritte hin zu einem Bürgerbussystem vorbereiten wollen. „Das ist schon recht gut“, freute sich Michael Laux, Fraktionsvorsitzender des Bürgerblocks. „Wir hatten uns ja vorher von dieser Veranstaltung erhofft, dass sich einige Menschen finden, die sich weiter mit dem Thema auseinandersetzen wollen.“ Deshalb zieht der Bürgerblock-Chef auch ein positives Fazit des gestrigen Abends. „Knackpunkt ist natürlich der künftige Fahrpreis. Da müssen wir sehen. Aber unsere Verwaltung hat auch ein ganz gutes Netzwerk zur VKU.“
Und auch Stefan Thiel von der Gemeindeverwaltung zeigte sich zufrieden. „Das ist doch eine gute Zahl. Die Bereitschaft der Bürger, sich ehrenamtlich zu engagieren, ist Grundvoraussetzung für den Bürgerbus.“ Thiel kündigte an, in einem nächsten Schritt jetzt Kontakt mit der VKU aufnehmen zu wollen.
Egon
Zitat:
[…] Deshalb zieht der Bürgerblock-Chef auch ein positives Fazit des gestrigen Abends. „Knackpunkt ist natürlich der künftige Fahrpreis. Da müssen wir sehen. Aber unsere Verwaltung hat auch ein ganz gutes Netzwerk zur VKU.“ […]
Kommentar:
Wenn dem so wäre, dass die Verwaltung so einen guten Draht zur VKU hat, wieso ist dann ein Bürgerbus überhaupt erst nötig und warum hat Holzwickede nicht generell bessere Verbindungen von der VKU?
Am Ende bleibt zu hoffen, dass der Bürgerbus ein voller Erfolg wird. Ich drücke beide Daumen. Wünschenswert wäre eine Verbindung von Opherdicke über Hengsen über Gemeindemitte bis zur S-Bahn-Station in DO-Wickede, ähnlich der R51-Verbindung. Aber das dürfte leider nicht zu realisieren sein aufgrund des Dortmunder Stadtgebietes.