Stilles Gedenken an die Opfer des schweren Bombenangriffs vor 75 Jahren
Heute vor genau 75 Jahren, am 23. März 1945, flogen amerikanische Bomberverbände in der Mittagszeit einen Angriff auf den Eisenbahnknotenpunkt Holzwickede und die dazugehörigen Bahnlinien. Der Fliegerangriff, der dem Waffennachschub der Wehrmacht galt, dauerte rund 45 Minuten. Mehr als 50 Menschen verloren ihr Leben dabei. Er traf vor allem den mit Güterwagen vollgepfropften Verschiebebahnhof, einen der größten im ganzen Deutschen Reich, und zerstörten diesen fast vollständig. An die 1.500 Waggons sollen dort abgestellt gewesen sein, die wegen der näher rückenden Front und ständigen Tieffliegerbedrohung nicht mehr weitergeleitet werden konnten.
Etwa 1.000 brannten mit ihrem Ladegut aus, wie der bekannte Unnaer Heimatforscher Willy Timm in seinem Buch „Geschichte der Gemeinde Holzwickede“ unter Berufung auf Zeitzeugen schreibt. Ein Munitionszug konnte gerade noch rechtzeitig in den Ostbergtunnel in Sicherheit gebracht werden. Doch nicht nur die Bahnanlagen, auch die zivile Bevölkerung, vor allem im Alten Dorf, die Häuser an der Feme, Bahnhof-, Nord- und Vinckestraße sowie die Gebäude der Stehfenstiftung wurden stark getroffen. 52 Häuser wurden völlig zerstört, 74 schwer und 189 leicht beschädigt. 150 Familien wurden obdachlos. Gebäudeschäden gab es auch bei der Firma Wiederholt und auf der Zeche, deren Kohlenwäsche fast völlig zerstört war.
Pfarrer Gemmeke erinnert sich
In seinem Buch „Geschichte der Gemeinde Holzwickede“ lässt Willy Timm den Holzwickeder Pfarrer Gemmeke als Zeitzeugen zu Wort kommen, der sich erinnert: „Gleich auf der Sölder Straße waren zwei Häuser durch Minen zerstört. Hier lag die Frau Maria Bönninghausen tot. Der Luftdruck hatte sie getötet. Man konnte ihr noch die heilige Ölung spenden. Von hier aus ging es zur Bahnhofstraße. Bei Rieke drohte ein Haus einzustürzen … Um zur Nordseite zu gelangen, mußte man den Weg über die Gleise bei der Bahnmeisterei vorbei nehmen. Grauenhaft! Bahnmeisterei und Stellwerk sind fort. Aus den Trümmern sucht man gerade den toten Bahnmeister zu bergen. Auf dem Wege nach Rausingen nur ein Minenfeld. Dort gelangte ich zu der eben erst ausgebrannten Lehrerbildungsanstalt. Zwei mir bekannte Oberlehrerinnen begrüßte ich. Sie hüteten ihre aufgescheuchten Zöglinge, die wie Küchlein aus dem Nest geflohen waren. Nur noch wenige Schritte, und ich war auf der Zeche Caroline. Auch hier hatte der Tod Ernte gehalten … Dann weiter zur Nord- und Königstraße. Die Häuser sind zerschlagen und brennen noch… Das ganze Haus des Zechenbeamten Jakobs ist zusammengestürzt. Elf Personen liegen unter den Trümmern begraben. Die ganze Familie Jakobs mit Verwandten. Trotz der Rettungsarbeiten ist hier keine Hoffnung mehr… Im alten Dorf: Die meisten Häuser sind zerstört. Tote in einem von Bergleuten erbauten Stollen. Selbst der Friedhof ist schwer getroffen …“
Nicht einmal drei Wochen nach diesem verheerenden Luftangriff rollte die Front der Alliierten über die Gemeinde hinweg.
Verwaltungsvorstand gedenkt den Opfern
Eigentlich hatte die Gemeinde Holzwickede in Zusammenarbeit mit der VHS-Gruppe Spurensuche in einer Gedenkveranstaltung am Sonntag (22.3.) an die Opfern dieses verheerenden Bombenangriffs vor 75 Jahren erinnern wollen. Doch die Veranstaltung ist, wie alle in diesen Tagen, wegen der Corona-Krise abgesagt worden. Stellvertretend für die gesamte Gemeinde Holzwickede gedachte der Verwaltungsvorstand der Gemeindeverwaltung Holzwickede, Bürgermeisterin Ulrike Drossel, der Beigeordnete Bernd Kasischke und Verhinderungsvertreter Uwe Nettlenbusch heute (23. März) um 13.10 Uhr auf dem Marktplatz der Opfer gedenken. Auch die Kirchengemeinden erinnerten zu dieser Zeit durch Glockengeläut an die Zeit des Beginns der Bombardierung.