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Emscherkaserne: Wohnungsbau oder Flüchtlingsunterkunft?

 

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Bei der Suche nach geeigneten Unterkünften für Flüchtlinge hat das Land jetzt auch die Emscherkaserne ins Visier genommen. Ob die Gebäude nach rund zehn Jahren Leerstand überhaupt noch brauchbar sind, wird derzeit geprüft. (Foto: Peter Gräber)

„Eigentlich bin ich gegen eine Bebauung der Emscherkaserne. Doch die wäre mir immer noch lieber als die Flüchtlinge“ – Auch Stimmen wie diese waren gestern auf dem Wochenmarkt in Holzwickede zu vernehmen, wo die Gegner der Bebauung des Kasernengeländes noch einmal für den Bürgerentscheid mobilisierten. Dass der Kreis Unna und das Land NRW bei der Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten für die wachsende Zahl von Flüchtlingen aus den Kriegsgebieten dieser Welt nun ausgerechnet die Emscherkaserne ins Visier genommen haben, passt den Bebauungsgegnern so gar nicht ins Konzept.  „Das kommt zur Unzeit“, räumt Friedhelm Klemp von den Grünen ein, „und wird uns wohl ein paar hundert Stimmen beim Bürgerentscheid kosten.“

Gegnern wie Befürwortern der Bebauung ist natürlich bewusst, wie viel sensibler die Thematik auf einmal geworden ist. Die Erfahrung zeigt: Wenn es um Flüchtlinge oder Asylanten geht, finden sich aufrechte Demokraten nur allzu leicht in einer unfreiwilligen Koalition  mit politischen Bauernfängern und rechtsradikalen Rassisten wieder. Alle Fraktionsvorsitzenden in Holzwickede, voran die des Bürgerblocks, der Grünen und der FDP, haben sich darum in dieser Woche beeilt zu betonen, dass für sie bei aller Gegnerschaft in Sachen Kaserne die „humanitäre Hilfe absoluten Vorrang“ habe.

Ob die Emscherkaserne als Flüchtlingsunterkunft  brauchbar ist, können wir nicht sagen. In dieser Frage sind wir als Kommune völlig außen vor.“

Uwe Detlefsen, 1. Beigeordneter der Gemeinde Holzwickede.

Doch gleichzeitig wird offen spekuliert, dass die Prüfung der Kaserne als Flüchtlingsunterkunft nicht ganz zufällig ausgerechnet  in der heißen Phase des Bürgerentscheids bekannt geworden ist. Und dass SPD und CDU als Befürworter des Bebauungsplanes von diesem Umstand profitieren. Allerdings kann in der Gemeinde Holzwickede niemand etwas dafür, dass die Standortsuche und Diskussion gerade jetzt aufgekommen ist. Mit Aufhebung des Aufnahmestopps für Flüchtlinge zu Wochenbeginn sind Bund und Land NRW unter erheblichen Druck gekommen, über zusätzliche Aufnahmemöglichkeiten für die wachsende Zahl von Flüchtlingen nachzudenken.  Im Auftrag der Bezirksregierung Arnsberg hat sich der Kreis Unna deshalb in seinem Zuständigkeitsbereich umgesehen und auch die Emscherkaserne als eine Unterbringungsmöglichkeit genannt, wie inzwischen bestätigt wurde.  Etwa 200 von insgesamt 1200 Flüchtlingen kreisweit, heißt es, könnten in Holzwickede untergebracht werden. Eigentümer der Immobilie an der Margaretenstraße ist jedoch der Bund, vertreten durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA). Damit ist die Gemeinde Holzwickede in diesen Prüfungs- und Entscheidungsprozess gar nicht eingebunden.

„Ob die Emscherkaserne als Flüchtlingsunterkunft brauchbar ist, können wir nicht sagen“, betont denn auch Uwe Detlefsen, 1. Beigeordneter der Gemeinde.  „In dieser Frage sind wir als Kommune völlig außen vor.“  Letztlich sei es allein eine Angelegenheit zwischen Bund und Land, ob die Flüchtlinge in der Emscherkaserne untergebracht werden können.

Mitsprachemöglichkeit der Gemeinde überschätzt

Damit dürfte auch klar sein:  Bei der Frage, was mit der Kaserne passiert, haben bisher  viele in Holzwickede die Einfluss- und Mitsprachemöglichkeiten der Gemeinde überschätzt. Natürlich hat die Kommune unstrittig die Planungshoheit. Wird die Kaserne jedoch als Flüchtlingsunterkunft genutzt, könnte die ganze  hitzige Diskussion um die Nutzung und selbst der Bürgerentscheid von der jüngsten Entwicklung überholt werden.  Andererseits: Auch als vorübergehende Flüchtlingsunterkunft wäre eine Umwandlung des Kasernengeländes ja nicht ein für alle Mal ausgeschlossen.

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Die Gegner einer Bebauung des Kasernengeländes hatten gestern Abend zu einem Rundgang um das Gelände eingeladen, um kurz vor dem Ende des Bürgerentscheids noch einmal ihre Argumente darzulegen. Etwa 30 interessierte Holzwickeder nahmen an der Veranstaltung teil. (Foto: Peter Gräber)

Klar ist:  Ob die Kasernengebäude überhaupt zur Unterbringung von Flüchtlingen geeignet sind, was die nötige Instandsetzung kosten würde – darüber kann nur der Bund als Eigentümer Auskunft geben. In der Gemeinde Holzwickede kann man darüber nur spekulieren. So geht de Fraktionsvorsitzende der Grünen, Friedhelm Klemp, zwar davon aus, dass der bauliche Zustand der Kaserne so schlecht sei, dass sich eine Herrichtung für die Flüchtlinge kaum lohne. Doch was heißt das schon: In Duisburg sollte auch schon eine Zeltstadt für Flüchtlinge aufgestellt werden.

Außerdem: Liegt das Land nicht mit der Stadt Unna wegen der Unterkünfte in der Landesstelle Massen im Rechtsstreit? Böte es sich da nicht an im Sinne der Konfliktminimierung an,  nur wenige hundert Meter weiter die bundeseigene Immobilie in Holzwickede für Flüchtlinge zu nutzen? Und wenn dort schon mal investiert werden sollte, um sie als Notunterkunft herzurichten, warum dann nicht gleich richtig? Dann könnte es Sinn machen, auch mehr als die angedachten 200 Flüchtlinge in der Emscherkaserne  unterzubringen. Spätestens dann wären alle Holzwickeder Überlegungen für familienfreundliches Wohnen, Naturbrachen oder Solarparks für den Papierkorb.

Da kommen eigentlich nur unsere Turnhallen und Sportstätten in Betracht“

Uwe Detlefsen, 1. Beigeordneter, zur Frage, welche kurzfristigen Unterbringungsmöglichkeiten es für Flüchtlinge in der Gemeinde Holzwickede gibt

Unabhängig von der Eignung der Emscherkaserne hat der 1. Beigeordnete der Gemeinde alle Fraktionsvorsitzenden der Holzwickeder Parteien inzwischen schriftlich informiert, dass die Gemeinde vom Land aufgefordert worden ist, kurzfristig eigene Vorschläge zur die Unterbringung von Flüchtlingen in Holzwickede zu machen.  Da die Gemeinde, wie dargestellt, über die Kaserne nicht verfügen kann, muss man kein Hellseher sein, um zu erahnen, wohin die Überlegungen gehen: „Da kommen eigentlich nur unsere Turnhallen und Sportstätten in Betracht“, meint Uwe Detlefsen.  Notfalls müsse dann eben der Schul- und Vereinssport zurückstehen.

Bei solchen Aussichten müssten die Holzwickeder eigentlich hoffen, dass die Kaserne als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden kann. Was immer von Land und Bund in Sachen Emscherkaserne entschieden wird – die Holzwickeder werden es akzeptieren und  auch eigene Vorschläge zur Unterbringung der Flüchtlinge machen müssen.

Wobei man sich in der Gemeinde Holzwickede tatsächlich auch mal fragen sollte, ob es nicht auch ein erstrebenswerte Nutzung für die Kaserne sein könnte, in einem der reichsten Länder der Welt und einer der reichsten Kommunen des Kreises Unna eine sichere und menschenwürdige Zuflucht für die Kriegsflüchtlinge dieser Welt zu schaffen.

Planung, Soziales, Wohnen


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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