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Ein Pfund Amphetamine bringt Holzwickeder für ein Jahr und neun Monate hinter Gitter

„Eine gewöhnungsbedürftige Lockerheit im  Umgang mit Drogen“, so Richter Jörg Hüchtmann, offenbarte ein 31-jähriger Holzwickeder heute vor dem Schöffengericht in Unna. Dort hatte sich der Holzwickeder wegen Handels mit verbotenen Betäubungsmitteln zu verantworten.

Was die Anklage dem Holzwickeder vorwarf, räumte dieser heute auch  in der Verhandlung in vollem Umfang ein. Der eigentliche Sachverhalt war allerdings auch schon in einer gesonderten Verhandlung in der vergangenen Woche deutlich geworden, in der der Lieferant des 31-Jährigen wegen gewerbsmäßigen Handels mit Drogen zu zwei Jahren und drei Monaten Haft sowie seine Lebensgefährtin zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurden.

Besagten Lieferanten und alten Freund hatte der 31-jährige Holzwickeder am 10. Februar vorigen Jahres angerufen und gebeten, er möge ihm Nachschub an Drogen besorgen. Daraufhin brachte dieser ihm 450 Gramm Amphetamine zu Hause vorbei. Von dieser Menge verkaufte der Angeklagte 200 Gramm weiter und zweigte weitere 34 Gramm für seinen eigenen Bedarf ab. Die restlichen  knapp 220 Gramm Amphetamine holte der Freund zwei Tage später wieder bei ihm ab.

Noch am selben Tag tauchten dann die Kripo bei dem 31-Jährigen auf, weil sein alter Freund beim Weiterverkauf an einen V-Mann geraten und festgenommen worden war. Bei der Durchsuchung der Wohnung des 31-Jährigen entdeckten die Fahnder die 34 Gramm abgezweigten Amphetamine sowie ein ganzes Potpourri verschiedenster anderer Drogen wie  Marihuana, Ecstasy, Koks – allerdings nur in Kleinmengen. Außerdem entdeckten die Ermittler eine Feinwaage und anderes typisches Dealer-Zubehör.

Auf Nachfrage von Richter Jörg Hüchtmann berichtete der redselige Angeklagte heute ganz lapidar von seinem Drogenkonsum:  Seit etwa zehn Jahre konsumiere er regelmäßig Drogen. Nicht täglich aus Langeweile, immer nur an den Wochenenden. Wenn er zu Partys gehe oder irgendwo Musik auflege, gehörten die Drogen wie ein Snack einfach dazu. Er konsumiere hauptsächlich  Amphetamine als aufputschende Partydroge, zuletzt so 3 bis 5 Gramm. Ab und zu habe er aber auch „ein bisschen geraucht“ und andere Drogen probiert.

Gewöhnungsbedürftiue Lockerheit im Umgang mit Drogen

Immerhin gibt der Angeklagte an, inzwischen drogenfrei zu sein. Dazu beigetragen haben dürfte auch die Untersuchungshaft, in der er sich seit 17. Juni befindet. Allerdings: Als die Beamten ihn zur Festnahme abholten, fanden sie prompt noch einmal 10 bis 12 Gramm Amphetamine bei ihm.

Trotzdem beteuerte er heute auf der Anklagebank, dass er sein Leben ändern wolle: Vor allem die Erfahrung der Haft „hat wirklich gesessen“.  Er sei bereit eine Therapie zu machen, wenn das von ihm verlangt werde. Ohne Drogen komme er aber problemlos zurecht. Auch beruflich möchte er wieder Fuß fassen: Er sei in den elterlichen Betrieb zurückgekehrt, wo er schon einmal zwölf Jahre lang gearbeitet habe, bevor er „an die falsche Frau geraten“ und aus Holzwickede weggezogen sei. Inzwischen sei er wieder zurückgekehrt und könne im elterlichen Betrieb auch eine Vollzeitstelle als Einzelhandelskaufmann antreten.

Bis dahin dürfte es allerdings noch eine Weile dauern.

Denn der 31-Jährige stand noch unter Bewährung, als er sich die neue Straftat leistete. Im Juli 2014 war er vor dem Amtsgericht Unna zu einem Jahr und zwei Monaten Freiheitsstrafe zur Bewährung verurteilt worden, weil er Drogen an Minderjährige abgegeben hatte. Dass der Angeklagte in weniger als einem Jahr nach der alten Straftat schon wieder einschlägig straffällig geworden ist,  werte Richter Jörg Hüchtmann „als klaren Aufruf zur Vollstreckung einer Haftstrafe“.

Eine Bewährungsstrafe, wie sie die Verteidigung gefordert hatte, kam für das Gericht deshalb auch nicht mehr in Frage. Mit dem Urteil von einem Jahr und neun Monate Gefängnis ohne Bewährung blieb das Gericht zwar unter den von der Staatsanwaltschaft geforderten zwei Jahren und vier Monaten Haft.

Ein Pfund Amphetamine unter laufender Bewährung sind schon eine richtige Hausnummer“

Richter Jörg Hüchtmann

Für den 31-Jährigen spreche, so Richter Hüchtmann, dass er geständig sei und auch zeitnah an der Aufklärung der Straftaten mitgewirkt habe.  Alle anderen positiven Aspekte, wie die Aufnahme einer geregelten Arbeit, habe es aber auch schon vor seiner Festnahme gegeben.

Eine erneute Bewährungsstrafe kam für Richter Jörg Hüpchtmann auch deshalb nicht in Betracht, weil die beim Angeklagten gefundene Menge Betäubungsmittel  „das Vielfache einer unerheblichen Menge“ gewesen sei. „Ein Pfund Amphetamine unter laufender Bewährung sind schon eine richtige Hausnummer“, so der Richter.

Immerhin hob der Richter nach kurzer Beratung den Haftbefehl gegen den Angeklagten auf.  Der 31-Jährige, dessen Familie die Verhandlung verfolgte hatte, konnte den Gerichtssaal als freier Mann verlassen – zumindest vorläufig. „Ich habe aber keine Probleme damit, sofort wieder einen Haftbefehl zu erlassen, wenn auch nur ein Gramm einer verbotenen Substanz bei Ihnen in der Tasche gefunden wird“, mahnte Jörg Hüchtmann. Der Haftbefehl sei nur deshalb aufgehoben worden, weil er dem Angeklagten Gelegenheit geben wolle, bis zum regulären Haftantritt noch einige persönliche Dinge zu regeln.

Drogen


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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