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Ehemann nimmt seiner Frau Handtasche weg: Anklage wegen schweren Raubes

Hat der 38 Jahre alte Vater von zwei Jungen im Alter von acht und zwölf Jahren die Mutter seiner Kinder auf offener Straße in Holzwickede mit einem Fleischermesser bedroht und ihr die Handtasche geraubt? Oder hat er als Vater nur verantwortungsvoll gehandelt und die Mutter seiner Kinder, die getrennt von ihm lebt, versucht daran zu hindern, dass sie ihre beiden Kinder mitten in der Nacht allein zurücklässt? Auch darüber wird das Schöffengericht Unna zu befinden haben.

Für den 38 Jahre alten polnischen Staatsbürger aus Holzwickede geht es um sehr viel: Die Anklage gegen ihn lautet auf schweren Raub. Dafür sieht der Gesetzgeber eine Mindeststrafe von drei Jahren und selbst in einem minderschweren Fall noch eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr vor.

Die Anklage wirft dem 38-Jährigen vor, am 13. Januar gegen 22 Uhr stark alkoholisiert vor dem Wohnhaus seiner ebenfalls polnischen Frau in der Hamburger Allee 10 diese mit einem 15 cm langen Fleischermesser bedroht und auch beleidigt zu haben. Als seine Frau zu ihrem Pkw rannte,  um zu fliehen, soll M. die Autotür aufgerissen und mit den Fäusten auf sie eingeschlagen haben. Schließlich habe er ihre Handtasche mitgenommen, in der sich neben einer Geldbörse auch der Autoschüssel und Ausweispapiere befanden. Die Handtasche wurde tags darauf von dem Angeklagten seiner Frau zurückgebracht.

Nur besorgt oder gewalttätig?

Zur Tat befragt, schilderte der Angeklagte mit Hilfe einer Dolmetscherin den Sachverhalt allerdings ganz anders: Am Tattag habe er seinen jüngeren Sohn, der bei ihm gewesen war, gegen 20 Uhr zur Wohnung seiner von ihm getrennt lebenden Frau zurückgebracht. Auf sein Klingeln hin habe sein älterer Sohn den jüngeren Bruder ins Haus gelassen. Dann sei er zu seiner eigenen Wohnung in Holzwickede gefahren. Etwa eine halbe Stunde später rief der Vater die Kinder noch einmal an, um zu fragen, ob alles in Ordnung und die Mutter zu Hause sei. Die Kinder verneinten, weshalb er zurück zur Hamburger Alle gefahren sei. Er habe sich Sorgen gemacht, weil die Kinder so spät nicht allein zu Hause sein sollten.

Kurz nachdem er vor dem Haus der Kinder war, sei dann auch seine Frau eingetroffen. Er habe sie zur Rede gestellt. Daraufhin habe sie ihn in übelster Form beschimpft und erklärt: „Alles ist im A… Ich werde mich überhaupt nicht mehr um die Kinder kümmern.“  Mit diesen Worten sei sie zum Auto zurückgegangen, mit dem sie gekommen war, um wieder wegzufahren. Daraufhin habe er seiner Frau damit gedroht, das Jugendamt oder die Polizei zu informieren. Nun sei seine Frau wie eine Furie auf ihn losgegangen und habe ihn mit ihrer Handtasche zweimal vor den Kopf geschlagen. Schließlich sei der Trageriemen gerissen und die Tasche zu Boden gefallen. Weil er verhindern wollte, dass sie wegfährt und den Autoschlüssel haben wollte, nahm er die ganze Tasche mit. Nicht ohne seiner Frau zu sagen, dass er die Tasche am anderen Tag wiederbringen wird.

Auf Nachfrage von Richterin Sarah Schlierkamp beharrte der Angeklagte: Er sei nicht gewalttätig gegenüber seiner Frau geworden. Er habe auch kein Messer gehabt und keinen Alkohol getrunken. Die Handtasche hab er wie angekündigt am anderen Tag seiner Frau zurückgebracht. Er habe geklingelt und sie bat ihn vor dem Haus zu warten. Plötzlich seien dann zwei Polizeibeamte gekommen. Nach der Befragung durch sie, hätten sie ihn dann nach Hause fahren lassen.

Mutter soll Drogen nehmen

Die Verteidigerin klärte das Gericht darüber auf, dass zeitgleich ein familienrechtliches Verfahren zum Umgang mit den Kindern in Dortmund läuft. Der Vater möchte seinen jüngeren Sohn dauerhaft zu sich nehmen dürfen. Sein älterer Sohn möchte dagegen lieber bei der Mutter bleiben.

Wie der Vater auf befragen weiter erläuterte, habe ihn seine Frau im September vorigen Jahres verlassen – ohne Kinder. Danach habe er sich drei Monate um die beiden Jungs gekümmert, für sie gekocht, mit ihnen Schularbeiten gemacht und sie versorgt. Zuletzt habe es sehr oft Streit mit seiner Frau gegeben, weil sie dauernd nach Dortmund zu ihrem drogenabhängigen Bruder gefahren. Dort habe sie ebenfalls Drogen konsumiert. Der Bruder sei auch einmal zu ihm nach Haus gekommen und habe im Beisein seiner Frau einen Streit mit ihm angefangen und sein Auto zerstört.

 Er habe nicht gewollt, dass seine Frau ständig nach Dortmund zu ihrem Bruder fährt und ihre Kinder vernachlässigt. Eine ganze Zeit lang habe er nicht einmal ihren Aufenthaltsort gekannt. Der Bruder werde inzwischen polizeilich gesucht und sei vermutlich nach Polen zurückgegangen.  Zeugen für den Vorfall am 13. Januar oder die dauernden Streitigkeiten mit seiner Frau gebe es nicht. Allerdings will der Angeklagte auch schon mit der Tante und der Cousine seiner Frau über die Probleme gesprochen haben.

Verfahren zum Umgang mit Kindern

Die Verteidigerin wies daraufhin, dass es in dem familienrechtlichen Hauptverfahren in Dortmund ganz andere Aussagen der Mutter gibt, als die in den Akten zur heutigen Verhandlung. Außerdem gebe es auch ein Gutachten zur Erziehungssituation.

Die Akten aus dem familienrechtlichen Verfahren will das Gericht nun zuerst anfordern, bevor die heutige Verhandlung fortgesetzt wird. Dazu soll dann auch der Bruder und möglicherweise die beiden Söhne befragt werden. Ob der Bruder geladen werden kann, ist allerdings zweifelhaft.

Bei Befragung der Mutter durch die Richterin gab diese an, dass niemand aus ihrem Umfeld etwas zum Zustand ihrer Ehe sagen könne. Sie habe weder Freunde noch Bekannte und auch keinen Kontakt zu ihrer Familie. Merkwürdig: Auf Nachfrage der Richterin wusste sie weder das Geburtsdatum ihres Bruders noch sein genaues Alter: Ihr Bruder sei „so etwa 25 Jahre alt“.

schwerer Raub


Peter Gräber

Dipl.-Journalist

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