Aufarbeitung NS-Zeit: Gemeinde will „Kartell des Schweigens“ brechen
Die Gemeinde wird die NS-Zeit in Holzwickede wissenschaftlich aufarbeiten lassen. Ein entsprechender Antrag der SPD und Jusos wurde im Kulturausschuss am Dienstagabend einstimmig angenommen.
Die Zeit zwischen 1933 und 1945 und damit Machtergreifung Hitlers bis zum Ende des 2. Weltkrieges werde als das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte gesehen, heißt es in der Begründung des Antrags. In dieser Zeit sei von Deutschland aus viel Leid über die Welt gebracht worden. „Auch in Holzwickede waren die Schrecken und Grausamkeiten des NS-Regimes spürbar“, so Björn Ambrosius. Durch die Verlegung der Stolpersteine sei zwar das individuelle Schicksal von Betroffenen in lobenswerter Weise in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt worden. „Die Rolle der Gemeinde in dieser Zeit bleibt allerdings nach wie vor im Dunkeln.“ Deshalb sei eine „verantwortungsbewusste und schonungslose Aufarbeitung nötig“.
Da der Antrag schon etwas älter ist, hatte die Verwaltung in Absprache mit den Antragstellern Zeit, eine Kostenschätzung vorzunehmen. Wie Gemeindearchivarin Silke Becker, die zwischenzeitlich mit verschiedenen Hochschulen Kontakt aufgenommen hat, erläuterte, sei das Problem allerdings, dass bislang praktisch noch keine Aktensicherung vorgenommen worden ist. Allein die systematische Sichtung, Sicherung und Reinigung der Akten aus den vier Verwaltungsgebäude dürfte etwa ein Jahr in Anspruch nehmen, schätzt Becker.
Zusammenarbeit mit Universität Bochum
Ohne die Aktenlage zu kennen bezifferte Dr. Kirchberg von der Universität Bochum die Kosten für eine wissenschaftliche Aufarbeitung (Abschlussarbeit) durch eine Mitarbeiterin im Rahmen eines Werkvertrages auf ca. 2 000 bis 3 000 Euro. Hinzu komme noch die Fahrtkostenerstattung. Die Gesamtkosten schätzt die Verwaltung auf rund 10 000 Euro.
Alternativ hat die Verwaltung auch die wissenschaftliche Aufarbeitung durch einen anerkannten Fachmann und Autor, Kreisheimatpfleger Dr. Peter Kracht, angefragt. Unter Mitwirkung verschiedener Autoren und bei einer Publikation von etwa 200 Seiten würde die Herausgabe etwa 25 000 bis 27 000 Euro kosten.
Einig waren sich alle Fraktionen im Fachausschuss, das eine Aufarbeitung der NS-Vergangenheit Holzwickedes nottut. Denn bislang bestehe der „Eindruck eines Kartells des Schweigens“, so etwa FDP-Sprecher Jochen Hake. Da im Haushalt bereits für diese Zwecke vorsorglich 10 000 Euro bereitgestellt worden sind, sprachen sich die Fraktionen einstimmig dafür aus, dass die Verwaltung die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit gemeinsam mit dem Fachbereich von Dr. Kirchberg an der Universität Bochum angeht.
Die beiden Veranstaltungen zur Verlegung der Stolpersteine wurden im Ausschuss als „sehr gelungen“ und „würdevoll“ gelobt. Ausschussvorsitzender Michael Klimziak dankte Wilhelm Hochgräber und der VHS-Gruppe Spurensuchen sowie Zurah Roshan-Appel und den Schülern des CSG im Namen der Gemeinde dafür. Die Stolpersteinverlegung und der Festakt dazu haben „ein sehr gutes Licht auf die Gemeinde geworden“, betonte auch der 1. Beigeordnete Bernd Kasischke.